BEIRATaktuell 55

e) Folgende in der Praxis typischerweise anzutreffende Regelungen sind dagegen wegen eines nicht zumutbaren Eingriffs in die Eigentümerrechte unzulässig: • Auferlegung besonderer persönlicher Handlungspflichten , die nicht ohnehin geschuldet werden oder Verhängung von Sanktionen (Geldtrafen) bei Zuwi- derhandlung (mangels Beschlusskom- petenz nichtig, vgl.: Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl. 2018, § 15 Rn. 70). • Allgemeines Verbot der Haustier-, bzw. Hunde- oder Katzenhaltung durch Beschluss (vgl.: BGH, Beschl. v. 4.5.1995 – V ZB 5/95, ZMR 1995, 417; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 2.10.2006 – 3W 154/06-51, ZMR 2007, 308; Hügel/Elzer, WEG, 2. Auflage 2018, § 21 Rn. 70). • Genehmigungspflicht für dieTierhal- tung bei notwendiger Zustimmung sämtlicher Eigentümer (vgl.: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.2.1988 – 11W 142/87, ZMR 1988, 184). • Beschränkungen hinsichtlich oder derAnzahl solcher (Klein-)Tiere, die außerhalb derWohnung nicht wahr- nehmbar sind und von denen keine Gefahren oder Verschmutzungen typi- scherweise ausgehen, wie Ziervögel oder -fische, Hamster, Kaninchen (vgl.: Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl. 2018, § 14 Rn. 36; Jennißen/Schultzky, WEG, 6. Aufl. 2019, § 15 Rn. 107). • Verbot oder Beschränkungen der Tierhaltung bei besonderenAusnah- men gem. Treu und Glauben (§ 242 BGB), so etwa für Polizei-, Lawinen-, Rettungs- oder andere Diensthunde so- wie ärztlich verordnete sog. Therapie- hunde (vgl.: BayObLG, Beschl. v. 24.8.2000 – 2Z BR 58/00, NZM 2001, 105; Bärmann/Suilmann,WEG, 14.Aufl. 2018, § 14 Rn. 36). • Verbot der Nutzung der Grundstücks- oder Gartenflächen durch Haustiere insgesamt oder notwendigerweise zu nutzender Flächen und Anlagen (vgl.: OLG Köln, Beschl. v. 28.7.2008 – 16 Wx 116/08, ZMR 2009, 310; LG Kon- stanz, Beschl. v. 15.12.2008 – 62T 73/09, ZMR 2009, 634). f) Dabei ist es nach herrschender Rechts- auffassung auch möglich, eine Beschrän-

kung der Anzahl der Haustiere, insbeson- dere Katzen und Hunde, proWohneinheit zu beschließen (vgl.: Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl. 2018, § 14 Rn. 36; Hügel/ Elzer, WEG, 2. Aufl. 2018, § 15 Rn. 45; Riecke/Schmid/Abramenko, 5.Aufl. 2019, § 15 Rn. 22). Bei der Bemessung der Anzahl der zuge- lassenen Tiere ist die Rechtsprechung nicht einheitlich, wobei darauf hinzuwei- sen ist, dass in den nachfolgend aufge- führten Entscheidungen das erkennende Gericht sich stets auf einen konkreten Eigentümerbeschluss zu beziehen hatte, der jeweils als rechtmäßig erachtet wur- de. Aus den Zahlenangaben folgt somit nicht, dass ggfls. eine Beschränkung der Anzahl auf nur 1 Hund rechtswidrig sein muss bzw. die Einbeziehung von Katzen neben Hunden stets notwendig wäre. Bei der Beurteilung der Frage, welche Beschränkung von der Art der Haustiere bzw. deren Anzahl im Einzelnen recht- mäßig ist, handelt es sich stets um eine Ermessensentscheidung des Gerichts im Einzelfall, wobei es immer auch auf die örtlichen Verhältnisse sowie ggfls. auf die Größe der Wohnung ankommt (vgl.: Jennißen/Schultzky, WEG, 6. Aufl. 2019, § 15 Rn. 107). • KG, Beschl. v. 8.4.1998 – 24W1012/97, ZMR 1998, 658 [Beschränkung auf 1 Hund oder 3 Katzen pro Wohnung rechtmäßig]; • OLG Schleswig, Beschl. v. 27.11.2003 – 2 W 165/03, ZMR 2004, 941 [Be- schränkung auf max. 1 Hund pro Woh- nung rechtmäßig]; • OLG Celle, Beschl. v. 31.1.2003 – 4 W 15/03, ZMR 2003, 440 [Beschränkung auf 1 Hund und 1 Katze pro Wohnung rechtmäßig]; • OLG Zweibrücken, Beschl. v. 24.8.1999 – 3 W 164/99, ZMR 1999, 853 [Be- schränkung auf nicht mehr als 1 Hund pro Wohneinheit rechtmäßig]; • LG Lüneburg, Urt. v. 19.12.2011 – 2 S 21/11, ZMR 2012, 728 [Beschränkung auf 2 Hunde oder 2 Katzen bzw. 1 Hund und eine Katze proWohnung rechtmäßig]. g) Zu berücksichtigen ist jedoch einschrän- kend, dass eine Beschränkungen der Tier- haltung bei besonderenAusnahmen gegen das Gebot von Treu und Glauben (§ 242

