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FOKUS ZWEITWOHNUNGEN

Fünf Jahre nach dem Ja zur Weber-Initiative: was nun? Wie hat das Berggebiet auf die Zweitwohnungsinitiative reagiert, was soll es tun, was lassen? Auf den Seiten 26 bis 59 erteilt die «Schweizer Gemeinde» Thomas Egger und Peter Bodenmann das Wort und stellt kreative Initiativen vor.

Fünf Jahre nach dem knappen Ja zur Zweitwohnungsinitiative am 11. März 2012 ist der von der Bauwirtschaft be- fürchtete Einbruch eingetroffen: Ge- genüber 2011 – also dem letzten Jahr vor Annahme der Initiative – ist die Zahl der Baubewilligungen für Mehrfamilienhäu- ser in den meisten Bergregionen um 30 bis 90 Prozent eingebrochen. Das zeigt eine Auswertung des Beratungsunter- nehmensWüst & Partner imAuftrag des «Tages-Anzeigers». Bis zur provisori- schenVerordnung vonAnfang 2013 kam es im Berggebiet noch zu einer Tor- schlusspanik und damit zu einer Welle von Baugesuchen. Damit ist für Gemein- den mit einem Zweitwohnungsanteil von mehr als 20 Prozent nun Schluss; die Initiative verbietet in solchen Gemein- den den Bau neuer Feriendomizile. Initiativen für warme Betten Was tun? Vielerorts ist eine Bewegung in Gang gekommen, die letztlich der Ab- sicht der von FranzWebers Organisation Helvetia Nostra lancierten Initiative ent- spricht: Kalte Betten in Ferienwohnun- gen, die fast das ganze Jahr über leer stehen, werden in warme verwandelt. RegionaleVermietungsplattformen, vom Bund unterstützte wie auch private Initi- ativen vom Tessin bis in die Bündner Surselva bringen Leben in die fast 400000 Zweitwohnungen im Schweizer Berggebiet, zumindest ein Anfang ist gemacht. Die Bündner Initianten der Plattform www.warmesbett.ch, Claudio Quinter und Gian Derungs, hoffen, dass künftig auch für Kleinprojekte und Start- ups einfache Lösungen angeboten wer- den, und haben einen entsprechenden Vorschlag beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) deponiert. Sie selber hätten sich gar nicht erst um Subventio- nen bemüht, sagt Claudio Quinter. Denn: «Die Verfahren sind langwierig und zie- len erfahrungsgemäss eher auf grössere Projekte ab. Bei kleinen Projekten sind die Erfolgsaussichten ziemlich gering.» Einen regelrechten Boom bei den Über- nachtungszahlen scheint die Onlinever- mietungsplattform Airbnb ausgelöst zu haben. Tourismusverantwortliche und

Blick auf die wilde Schönheit des Val Lumnezia: Auch hier engagieren sich Einwohner für warme Betten in Zweitwohnungen. Bild: Isabel Plana, Schweizer Berghilfe

Auch die Stadt Luzern schaut Vermie- tern, welche die Plattform von Airbnb nutzen, genauer ins Portemonnaie. Ein- künfte, die aus Übernachtungen erzielt werden, müssen in der Steuererklärung deklariert werden. Zudem werden Ver- mietern vom Steueramt Kurtaxen und Beherbergungsabgaben, die abApril auf 2.80 Franken pro Person und Übernach- tung steigen, in Rechnung gestellt. Avenir Suisse sieht Potenzial Dass die Umwälzungen im Zuge der Zweitwohnungsinitiative auch Chancen bieten, zeigt Avenir Suisse in ihrer jüngs- ten Studie zum Berggebiet auf. Sie kann unter https://tinyurl.com/h6bqzer einge- sehen werden.

vor allem Hoteliers haben an Airbnb aber nicht nur Freude. Im Wallis wird eine «Uberisierung» bei derVermietung von Ferienimmobilien beklagt. DasWallis will Airbnb disziplinieren Branchenvertreter haben darummit Un- terstützung des Kantons und des Bun- des im Rahmen des Programms «Inno- tour» ein Label entwickelt, «um die touristische Beherbergung zu organisie- ren und die Qualität der Dienstleistun- gen zu gewährleisten». Es sei nicht das Ziel, neue Marktteilnehmer zu bekämp- fen, sagt derWalliserWirtschaftsdirektor Jean-Michel Cina auf Anfrage. Diese sollten aber in die Spielregeln, die für andere Vermieter gälten, eingebunden werden. Cina: «Airbnb kann sich ja in die Branchenlösung integrieren.»

Denise Lachat

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SCHWEIZER GEMEINDE 3 l 2017

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