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Duale Ausbildung – wenn die Partner zusammenarbeiten

Heinrich-Hübsch-Schule - Schreiner-Innung Karlsruhe

300 Jahre Schreiner-Innung und 250 Jahre Berufsschule in Karlsruhe – eine Kooperation auf Augenhöhe, immer mit dem Ziel, das Handwerk voran zu bringen. Die Zusammenarbeit zwischen der heutigen Hein- rich-Hübsch-Schule und der Schreiner-Innung Karlsruhe besteht nun bereits rund 250 Jahre. Denn die erste Gewerbeschule überhaupt wurde 1768 in Durlach gegründet als „architekto- nische Zeichenschule für die in Karlsruhe und Durlach befind- lichen Gesellen und Lehrjungen, deren Handwerker bei dem Bauwesen einschlagen.“ Durch eine Verfügung des Mark- grafen Karl-Friedrich wurde diese Einrichtung geschaffen, um Bauhandwerker – darunter auch die Schreiner - in Geometrie, Architektur, Freihandzeichnen, Materialkunde, Mechanik so- wie Kostenberechnungen zu unterrichten. Zunächst fand der Unterricht freiwillig und vor allem in den Wintermonaten statt. Ab 1808 wurde dann schließlich eine Schulpflicht verordnet. Als Ziel der Gewerbeschule wurde damals beschrieben, die Qualifikation der Handwerker in anspruchsvollen Tätigkeitsfel- dern, vor allem in Konstruktion, zu fördern. „ Die Kenntnisse und Übungen, die sich der Lehrling in der Gewerbeschule holt, sind für seine künftige Existenz notwendig. Umso mehr, als ihm der Meister in der Werkstatt nicht immer alles beibringen kann und gleichzeitig immer höhere Anforderungen gestellt werden.“ Der Unterricht umfasste bereits Fächer wie Rechnen, Deutsch, Geschäftsaufsätze, Wirtschaftslehre sowie Fach- zeichnen, Konstruktion, Mechanik, Technologie und Physik. Der Unterricht fand im Winterhalbjahr mit jeweils 6 Wochen- stunden statt.1834 schließlich wurde dann die erste sog. „Ge- werbeschule“ in Teilzeitform in Karlsruhe eröffnet. Für die meisten Berufe dauerte die Gewerbeschule drei Jahre. Allerdings mussten die höheren Gewerke – dazu zählte auch das Schreinerhandwerk - noch einen vierten Kurs belegen. Für die Lehrlinge war dies dennoch hart, denn der Unterricht er- folgte abends und an Wochenenden. Erst ab 1860 wurde dann endlich der Tagesunterricht eingeführt. Die weitere Entwicklung der Gewerbeschule schritt in der Folgezeit stetig voran. Schulgebäude und Unterrichtsräume wurden ordentlich gestaltet und ausgestattet. Professionelle Schulwerkstätten mit entsprechenden Werkzeug und erfor- derlichen Maschinen wurden beschafft. Lehrkräfte wurden in

Zusammenarbeit mit der Polytechnischen Schule, der späte- ren Universität qualifiziert. Die Zahl der Lehrlinge und damit die Schülerzahl stieg kontinuierlich an, und schließlich wurde durch eine Verordnung im Jahre 1907 der Pflichtunterricht für alle Gewerke bestimmt. Der Unterricht wurde auf drei Jahre festgelegt mit 9 Wochenstunden Theorie sowie einer Ergän- zung von 2-4 Werkstattstunden. Nach 1945 wuchsen die Schülerzahlen erneut rasch an. In den 70er Jahren zählte unsere Schule bereits über 2500 Schüler und musste auf mehrere Standorte innerhalb der Stadt Karlsruhe verteilt werden. Ein wichtiges Datum für diese Schu- le ist insbesondere der 15.9.1970, als durch Beschluss des Gemeinderats der Name „Heinrich-Hübsch-Schule“ festgelegt wurde. Eine auch aus heutiger Sicht sehr gute Wahl. Der weitere Anstieg der Schülerzahlen auf ca. 3700 im Jahr 1980 machte es zwingend erforderlich, bauliche Vorausset- zungen für einen guten Schulbetrieb zu schaffen. So wurden die Planungen und der Bau des heutigen Standorts am Men- delssohnplatz vorangetrieben. 1985 konnte dann der Schul- betrieb im jetzigen Gebäude aufgenommen werden. Leider gingen in den Folgejahren die Schülerzahlen infol- ge von Krisen im Baugewerbe sowie Veränderungen in der Bevölkerungsentwicklung stark zurück. Dazu kommt in den vergangenen Jahren ein sinkendes Prestige der handwerkli- chen Ausbildung im Spiegel unserer Gesellschaft. Der stetige Akademisierungswahn, auch durch politisch falsche Weichen- stellungen befördert, führt ebenfalls dazu, dass sich weniger Jugendliche für eine Karriere im Handwerk entscheiden. Auch deshalb unterrichten wir an der Heinrich-Hübsch-Schule der- zeit nur noch ca. 1750 Schülerinnen und Schüler. Wie war aber die Zusammenarbeit in diesen rund 250 Jah- ren? Aus der Anfangszeit der Gewerbeschule berichten die Chronisten, dass es große Widerstände der Handwerker ge- gen den Unterricht gab. Einerseits war man sich der steigen- den Herausforderungen bewusst, erkannte aber sicher nicht die Chancen, die sich durch theoretisch und praktisch gut ausgebildete Fachkräfte ergaben. Vielmehr empfand man die Schule als lästigen Faktor, da den Betrieben damit wertvolle Arbeitszeit gestohlen wurde. Aber solche Haltungen wichen zunehmend der Einsicht, dass der

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