May 2014

RAUMENTWICKLUNG

Qualitative Stadtentwicklung in Delsberg lohnt sich Dass die neue Ortsplanung der jurassischen Hauptstadt ein Erfolg wird, daran bestehen kaum mehr Zweifel. Ausschlaggebend dafür waren eine klar definierte langfristige Sichtweise und pragmatisch konzipierte Projekte. Hubert Jaquier, oberster Raumplaner der Stadt, erläutert die Voraussetzungen für eine dynamische und effiziente städtische Raumentwicklung.

Die Stadt Delsberg hat ihre Entwicklung selber in die Hand genommen. Der Jura, während langer Zeit schlecht an die Hauptverkehrsachsen angebunden, rückt näher an die übrige Schweiz he- ran: Nach Basel sind es mit dem Zug ge- rade 35 Minuten (und bald nur noch 30), und ab 2016 wird mit der Vollendung der Transjurane der Anschluss ans Na- tionalstrassennetz vollzogen. Für den jurassischen Hauptort war es unum- gänglich, seine Ortsplanungsstrategie anzupassen und dynamischer zu gestal- ten. Die Stadt meisterte diese Heraus- forderung mit Bravour: 1998 wurde ein ehrgeiziger kommunaler Richtplan ver- abschiedet, der den Erhalt des Detail- handels im Zentrum und die Neugestal- tung der öffentlichen Räume als Grund- sätze nannte. Klare Raumplanungsstrategie Möglich wurde die Revitalisierung des Stadtzentrums dank der Eröffnung ei- ner neuen Entlastungsstrasse (route de distribution urbaine), die einen grossen Teil des Durchgangsverkehrs absorbierte und damit im Zentrum mehr Raum für Fussgänger und Radfahrer schuf. Auf na- tionaler Ebene rückten diese Bemühun- gen erstmals 2006 ins Rampenlicht, als der Schweizer Heimatschutz Delsberg dank «einer klaren Raumplanungsstrate- gie sowie einer sorgfältigen und qualita- tiv hochstehenden urbanen Entwick- lung» den Wakkerpreis verlieh. Die Aus- zeichnung galt namentlich dem Place de la Gare, dem Aushängeschild der Dels- berger Stadtentwicklung. Um sich die nötigen Hilfsmittel für die Umgestaltung in die Hand zu geben, de- finierte die Stadt drei Prioritäten: ers- tens Vorziehen der Planungsstudien und -arbeiten, wobei eine dauerhafte und langfristige Vision zum Tragen kommt; zweitens Flexibilisierung und Vereinfachung der Abläufe im Bauwe- sen dank eines neuen Instruments, das den traditionellen Quartierplan ersetzt; drittens Beschränkung auf die wichtigs- ten Regeln bei der Projektentwicklung,

Der heute verkehrsfreie Bahnhofsplatz

Bild: Pierre Montavon

war der erste Meilenstein der Ortsplanung von Delsberg.

jekte, die sie den Interessenten in Form von Pflichtenheften vorlegte. Letztere stellen in gewisser Weise lokalisierte Richtpläne dar. Dieses neue Instrument hat den Vorteil, dass man nicht den Weg über die Quartierplanung nehmen muss. Weil ein einfacher Baubewilli- gungsantrag reicht, werden die Verfah- ren flexibilisiert und beschleunigt. Ge- wiss, die Anlagen im Stadtzentrum er- fordern höhere Investitionen, und zwar für die Promotoren wie auch für die Stadt, welche die Infrastrukturausbau- ten sicherstellen muss. Doch sind sie auf lange Sicht rentabler, sorgen sie doch laut Hubert Jaquier für eine spür- bare und dauerhafte Verbesserung der Attraktivität und Lebensqualität. Baubewilligung in 60 Tagen Hubert Jaquier führt als Beispiel einen Investor an, der ohne Voranmeldung an dieTür klopfte und die verfügbaren Par- zellen zu besichtigen wünschte. «Später erfuhren wir, dass der Investor im Auf- trag eines Discounters handelte. Er inte- ressierte sich für ein Grundstück in der Nähe des Bahnhofs. Wir erklärten ihm unsere Politik: Falls er die Bedingungen

um sich so einen gewissen Handlungs- spielraum für die Diskussionen mit den Promotoren zu verschaffen. Knacknuss Detailhandel Vor Ort, zwischen dem Place de la Gare und der etwa 600 Meter entfernten Alt- stadt, zeigen sich die Früchte der städti- schen Ortsplanung in der jüngst erfolg- ten Ansiedlung von Supermärkten und Discountern. «Ursprünglich wären ei- nige dieser Geschäfte lieber in die Peri- pherie gezogen», erklärt Hubert Jaquier. Doch die Stadt Delsberg, die umliegen- den Gemeinden und der Kanton zogen am gleichen Strick und entschieden sich für den jetzigen Standort. Der Einzel- handel soll sich im Zentrum entwickeln, und die Gemeinden in der Umgebung können ihr Ortsbild erhalten. «Einige Promotoren reagierten verärgert und drohten mit dem Wegzug. Doch sie ka- men zurück, und wir konnten miteinan- der reden. Unser Vorgehen bleibt das- selbe: Macht der Promotor Vorschläge, die nicht in unser Konzept passen, so schlagen wir eine Alternative vor.» Als Folge dieser Politik entwickelte die städtische Verwaltung konkrete Pro-

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