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POLITIK

ortgemeinden werden auf Dauer und im Vergleich mit anderen Gemeinden ohne Bundeseinrichtungen stärker belastet als bisher.Vor dem Systemwechsel wur- den Asylsuchende nach einer kurzen Verweildauer in einer Empfangsstelle gleichmässig auf Kantone und Gemein- den verteilt. Beim neuen System geht man davon aus, dass über die Hälfte der sich in den Bundeseinrichtungen aufhal- tenden Personen bis zum Vollzug der Wegweisung dort verbleibt. Damit ver- ändern sich die Charakteristik und der Umfang der Unterbringung und Betreu-

sorgte für Unmut. Auch der SGV geriet zwischenzeitlich aufgrund seiner Mitar- beit im Projekt der Neustrukturierung etwas unter Druck, konnte aber seinen Mitgliedsgemeinden seine Rolle bei der Gesetzesrevision gut verständlich ma- chen. In die Auswahl der Standortge- meinden war der SGV nämlich zu kei- nem Zeitpunkt involviert und hielt sich in dieser Frage auch bewusst im Hinter- grund. Glücklicherweise kann man fest- stellen, dass die Auswahl der Bundes- zentren in der Folge zwar ein heiss diskutiertesThema blieb, sich die öffent-

ziehbar. Umsomehr, als die anhaltend tiefen Gesuchszahlen aktuell nicht den ursprünglich prognostizierten Erwartun- gen entsprechen, entlang denen die Neustrukturierung ausgelegt wurde. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) leitete das entsprechende Verfahren im August 2018 für den Standort Win- tersried in Schwyz ein, um gemäss eige- nen Angaben sicherzustellen, dass die Zentralschweiz für die neuen, beschleu- nigten Verfahren auch nach der Aufhe- bung des provisorischen Zentrums auf dem Glaubenberg über ein Bundesasyl- zentrum verfügt. Allerdings ist das SEM bereit, das Plangenehmigungsgesuch für den Standort Schwyz zurückzuziehen, sofern sich Bund, Kantone und Gemein- den bis Ende September 2019 rechtsver- bindlich auf einen alternativen und dem Standort Wintersried gleichwertigen Standort für ein Bundesasylzentrum ge- einigt haben. Zusammenfassend darf aber durchaus auch aus kommunaler Warte der prakti- schen Umsetzung der Neustrukturierung optimistisch entgegengeblickt werden. Der SGV hat die grundsätzlichen Ziele der Reform, die am 1. März 2019 in Kraft getreten ist, von Beginn an mitgetragen. Nach intensiver Projektarbeit wird sich nun zeigen, wie sich die Reform tatsäch- lich auf Bund, Kantone und Gemeinden auswirkt. Reto Lindegger Der ehemalige Direktor des SGV war von Anfang an am Prozess beteiligt und in den entsprechenden Gremien engagiert

«Dass das Plangenehmigungsver- fahren für das in der Zentralschweiz anzusiedelnde Bundeszentrum be- schlossen wurde, ist angesichts der ursprünglichen Ankündigung des Bundes nur schwer nachvollziehbar.»

Reto Lindegger, ehemaliger SGV-Direktor.

ung in den Kantonen und Gemeinden grundlegend. Währendem die überwie- gende Mehrzahl der Schweizer Gemein- den dadurch beispielsweise in finanziel- ler oder administrativer Hinsicht entlas- tet wird, sehen sich die Standortgemein- den von Bundeseinrichtungen mit neuen und bisher wenig bekannten Herausfor- derungen konfrontiert. Sie werden in viel stärkerem Masse mit zusätzlichen allgemeinen Verwaltungs-, Informa- tions-, Sicherheits-, Bildungs- und Be- schäftigungsaufgaben belastet. Alle drei Staatsebenen waren sich von Beginn weg bewusst, dass dieser Punkt in der Umsetzung des Vorhabens für die kom- munale Ebene zentral sein würde. Da und dort heftige Reaktionen Auf dem «Terrain» verlief der Start dann weniger harmonisch: Als im Februar 2015 bekannt wurde, dass in Giffers (FR) ein Bundesasylzentrum entstehen sollte, war der Aufschrei bei der dortigen Be- völkerung und den Gemeindebehörden gross. Insbesondere die kurzfristige In- formation der kommunalen Behörden durch das SEM und den Kanton Freiburg

lich ausgetragenen Konflikte zwischen den Staatsebenen jedoch auf ganz we- nige Fälle beschränkten. Dies ist nicht selbstverständlich und ist dem auch auf dem «Terrain» mehrheitlich guten Zu- sammenspiel der drei Staatsebenen ge- schuldet. Auf politischer Ebene macht(e) dem SGV bei den rechtlichen Detailrevisionsarbei- ten das Plangenehmigungsverfahren Bauchweh. Dies hatte er in seiner Ver- nehmlassungseingabe zur entsprechen- den Verordnung im Jahr 2017 auch klar zumAusdruck gebracht. Das Plangeneh- migungsverfahren ersetzt das ordentli- che Baubewilligungsverfahren und kann im Extremfall zu Enteignungen führen – auch bei Grundstücken im Eigentum einer Gemeinde oder eines Kantons. Dass das Plangenehmigungsverfahren im Falle des in der Zentralschweiz anzu- siedelnden Bundeszentrums im Herbst 2018 beschlossen wurde, ist angesichts der ursprünglichen Ankündigung des Bundes, wonach Standorte für Bundes- asylzentren mit Kantonen, Städten und Gemeinden einvernehmlich gesucht und geplant würden, nur schwer nachvoll-

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SCHWEIZER GEMEINDE 3 l 2019

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