Effekte der medizinischen Kur

Effekte hygiogenetischer Maßnahmen befasste sich das Referat von W. Marktl. Bei der Adaptation handelt es sich um eine Modifikation physiologischer Reak- tionen, die sich bei länger dauernder Reizeinwirkung mit kontinuierlichem oder intermittierendem Charakter einstellt. Das erwünschte Ziel der adaptations- physiologischen Reaktionen ist eine Steigerung der Reaktionsökonomie und von Kompensationsvorgängen. Sowohl bei Kuren als auch bei Sport mit dem Ziel der Gesundheitsförderung werden adaptive Veränderungen angestrebt. Adaptive Vorgänge betreffen jedoch nicht nur jene Reaktionen, die auf die jeweilige spezifische Reizwirkung hin ausgelöst werden, sondern führen auch zu Veränderungen der wechselseitigen Abstimmung verschiedener endogener Funktionen. Die einzelnen adaptiven Veränderungen unterscheiden sich hin- sichtlich ihres Charakters (funktionell, morphologisch etc.), des Zeitbedarfs für ihre Entwicklung, ihrer Spezifität und ihrer funktionellen Bedeutung. Bei Kuren werden in erster Linie Adaptationen im funktionellen Bereich angestrebt, beim Sport kommen morphologische Adaptationen hinzu. Der Adaptationsvorgang weist eine exponentielle Form auf, was bedeutet, dass die Veränderungen zu Beginn der Adaptation rasch verlaufen und sich mit zunehmender Dauer ver- langsamen. Wesentlich für das Verständnis nachhaltiger Effekte ist, dass die adaptiven Veränderungen für ihre Rückbildung deutlich mehr Zeit benötigen als für ihre Entwicklung. In der Adaptationsphysiologie werden zwei Arten von Adaptation – die toleranzsteigernde und die kapazitätssteigernde Adaptation – unterschieden. Bei der toleranzsteigernden Adaptation spielen nervale Prozesse im Sinne von Hemmung und Bahnung eine Rolle, während bei der kapazitätssteigernden Adaptation hormonelle Mechanismen Bedeutung haben. Im Falle der Adap- tation an eher alltägliche Reize steht die Toleranzsteigerung im Vordergrund, was bedeutet, dass der Organismus die Reaktionsökonomie durch Erregungs- minderung und damit mit einem geringeren Aufwand zu erhalten imstande ist. Beim gezielten Einsatz adaptationsphysiologischer Vorgänge zum Zweck der Gesundheitsförderung müssen bestimmte Reizparameter wie die Reiz- qualität, die Reizstärke, die Dauer des Einzelreizes, das Reizintervall und die Gesamtdauer der Reizserie beachtet werden. Damit ist gleichzeitig die Frage der Gestaltung eines Kurplanes oder eines Trainingsplanes angesprochen. Aus der Sicht der Adaptationsphysiologie kann der komplexe Begriff Gesundheit als ein mittleres und ausgewogenes Adaptationsniveau aufgefasst werden, das den Organismus in die Lage versetzt, die Belastungen des All- tags in ökonomischer Weise zu bewältigen. Dabei kann auch eine vorüberge- hende Entlastung und Schonung notwendig sein, um es dem Organismus zu

114

Made with FlippingBook Learn more on our blog