Cellitinnen 1_2018

Idee | Einsatz

Senfgasangriff in Syrien Achmed S. fand Hilfe im Wuppertaler Petrus-Krankenhaus

Der Querschnittsgelähmte Achmed S. (Name von Redaktion geändert) ist im Herbst 2016 als Flüchtling von Syrien nach Deutschland ge- kommen. In seiner Heimat wurde der 51-Jährige zuvor Opfer eines Senfgasanschlags. Das Gas ist na- hezu geruchlos und die Wirkung tritt erst stark verzögert ein, so auch bei Achmed S.. Im Sommer 2016 litt er bereits an einer Lungenentzündung, die aber zunächst nicht mit einem Giftgasanschlag in Verbindung ge- bracht wurde. Im Dezember 2016 wird er schließlich mit starkemHus- ten, Luftnot und Rückenschmerzen ins Wuppertaler Petrus-Kranken- haus eingeliefert. Seitdem muss er sich in regelmäßigen Abständen in der Klinik für Pneumologie, Aller- gologie, Schlaf- und Intensivme- dizin untersuchen und behandeln lassen. Wir haben mit Chefarzt Dr. Sven Stieglitz über die besondere Herausforderung bei Opfern von Senfgasangriffen gesprochen. Herr Dr. Stieglitz, was ist an der Geschichte von Achmed S. das Besondere? Senfgas-Intoxikationen werden selbst in spezialisierten Abteilungen wie der unseren sehr selten behan- delt. Bei seiner Einlieferung wusste der Patient noch nicht, dass er Op- fer eines Giftgasanschlags war. Wir haben ausgehend von den Symp- tomen zunächst ein Röntgen- und CT-Bild von seiner Lunge erstellt und dachten aufgrund der Auf- nahmen zunächst an Metastasen.

Mittels einer anschließenden video- assistierten Thorakoskopie haben unsere Thoraxchirurgen um Chef- arzt Dr. Ulf Berger dann Gewebe aus seiner Lunge entnommen. Die Pathologen haben in demGewebe auffällige ‚Einschlusskörperchen‘ festgestellt, die nach Rückspra- che mit der Pathologie eines Bun- deswehrkrankenhauses als Senf- gas-Intoxikation erkannt wurden. Durch die Inhalation des Gases ist bei Achmed S. eine Entzündung und Vernarbung der Luftwege in der Lunge entstanden. Senfgas zählt vorrangig zu den hautschädigenden Kampfmit- teln, kann aber auch zu toxischen Lungenödemen führen. Das Gas schädigt Lunge und Atemwege im schlimmsten Fall so stark, dass die Patienten an den Folgen sterben. Bereits nach einmaligem Einatmen entwickeln sich häufig chronische Lungenkrankheiten. Was passiert mit der Lunge, wenn man Senfgas einatmet?

Wie konnten Sie und Ihr Team dem Patienten helfen? Da der Patient im Rollstuhl sitzt und sich körperlich kaum belastet, war die Luftnot zum Glück nicht so stark ausgeprägt. Die vermeint- liche Lungenentzündung, an der der Patient bereits drei Monate zuvor gelitten hatte, war vermut- lich schon ein Symptom des Senf- gas-Inhalationstraumas. Wir haben ihn zunächst sechs Monate lang mit Kortison behandelt. Er kommt jetzt in regelmäßigen Abständen zu Kontrolluntersuchungen zu uns. Wie geht es Achmed S. heute? Es geht ihm zum Glück wieder gut. Die Krankheitssymptome ent- wickeln sich vollständig zurück, sodass Achmed S. als geheilt gilt. Das CT der Lunge hat sich komplett normalisiert. Bei einem seiner letz- ten Termine sagte er uns, dass er sich wünscht, eines Tages wieder in seine Heimat zurückkehren zu können.

Achmed S. m chte nicht erkannt werden

CellitinnenForum 1/2018 55

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