BEIRATaktuell 55

sondere dann, wenn die Einhaltung der Hausordnung umgesetzt werden oder u.U. wegenVerstößen gegen die beschlossene Begrenzung der Hundehaltung gegen den Wohnungsnutzer vorgegangen werden soll. Dabei ist nämlich zu berücksichtigen, dass gegebenenfalls derzeit oder zukünf- tig Wohneinheiten an Dritte vermietet oder sonst zur Nutzung überlassen sind bzw. werden können. Während eigennutzende Wohnungsei- gentümer gem. §§ 10 Abs. 4, 15 Abs. 2 WEG unmittelbar an eine beschlossene Beschränkung der Tierhaltung gem. § 10 gebunden sind und unmittelbar au- ßergerichtlich oder gerichtlich auf Un- terlassung einer den Regelungen der Hausordnung zuwiderlaufende und/oder störende Tierhaltung aus §§ 1004, 823 BGB i.V.m. § 15Abs. 3WEG inAnspruch genommen werden können, gilt dies für Dritte (Mieter), denen das Wohnungsei- gentum zur Nutzung überlassen ist, nicht ohne weiteres, denn der Mieter einer Eigentumswohnung oder ein sonstiger Nutzungsberechtigter kann als Nicht- Mitglied der Wohnungseigentümerge- meinschaft nicht durch Beschluss der Eigentümerversammlung an deren Ge- meinschaftsordnung oder Hausordnung gebunden werden. a) Zwar kann auch der Mieter einer Eigen- tumswohnung aus § 1004 BGB wegen von ihm verursachter Störungen oder Belästigungen von den anderen Woh- nungseigentümern auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, dies betrifft indes insbesondere ruhestörenden Lärm durch Hundegebell oder Verschmutzun- gen, nicht aber einen bloßen Verstoß ge- gen eine Beschränkung der Anzahl der erlaubter maßen zu haltenden Hunde, sofern hierdurch keine darüber hinaus gehenden Störungen auftreten (vgl.: BGH, Urt. v. 22.1.2016 - V ZR 116/15, ZMR 2016, 382; BGH, Urt. v. 8.5.2015 - V ZR 178/14, ZMR 2015, 731). b) Zwar hat der Bundesgerichtshof in einer soeben veröffentlichten Entscheidung ausgesprochen, dass auch der Mieter ei- ner Eigentumswohnung auf Unterlassung eines den Regelungen der Hausordnung widersprechenden Gebrauchs des Ge- meinschaftseigentums aus § 1004 BGB von den übrigen Wohnungseigentümern in Anspruch genommen werden kann, gleich, ob die Regelungen der Gemein- schaft vereinbart oder nur beschlossen

sind. Offen gelassen hat der BGH aber die Frage, ob dies auch für beschlossene Regelungen in Bezug auf die Nutzung des Sondereigentums gilt (vgl.: BGH, Urt. v. 25.10.2019 – V ZR 271/18, IMR 2020, 2116). Wenngleich aus den Entscheidungsgrün- den des BGH hier vertretener Auffassung nach gefolgert werden kann, dass auch Verstöße gegen eine die Nutzung des Sondereigentums beschränkende be- schlossene Hausordnung durch andere Wohnungseigentümer gegenüber einem Wohnungsmieter geahndet werden kön- nen, ist dies nicht ausdrücklich höchstrich- terlich geklärt, zumal diese Frage in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist. Nach der hierzu bisher vertretenen, wohl als h.M. anzusehenden Rechtsauffassung kann mangels Bindung des Mieters an Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft der Mieter bei bloßen Verstößen gegen beschlossene Gebrauchsregelungen nicht unmittelbar inAnspruch genommen (vgl.: LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 31.7.2009 - 19 S 2183/09, ZMR 2010; AG Bremen, Urt. v. 18.11.2003 – 8 C 228/03, Juris; Hügel/ Elzer, WEG, 2. Aufl. 2018, § 13 Rn. 17; Jennißen/Schultzky, WEG, 6. Aufl. 2019, § 13 Rn. 36; § 15 Rn. 129). Nach der hierzu vertretenen Gegenmei- nung kann der Mieter einer Eigentums- wohnung nicht mehr Gebrauchsrechte geltend machen als der Eigentümer und kann daher auch bei Verstößen gegen beschlossene Gebrauchsregelungen un- mittelbar inAnspruch genommen werden (vgl.: KG, Beschl. v. 10.02.1997 - 24 W 6582/96, NJW-RR 1997, 713; OLG Frank- furt, Urt. v. 18.3.1993 – 2 U 124/92, NJW 1993, 981; LG Hamburg, Urt. v. 25. 11. 2011 - 317 S 55/11, ZMR 2012, 354). c) Ungeachtet der Frage, ob dieWohnungs- eigentümergemeinschaft berechtigt ist, unmittelbar gegen einen Mieter wegen eines Verstoßes gegen die Begrenzung der Anzahl der zu haltenden Hunde vor- zugehen, können sich für den vermieten- den Eigentümer Probleme im Verhältnis zu seinem Mieter und zur Wohnungsei- gentümergemeinschaft ergeben. aa) Denn es ist zweifelhaft, ob die jeweils Vermietenden die Hausordnung der Woh- nungseigentümergemeinschaft zum Be- standteil des Mietvertrags machen können.

