GOLF TIME 4/2017

COVER | JON RAHM

Als Nichtmitglied der PGA Tour wurde Jon Rahm immerhin das Recht zugestanden, sieben Sponsoreneinladungen zu Turnieren anzunehmen, um genug Geld für eine Spiel- berechtigung auf der Tour zu verdienen. Jon erreichte dieses Ziel in Rekordzeit. Gleich bei seinem Debüt als Profi lag er in Runde 2 und 3 der Quicken Loans National zeitweise sogar in Führung und kam schließlich als geteilter Dritter ins Ziel. Neben einem hüb- schen Preisgeldscheck bedeutete diese Plat- zierung zugleich die erneute Qualifikation für die Open Championship. Wenige Wochen später belegte Rahm bei der RBC Canadian Open den geteilten zwei- ten Rang. In den ersten zwei Monaten seines Daseins als Profi absolvierte der junge Spanier sieben Starts auf der PGA Tour, verdiente dabei mehr als eine Million Dollar Preisgeld und sicherte sich seine Tourkarte für die Saison 2016/17. Nun bestand kein Zweifel mehr. Jon Rahm war auf der PGA Tour an- gekommen. Und viele Golffans begannen sich zu fragen: Wer ist dieser Kerl eigentlich? „Okay, ich bin dabei.“ Das war alles, was in Jon Rahms Antwortmail an Tim Mickelson zu lesen stand. In diesem Sommer 2012 ging der hochgewachsene Teenager, der aus Barrika, einem winzigen Kaff im spanischen Basken- land stammt, noch in Madrid zur Schule. Per- sönlich kennengelernt hatte der Chefcoach des Arizona State University (ASU) Golf Teams den 17-jährigen Golfer damals noch nicht. Trotzdem hatte Mickelson ihm sein letztes verfügbares Vollstipendium für das Universitätsteam angeboten, aus dem schon so bekannte PGA Tour-Spieler wie Paul Casey oder Tims Bruder Phil hervorgegangen waren.

Oben: Jon Rahm (15 Jahre alt) 2011 bei einem Jugendturnier in Spanien. Rechts: Jon Rahm gewinnt bei der U.S. Open 2016 die Medaille als bester Amateurspieler im Feld

Am nächsten Morgen disqualifizierte sich der Sechzehnjährige selbst. „Wenn dieser Junge in diesem Alter schon die Integrität besitzt, sich selbst zu disquali- fizieren, wohlwissend, dass sein Regelver- stoß niemandem außer ihm aufgefallen wäre, dann ist das ein junger Mann, den ich für mein Team haben will.“ Nicht lange, nachdem Tim Mickelson Rahm kennengelernt hatte, beschlichen ihn jedoch erste Zweifel, ob seine mutige Ent-

„Ricardo Relinque, der für die Jugendent- wicklung des spanischen Golfverbandes zuständig war, berichtete mir von diesem Jungen, der gerne ein Auslandssemester in den USA absolvieren wollte“, erinnert sich Tim Mickelson. „Ich habe Jon Rahm im Internet gegoogelt und seine Ergebnisse haben mich beeindruckt. Nie zuvor bin ich das Wagnis eingegangen, einen mir völlig unbekannten Jungen ins Team zu holen. Doch zu diesem Zeitpunkt benötigte ich noch einen guten Spieler, der meinen Kader auffüllt, und bei Jon hatte ich ein gutes Bauchfühl. Also habe ich ihm geschrieben: ‚Hätte dich liebend gerne hier. Komm rüber.’ Kurz darauf saß Jon in einen Flieger nach Phoenix.“ Neben dem Golftalent spielte in Tim Mickelsons Entscheidungsprozess auch eine Anekdote eine maßgebliche Rolle, die sich im Frühjahr 2012 zugetragen hatte. Bei der Euro- pean Boys Team Championship lag Jon aus- sichtsreich auf dem zweiten Rang. Doch als er am Abend seine Golftasche für den nächsten Turniertag vorbereiten wollte, fiel ihm auf, dass ein Schläger zu viel in der Tasche steckte.

SIEGERPOSE Ein Putt über 20 Meter zum Eagle bei der Farmers Insurance Open machte Jon Rahms ersten Sieg auf der PGA Tour perfekt

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