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IT und Digitalisierung

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50,2 Magazin | 08.2022

50,2 Magazin | 08.2022

In die Zukunft steuern Gemeinsammit der Münchener Unternehmensberatung Philoneos bauten die Stadtwerke München eine Innovations abteilung für neue Mobilitätsdienste auf. Die eingesetzte Methodik wird unter anderem von Google genutzt.

wurde ein neues Organigramm entwickelt und die Schnittstellen zu wichtigen internen wie auch externen Stakeholdern ausgearbei tet. Gemeinsam mit dem Projektteam wurden neue Prozesse und Rollen der agilen Zusammenarbeit definiert und für jedes Teammit glied ein individuelles Job-Profil abgeleitet. Die Ergebnisse wurden in Form einer digitalen „Abteilungslandkarte“ zur gegenseitigen In formation aufbereitet. Einheit schaffen auf Distanz „Obwohl wir größere Teile der Workshops und Teamprozesse coro nabedingt nur digital durchführen konnten, spürte man bei jedem neuen Schritt, wie die neue Abteilung Gestalt gewann und auch in der Wahrnehmung der Mitarbeiter:innen zur Einheit wurde“, be

ratungsansatz des Unternehmens sei rein methodisch. Konkret arbeitet Philoneos mit Objective Key Results (kurz: OKR ) – eine Managementmethode, die beispielsweise bei Google auf breiter Front implementiert ist. Sebastian Bartling, ebenfalls Geschäfts führer von Philoneos, hat Teile seiner beruf lichen Laufbahn dort verbracht. „OKR ist ein gemeinsamer, sehr agiler Prozess, bei dem die Ziele des Unternehmens respektive der Abteilung mit den Kompetenzen und Zie len der einzelnen Mitarbeiter:innen abge stimmt werden“, konkretisiert Bartling den Ansatz. So könnten vorhandene Potenziale im Team effektiv genutzt und eine hohe Identifikation mit den anstehenden Aufga ben geschaffen werden. Da die qualitative Zielsetzung (Objectives) durch eine quanti tative Messung der Ergebnisse (Key Results) ergänzt wird, lassen sich die Prozesse sehr gut überprüfen und steuern. „Außerdem werden Ziele und Ergebniskennzahlen be reichs- und abteilungsübergreifend durch die gesamte Organisation verknüpft“, er gänzt Dr. Maximilian Lude. Entwicklung von innen Das war ein erklärtes Ziel im Projekt der Stadtwerke München, denn die neue Abtei lung sollte einerseits Vorbildcharakter im Konzern haben, gleichzeitig aber mit den etablierten Strukturen und Anforderungen eines öffentlichen Unternehmens kompati bel sein. „So abstrakt wie diese Vorgabe wa ren auch die sonstigen Rahmenbedingungen für die neue Abteilung“, erinnert sich Sinaida Cordes, die diese Ausgangslage jedoch als große Chance sah. „Aufgaben, Strukturen, Abläufe, Schnittstellen zu anderen Abteilun gen, wie etwa unserer hausinternen IT-Abtei lung oder Mobilitätsforschung – wir konnten praktisch alles neu entwickeln.“ Vor diesem Hintergrund begleitete Philoneos den Aufbau der neuen Abteilung. Von Anfang an wurden zukünftige Mitar beiter:innen in die Entwicklungsprozesse einbezogen, um eine passgenaue Organi sationsstruktur zu schaffen. Basierend auf internen Befragungen und digitalen Co Creation Workshops mit dem Projektteam

Lösungsansatz und die Adressat:innen beschreibt. Ist das Konzept schlüssig und passiert das erste Tor, wird in weiteren Schritten suk zessive ein Business Case/Proof of Concept entwickelt. Dabei fließen zunehmend detaillierte Informationen zum Produkt selbst, rechtli chen, technologischen und betriebswirtschaftlichen Fragen sowie zu benötigten Ressourcen, Kosten und Timelines ein. Erst danach wer den erste Budgets freigegeben und das Produkt in mehreren Schrit ten konkretisiert – bis hin zum ersten Prototypen. All dies geschieht imengen Austauschmit anderen Abteilungen der MVG oder der SWM. „Durch die regelmäßigen Revisionsschritte fördern wir die kritische Reflektion und Diskussion über unsere Ideen“, sagt Sinaida Cordes. „Wir können ein Projekt jederzeit beenden oder verändern, wenn das Konzept nicht trägt. Und wir vermeiden, dass nicht zielführende