Mangels bisheriger Existenz einer ge- meinschaftlichen Regelung darf bezweifelt werden, dass in den bereits mit Mietern abgeschlossenen Mietverträgen Regelun- gen enthalten sind, die die Anzahl der zu haltenden Hunde so beschränken, wie dies die Gemeinschaft beschließen möchte. Abgesehen davon bedarf eine nachträg- liche Änderung des Mietvertrags infolge der nachträglichen Ergänzung / Änderung der Hausordnung der Gemeinschaft, durch welche der Mieter nicht mehr berechtigt sein soll, mehr Hunde als durch die Ge- meinschaft bestimmt zu halten, der Zu- stimmung des Mieters, die regelmäßig mangels abweichender individueller miet- vertraglicher Regelungen nicht erzwungen werden kann. Insofern kann der Mieter sich imVerhält- nis zum vermietenden Eigentümer darauf berufen, zur zahlenmäßig unbeschränkten Hundehaltung berechtigt zu sein und kann im Falle seiner Inanspruchnahme durch die Gemeinschaft dem vermietenden Ei- gentümer gegenüber mietrechtliche Män- gelrechte geltend machen (Mietminde- rung, außerordentliche Kündigung). bb) Abgesehen davon kann derjenige Woh- nungseigentümer, der sein Wohnungsei- gentum vermietet hat, im Rahmen des § 14 Nr. 2 WEG unmittelbar selbst für Verstöße seines Mieters gegen eine Be- schränkung der Hundehaltung zur Ver- antwortung gezogen werden. Vom vermietenden Eigentümer kann zwar im Rahmen dessen nicht die Entfernung des Hundes oder die Beseitigung einer Störung unmittelbar verlangt werden, son- dern nur, dass dieser auf seinen Mieter in geeigneter Weise so einwirkt, dass der Mieter die von ihm ausgehende Störung abstellt, insbesondere durch Abmahnung des Mieters bis notfalls hin zu dessen frist- loser Kündigung (vgl.: BGH, Urt. v. 16.5.2014 - V ZR 131/13, ZMR 2014, 894; LG Hamburg, Urt. v. 24.4.2013 - 318 S 49/12, ZMR 2013, 632; LG Karlsruhe, Urt. v. 12.12.2013 - 5 S 43/13, ZMR 2014, 394). Dies dürfte indes dem vermietenden Ei- gentümer mangels entsprechender miet- vertraglicher Regelung kaum gelingen. Gleichwohl verbleibt es aber dabei, dass auch in diesem Fall der vermietendeWoh- nungseigentümer inAnspruch genommen werden kann; notfalls muss er den Mieter auch unter erheblichen finanziellen Opfern aus der Mietwohnung „herauskaufen“

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BEIRAT AKTUELL 55/II-20

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