BEIRATaktuell 55

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Ein gutes Beispiel: DieWEG streitet dar- über, ob in einer Teileigentumseinheit eine „Flüchtlingsunterkunft“ errichtet werden darf. Ein Flüchtlingsheim ist kei- ne Wohnnutzung, sondern als Nutzung zu anderen alsWohnzwecken einzuordnen, so der BGH (Urteil vom 27.10.2017, V ZR 193/16). Die vorgeschriebene Nutzung der Teilei- gentumseinheit ist eineVereinbarung und kann nur in Form einer neuen Vereinba- rung durch sämtliche Eigentümer geändert werden. Damit eine neue Vereinbarung auch gegen Sondernachfolger gilt, muss sie in das Grundbuch eingetragen werden. Möglicherweise kann im Einzelfall auch einAnspruch auf Änderung der Gemein- schaftsordnung bestehen, wenn eine Ver- wertbarkeit als Teileigentumwirtschaftlich nicht mehr möglich ist (BGH, Urteil vom 23. März 2018, V ZR 307/16). In der Praxis stellt sich bei einer zweck- widrigen Nutzung die Frage, wem der Anspruch auf Beseitigung und Unterlas- sung überhaupt zusteht. Oft ist den Ei- gentümern gar nicht bewusst, dass der Verwalter bzw. die WEG zunächst gar keine Kompetenz haben, die Beseitigung c) Vorgehen bei zweckwidriger Nutzung?

und Unterlassung zu fordern. Für Unter- lassungsansprüche der Wohnungseigen- tümer aus dem Miteigentum an dem Grundstück (hier: zweckwidrige Nutzung des Sondereigentums) besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats keine geborene Ausübungsbefugnis des Verbands gemäß § 10Abs. 6 Satz 3 Halb- satz 1 WEG. Die Wohnungseigentümer- gemeinschaft kann aber Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche wegen Störungen des Gemeinschaftseigentums gemäß § 1004 Abs. 1 BGB durch Mehrheitsbe- schluss nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2WEG an sich ziehen und ist dann allein zuständig für die gerichtliche Geltend- machung. Die Wohnungseigentümer ha- ben auch gegen den Mieter einer Woh- nungs- oder Teileigentumseinheit im Falle einer Nutzung, die der in der Tei- lungserklärung für diese Einheit getrof- fenen Zweckbestimmung widerspricht, einen Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 25. Ok- tober 2019 - V ZR 271/18; BGH, Urteil vom 24.01.2020 – V ZR 295/16).). Zum Schluss: Interessant ist auch die Frage, welcheArt von Gewerbe in einer Teileigentumseinheit betrieben werden darf. Üblicherweise enthalten Gemeinschaftsordnungen

diverse Vorgaben: Laden, Lager, Gast- stätte etc.

Im nächsten Beitrag beschäftigt sich Herr Rechtsanwalt Rüdiger Fritsch mit einer spannenden Entscheidung des BGH zur Nutzung einer Teileigentumseinheit als „Eltern-Kind-Zentrum.“.

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BEIRAT AKTUELL 55/II-20

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