BEIRATaktuell 55

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Rn. 129; Jennißen/Schultzky, WEG, 6. Aufl. 2019, § 15 Rn. 76 ff.; Niedenführ/ Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl. 2015, § 21 Rn. 55; Riecke/Schmid/Leh- mann-Richter, WEG, 6. Aufl. 2019, § 10 Rn. 89 ff.; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 6. Aufl. 2019, § 15 Rn. 27). Ergibt dieAuslegung, dass es sich bei der in der Gemeinschaftsordnung enthaltenen Vereinbarung um eine solche handelt, die von besonderer Bedeutung für die Woh- nungseigentümer ist und nach deren er- kennbarem Willen in der Zukunft „be- schlussfest“ sein und nur durch neue Vereinbarung der Wohnungseigentümer nebst der erforderlichen notariellen Be- glaubigung und Grundbucheintragung zu ändern sein soll, so ist ein abändernder bloßer Mehrheitsbeschluss mangels Be- schlusskompetenz nichtig. Ergibt die Auslegung der Gemeinschafts- ordnung hingegen, wovon mangels entge- genstehender Hinweise bei einer verein- barten Hausordnung aus Gründen der Praktikabilität in der Regel auch hier ver- tretener Meinung nach auszugehen ist, dass es sich nur um untergeordnete Rege- lungsgegenstände handelt, die nach dem erkennbaren Willen der Eigentümer auch durch Beschluss abänderbar sein sollen, kann die vereinbarte Hausordnung auch durch Mehrheitsbeschluss wirksam geän- dert werden, da diese aufgrund der Not- wendigkeit zu deren Anpassung an sich änderndeVerhältnisse eine demRegelungs- gehalt einer Hausordnung entsprechend „immanente Öffnungsklausel“ enthält.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass nach einer weiter vertretenen Rechtsauffassung, der hier gefolgt wird, eine „Beschlussof- fenheit“ einer vereinbarten Hausordnung insbesondere dann anzunehmen ist, wenn die Regelungen der Hausordnung nicht durch spätere Vereinbarung der Woh- nungseigentümer, sondern vorgreiflich einseitig im Rahmen der durch den Bau- träger errichteten Teilungserklärung/Ge- meinschaftsordnung bestimmt wurden (vgl.: Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl. 2018, § 21 Rn. 79). b) Soll nur eine Ergänzung einer vereinbar- ten Haustierhaltungsregelung herbeige- führt werden, so ist dies nach herrschen- der Rechtsauffassung immer dann durch Beschluss möglich, wenn dieVereinbarung nur um Regelungen ergänzt wird, die bestehende Regelungen unberührt lassen (vgl.: LG München I, Urt. v. 10.1.2013 − 36 S 8058/12 WEG, ZWE 2013, 413). c) Eine Besonderheit gilt für den Fall, dass die Gemeinschaftsordnung regelt, dass für die Nutzung des Sonder- und Gemein- schaftseigentums allgemein die Hausord- nung gelten soll, die vom Verwalter auf- gestellt wird. Eine solche Bestimmung, die die an sich nur denWohnungseigentümern vorbehal- tene Kompetenz zur Aufstellung einer verbindlichen Hausordnung auf den Ver- walter überträgt, ist nach h.M. wirksam (vgl.: Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl.

2018, § 21 Rn. 80 m.w.N.; Staudinger/ Lehmann-Richter, WEG (2018), § 21 Rn. 111). Eine auf der Grundlage der o.g. Vereinbarung aufgestellte Hausordnung ist dabei verbindlich, ohne dass dieWoh- nungseigentümer hierüber Beschluss fassen müssten. Sollte aufgrund einer solchen Vereinba- rung eine Gebrauchsregelung bzw. eine vorliegende Hausordnung durch denVer- walter erlassen worden sein, so steht in solchen Fällen nach herrschender Rechts- meinung denWohnungseigentümern aber stets die Befugnis zu, jederzeit selbst eine Hausordnung aufzustellen oder die vom Verwalter erstellte abzuändern (vgl.: Bär- mann/Merle, WEG, 14. Aufl. 2018, § 21 Rn. 80 m.w.N.). 3. Beschlüsse über die Einführung von Haustierhaltungsregelungen Liegt eine Vereinbarung der Wohnungs- eigentümer zur Regelung der Tierhaltung nicht vor oder enthält diese keine Bestim- mung zu dem konkret zu regelnden Fall, ist zu untersuchen, ob und wie die Woh- nungseigentümer rechtmäßig die Tier-, insbesondere Katzen- und Hundehaltung, durch (Mehrheits-)Beschluss der Eigen- tümerversammlung reglementieren können. Abgesehen davon ist auch stets zu beach- ten, dass bei bestehender Beschlusskom- petenz die Regelungen einer Hausordnung den allgemein für Beschlüsse geltenden Wirksamkeits- und Rechtmäßigkeitsan- forderungen des § 21 Abs. 3 WEG un- terliegen.

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BEIRAT AKTUELL 55/II-20

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