BGB) verstößt, so etwa für Polizei-, La- winen-, Rettungs- oder andere Dienst- hunde sowie ärztlich verordnete sog. Therapiehunde (vgl.: BayObLG, Beschl. v. 24.8.2000 – 2Z BR 58/00, NZM 2001, 105; Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl. 2018, § 14 Rn. 36). h) Ferner kann zu beachten sein, dass gege- benenfalls ein „Bestandsschutz“ für sol- che Eigentümer gilt, die imVertrauen auf den Umstand, dass bisher keinerlei Re- gelung die Tierhaltung betreffend exi- stierte, bereits mehrere Haustiere (Hunde oder Katzen) angeschafft haben. Teilweise wird hierzu angenommen, dass auch später beschlossene Beschränkungen der Art und Weise der Tierhaltung für solche Haustiere, welchen von Eigentü- mern vor Inkrafttreten der Beschränkun- gen angeschafft haben, gelten; insoweit wird ein Bestands- bzw. Vertrauensschutz nicht angenommen (vgl.: OLG Celle, Beschl. v. 31.01.2003 - 4 W 15/03, ZMR 2003, 440; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 5. Aufl. 2019, § 14 Rn. 29). Dies mit demArgument, dass jeder haus- tierhaltende Eigentümer damit rechnen muss, dass die Gemeinschaft auf eine „ausufernde“ Tierhaltung reagiert und von dem ihr zustehenden Regelungsrecht Gebrauch macht. Anderer Rechtsprechung und Literatur kann jedoch entnommen werden, dass nur dann kein „Vertrauensschutz“ anzu- erkennen ist, wenn bereits Beschränkun- gen zur Tierhaltung existierten und nicht in die Möglichkeit der Tierhaltung als solche, sondern in deren Ausübung (z.B. Neueinführung eines Leinenzwangs) nachträglich belastend eingegriffen wird, weshalb hiermit gerechnet werden konn- te (vgl.: LG Frankfurt, Urt. v. 14.7.2015 – 2-09 S 11/15, ZMR 2016, 56; Riecke/ Schmid/Abramenko, WEG, 5. Aufl. 2019, § 15 Rn. 22). 5. Nicht verschwiegen werden sollte in die- sem Zusammenhang, dass dieWohnungs- eigentümer sich durch eine mehrheitliche Beschlussfassung über eine Ergänzung / Änderung der Hausordnung durch eine Begrenzung des Rechts der Haustierhal- tung, z.B. durch eine Beschränkung der Anzahl der erlaubterweise zu haltenden Hunde in den einzelnenWohnungseigen- tumseinheiten gegebenenfalls erhebliche Probleme schaffen können. Dies insbe-

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