aktuell | März 2016

Energieeffizienz als Gebot der Stunde Stromfresser Rechenzentrum

Die digitale Transformation von Industrie, Wirtschaft und Verwaltungen, die wachsende Vernetzung per Internet, die steigende Nutzung sogenannter Clouds – all das verlangt riesige Mengen an Strom. Energieeffizienz ist das Gebot der Stunde, echte „Green IT“ im Rechenzentrum wird zur Notwen- digkeit – und damit ein wachsendes Geschäftsfeld für den Channel.

Mit Blick auf die Kosten, Umweltfaktoren, die geplante Energiewende und nicht zuletzt die drohende Ressourcenknappheit, wird die seit Jahren beschworene „Green IT“ endlich zum echten Thema. Auf der Prioritätenliste von Politik, Wissenschaft und Forschung sowie der Wirtschaft rutschen tragfähige Konzepte zur Steigerung der Energieeffizienz von Kompo- nenten, Systemen und der Datenübertragung langsam ganz nach oben. Klima & Kosten Klimaschutz und Umweltverträglichkeit sind in vielen Unternehmen noch immer kein real vordringliches Anliegen. Als Verkaufsargu- ment funktionieren ökologische Aspekte daher häufig nur mäßig. Kostendämpfung, Effizienz- steigerung und Zukunftssicherung aber sind Themen, die jeden Entscheider beschäftigen. Ganz gleich ob bei den Anbietern oder ihren Unternehmenskunden. Denn Einsparungs- druck herrscht überall und eignet sich somit als Türöffner für Kundengespräche. Hinzu kommt der Druck privater Konsumenten. Sie verlangen immer öfter nach Produkten, die energieeffizient und ökologisch unbedenklich sind, misstrauen blumigen Versprechungen und setzen Produzenten so unter Transpa- renzdruck. Niedrige Umweltbelastung wird damit, quer über alle Branchen, zu einem immer wichtigeren Wettbewerbsfaktor. Damit steht auch die IT-Industrie unter massivem Druck. Schließlich liefert sie nicht nur die technischen Grundlagen und Produkte für die angestrebten Geschäftsmodelle von morgen, sondern auch für den gewöhnlichen Alltag zwischen Apps, Krankenversorgung, Produk- tion und Zahlungssystemen. IT für Klimaschutz und Energieeffizienz Höhere Rechenleistung hin, optimierter Strombedarf her – mittelfristig betrachtet wird es effizienter sein, Rechenzentrumsleistungen zentral in hochoptimierten Rechenzentren zu erbringen. Denn augenblicklich ist das durch- schnittliche Data Center vor allem eines: Ein gieriger Stromfresser, den es zu bändigen gilt.

Für viele der Rechenzentren ist es höchste Zeit für Optimierungsmaßnahmen, vor allem in den Bereichen Klimatisierung und Strom- versorgung (USV). Die IT-Geräte wie Server, Storage oder Switches selbst machen laut Bitkom-Analysen nur etwas mehr als die Hälf- te des Energiebedarfs aus. Luft nach oben besteht aber vielfach nur theoretisch: „So ent- wickeln sich beispielsweise die Kosten für die Energieversorgung der IKT-Systeme und ihrer Infrastruktur (Klima, USV) in Rechenzentren zu signifikanten Beiträgen der Betriebskosten. Auch begrenzen zunehmend die durch Klima- tisierung abführbaren Wärmelasten oder die von Energieversorgern lieferbaren Leistun- gen den weiteren Ausbau von Rechenzentren. Selbst auf der Ebene der Prozessoren sind die Grenzen der abführbaren Wärme erreicht, was sich am Markt durch neue Mehrkern-Archi- tekturen und ein Ende der Taktfrequenzerhö- hungen widerspiegelt“. Das konstatiert der Fachbereich Informatik der Universität Olden- burg. Hier ist der Energiebedarf in der IKT inzwi- schen ein eigener Forschungsbereich, der sein Augenmerk (neben den ökologischen Aspekten) vor allem auf technische und wirt- schaftliche Herausforderungen richtet. Das maximale Einsparpotenzial konventioneller Rechenzentren beziffern Experten mit 30 Pro- zent. Auch deshalb arbeiten Wissenschaftler und Entwickler an deutschen Universitäten und Einrichtungen wie den Fraunhofer Insti- tuten mit Hochdruck an „grüner“ Informati- ons- und Kommunikationstechnik, so auch das Forschungszentrum Jülich. Hier liegt der Schwerpunkt bei der Materialoptimierung von elektronischen Bauelementen, Komponenten wie CPUs, Chips, Speicher sowie die Entwick- lung leistungsstarker Rechnerarchitekturen. Im Jülich Supercomputing Centre (JSC) etwa kooperieren die Wissenschaftler mit IT-Her- stellern wie IBM und Intel. Ziel ist es, bis 2020 Supercomputer zu entwickeln und marktfähig zu machen, die eine Leistung von mehr als einem Exaflop erbringen, also eine Trillion Operationen pro Sekunde. „Dabei sollte ein

Rechner dieser Klasse deutlich energieeffi- zienter arbeiten als die heutigen, denn sonst müsste eigens für einen solchen Rechner ein Kraftwerk gebaut werden“, heißt es beim JSC. Zentrale Aspekte bei der Entwicklung von ökologisch und wirtschaftlich vertretbaren Superrechnern sind daher neue Konzepte für die Rechnerarchitektur, die Software und die Kühlung. Die Forschungspartner hoffen, die Energieeffizienz um den Faktor 1000 steigern- zu können. Was heute schon geht An optimierter Stromausbeute und ganzheit- licherem Energiemanagement für Infrastruk- turen mit Servern im normaleren Leistungs- spektrum arbeiten derzeit alle internationalen Markenanbieter, aber auch deutsche IT-Her- steller wie beispielsweise die Thomas Krenn AG im niederbayrischen Freyung. Sie entwi- ckelt Server mit nutzbarer Abwärme. Diese kommt dann, mithilfe flüssiger Kühlmittel um- gewandelt, wieder dem Betrieb des Rechen- zentrums zugute. Experten sind sich einig, dass das vorläufige Endziel der Forschung und Entwicklung „Zero Emission Data Center“ hei- ßen muss. Solche Rechenzentren, die in Ener- giekreisläufe eingebunden sind, können dann beispielsweise ihre Abwärme in kommunale Versorgungsnetze einspeisen, zur Kühlung der eigenen Server beitragen oder Bürogebäude heizen. Der auch dafür nötige Strom sollte idealerweise aus erneuerbaren Energiequel- len stammen. Bis zu flächendeckend verfüg- baren klimaneutralen Rechenzentren wird es wohl noch eine Weile dauern, aber auf dem Weg dahin kann der IKT-Handel gute Geschäf- te machen, zum Beispiel in folgenden Berei- chen: • Energieeffiziente Komponenten & Systeme • Technische Ausstattung, Monitoring und Service für „grüne Gebäude“ • Abwärmenutzung (in Kooperation mit Wärme-/Heizungstechniken) • Energiemanagement • Ausstattung und Betrieb von Rechenzentren im Kundenauftrag

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