Foto: alphaspirit.it / shutterstock.com

S tylische Bürolofts, idyllische Alpen landschaften oder Comic-Ambiente – der virtuelle Hintergrund, den Men schen für ihre digitalen Meetings wählen, sagt bisweilen einiges aus. Sinaida Cordes von den Stadtwerken München (SWM) zeigt sich vor einem bekannten Raumschiff, das seit den 1970er Jahren die unendlichenWei ten des Weltraums erkundete. Ein Bild mit Symbolkraft. „Tatsächlich trage ich in mei ner Funktion auch dazu bei, ein sehr großes Schiff erfolgreich zu unbekannten Ufern zu manövrieren“, räumt sie schmunzelnd ein. 2020 wurde Cordes im Zuge einer Umstruk turierung der Stadtwerke München mit der Aufgabe betraut, eine Innovationsabteilung aufzubauen. Als operative Einheit der SWM Mobilitätstochter MVG soll diese neue Ab teilung Konzepte und Produkte für die Mo

bilität der Zukunft entwickeln. Innovation, erläutert die junge Managerin weiter, sei al lerdings kein Selbstzweck, sondern müsse die gesamte Organisation mitnehmen und weiterbringen. „Es geht uns nicht darum, im Elfenbeinturm abgehobene Visionen zu entwickeln, sondern vielmehr marktfähige Geschäftsmodelle und funktionierende Schnittstellen zu den Kunden:innen von morgen aufzubauen.“ Ziele und Ergebnisse Unterstützung holte sich Sinaida Cordes bei der Unternehmensberatung Philoneos, die seit gut vier Jahren Unternehmen bei Veränderungsprozessen berät: „Wir sind keine Fachleute für Energiewirtschaft oder Mobilität“, erläutert Geschäftsführer Dr. Maximilian Lude gleich zu Beginn. Der Be

Der Innovation-Funnel definiert einen systematischen Prozess, den jede Innovation auf demWeg zummarktreifen Produkt durchlaufen muss. (Foto: Philoneos GmbH)

Entwicklungen fortgesetzt werden, nur weil sie irgendwann einmal beschlossen wurden.“ Das letzte Gate durchschreitet das Produkt, nachdem es seine Funktionsfähigkeit unter Beweis gestellt hat und belastbare Marktforschungsdaten vorliegen, die zeigen, dass und unter welchen Bedingungen das Angebot angenommen würde. Erst dann folgt der längerfristige Betrieb, der aber von kontinuierlichen Evaluationen und Weiterentwicklungen begleitet wird. In dieser Phase befindet sich aktuell schon die multimodale Mobilitäts-App, die in der Abteilung entwickelt wurde, eine geplante Lösung zum On-Demand-Verkehr hat ebenfalls die ersten Gates durchschritten. Die Beispiele zeigen, dass Innovation durchaus sehr zielgerichtet zur Geschäftsentwicklung beitragen kann, findet Sinaida Cordes. Die neuen Strukturen und Arbeitsweisen seien dabei extrem wert voll. Mit anderen Worten: Das „Raumschiff“ steuert sich jetzt sehr viel leichter. (pq) www.philoneos.com, www.swm.de, www.mvg.de

richtet Sinaida Cordes. Auch Schulungen zu agilen Arbeitsweisen und die Einführung und Begleitung der Arbeit mit OKRs im Tagesge schäft fanden fast nur am Bildschirm statt. „Es ist uns sogar gelun gen, digitale Team-Events und Informationsformate wie den ‚Fun Fact Friday‘ mit Impulsvorträgen aus dem Bereichen Innovation, Change Management und New Work zu konzipieren und erfolgreich umzusetzen“, erinnert sich Dr. Maximilian Lude. Die Abteilung hat im Januar 2021 erfolgreich ihre Arbeit aufgenommen und wird auch

weiterhin durch das Team von Philoneos begleitet. Zielführende Innovationsprozesse

Auch die im Verlauf des Projekts entwickelten beziehungsweise ad aptierten Innovationsprozesse bewähren sich in der Praxis, wie Si naida Cordes bestätigt. Von der ersten Idee bis zummarktreifen Pro dukt durchlaufen innovative Ansätze in der Abteilung mehrere Gates (Tore) – beginnendmit einemersten Steckbrief, der das Problem, den

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