GOLF TIME 6-2016

TRAINING | SPORTPHYSIO

Pendel und Peitsche WeiteNJAGD Warum es extrem wichtig ist zu verstehen, weshalb so wenig Krafteinsatz im Golfschwung zu weiten Schlägen führt. d er Golfschwung hat Elemente eines Pendels und Elemente einer Peitsche. Beide zusammen führen zu hoher Schlägerkopfgeschwindigkeit. Die-

Dr. Christian haiD Biomechaniker, Universitätsklinik Innsbruck

Ball treffen wollen, uns dabei verkrampfen und Kraft falsch einsetzen. Auch die ständige Korrektur des Griffes ist kontraproduktiv, da sie häufig zu verkrampfter Schlägerhaltung führt. Zugegeben, anfangs führt Lockerheit zu Fehl- schlägen, denn wir müssen erst lernen, be- stimmte Bewegungen zuzulassen und doch wichtige Randbedingungen einzuhalten. Aber es ist notwendig, manche Bewegungsmuster in übertriebener Form zu üben. Somit gelingt die Verbesserung des Golfschwunges nur durch Inkaufnehmen von Fehlschlägen. Den Golfschwung zu erlernen und zu verbes- sern beinhaltet daher unterschiedliche Aspekte. Meistens beobachtet man den Versuch, den Ball sauber zu treffen und möglichst genau zu zielen. Auch bei der Beobachtung von Golf- stunden habe ich den Eindruck, dass darauf viel Wert gelegt wird. Das sind jedoch meines Erachtens Details, die sehr wichtig werden, wenn man bereits einen guten Schwung hat. Somit wird aus meiner Sicht das Falsche trainiert. Es wird versucht, mit einem schlech- ten Golfschwung einen guten Score zu spie- len. Bis zu einem gewissen Grad gelingt das ja auch, aber das Schönste am Golfsport, den Ball mit Leichtigkeit an sein Ziel zu befördern, das bleibt dabei auf der Strecke. Somit ist mein Ziel im Golfunterricht ein ganz anderes. Zuerst einen Golfschwung erlernen, der sich frei, locker und cool anfühlt. Gleich- zeitig darauf achten, dass dieser Schwung den Körper nicht unnötig belastet. Das hat dazu ge- führt, dass viele Golfer, die zu mir gekommen sind, jetzt schmerzfrei spielen. Einige behaup- ten sogar, dass ihnen Golfen gegen Rücken- beschwerden hilft. Zusätzlich sollte der Golfer die Hintergründe eines guten Golfschwunges kennen, denn üben muss jeder für sich. Somit erreicht man, dass Golfer sich selbstständig weiterentwickeln und nur zwischendurch Kontrollen hinsichtlich unbeabsichtigter Fehlbewegungen notwendig sind. Mir kommt an dieser Stelle die prägnante Formulierung einer Golferin in den Sinn: „Lieber cool geschwungen als verbissen ge- rissen“. Gt

wichtige Bewegungsdetails sehr gut üben kann.

Das Gefühl, das bei einem Schwung entstehen soll, ist leicht erklärbar. Man muss versuchen, locker und mit möglichst wenig Krafteinsatz zu agieren. So wie ein Kind den Schläger locker

jenigen, die imstande sind, die vorkommenden physikalischen Effekte perfekt aufeinander abzustimmen, erreichen mit minimiertem

schwingt. Diese Bewegung nachzuahmen, ohne dabei auf das Treffen des Balles zu achten, ist lehrreich. Sich dabei auf den Körper zu konzentrieren und zu spüren, wie bestimmte Be- wegungsabläufe den Schläger

Kraftaufwand die größten Schlagweiten. Longhitter sind imstande, mit ihrer Kraft diese Effekte zu unterstützen. Auch wenn wir bei diesen Spielern angespannte Muskeln sehen, sind die Spieler doch fähig,

»Leider sehe ich fast nie gute schwünge«

wie von selbst beschleunigen, ist ein wichtiger Schritt zu einem guten Golfschwung. Wir lernen dabei Bewegungselemente, die wir im Golf- schwung ausnützen sollten. Unsere Schlag- weite beschränken wir häufig, weil wir den

den Schläger freizugeben. So gesehen bleibt bei allem Kraftaufwand das Element „den Schläger schwingen lassen“ erhalten. Ein Pendel dreht sich um seine Aufhängungs- achse. Es schwingt umso langsamer, je länger es ist. Das kennen wir von den Pendeluhren. Somit müssen wir uns beim Driver auf einen langsameren Rhythmus einlassen als z. B. beim Eisen 7. Das Pendel genauer zu erklären, ist wohl nicht notwendig, denn wir sind mit dieser Bewegung vertraut. Es ist aber eine gute Übung, Bälle zu schlagen und möglichst nur die Schwerkraft wirken zu lassen. Es verblüfft, wie weit der Ball nur aufgrund der ungehin- derten Pendelbewegung fliegt. Um den Peitscheneffekt zu erklären, müssten wir einen Ausflug in die Physik machen, aber das möchte ich dem Leser an dieser Stelle er- sparen. Diese Information liefere ich in meinen Golfstunden. Es ist extremwichtig zu verstehen, weshalb so wenig Krafteinsatz im Golfschwung zu weiten Schlägen führt. Experimentell ist das leicht verständlich und es lässt sich auch gut fühlen. Wer einmal weiß, worauf es ankommt, der kann dann sehr gut selbstständig trainieren. Zusammen mit Kai Fusser, dem Fitnesstrainer der einst weltbesten Golferin (Annika Sørenstam), habe ich Übungen entwickelt, mit denen man

JOHN DALY Man kann über ihn denken wie man will, aber er hat ein sagenhaftes Gefühl für die „peitschende“ Wirkung des Golfschlägers

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