CellitinnenForum_2_2021

MENSCHEN

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„Do kütt d‘r Trötemann“

Zugposaune, Euphonium oder Tenorhorn – Detlef Klein, Techniker im Seniorenhaus St. Maria, ist begeisterter Blechbläser.

glücklichen Gesichter der Seni- oren zu gucken. Das Programm haben wir im letzten Jahr auf die ältere Generation hin ab- gestimmt. ‚Griechischer Wein‘, ‚Rosamunde‘ oder ‚La Montan- ara‘ – da schunkelt, singt oder summt spätestens nach dem zweiten Lied jeder mit. Beim ‚Trompetenecho‘ war ein in sich gekehrter, demenziell veränder- ter Bewohner plötzlich und un- erwartet voll da. Das sind unse- re besonderen Momente, unser schönster Applaus. Oh ja. Sowohl mit als auch ohne das Musikcorps. Nachdem sich herausgestellt hat, dass zwei Kolleginnen Klarinette spie- len, geben wir jeden Freitag ein halbstündiges Gartenkon- zert. Seitdem bin ich für eine Bewohnerin, Frau Fröhlich, „do Trötemann“. Frau Fröhlich sagt freitags auch immer die Lieder an – drei, vier … Und wehe, wir sind noch nicht so weit. Wir ha- ben uns schließlich nach ihr zu richten (lacht). Sie spielen auch im Senioren- haus St. Maria?

Herr Klein, normalerweise kommt man über das Eltern- haus und die Musikschule zu einem Instrument. Wie war das bei Ihnen? 1985 sprach mich ein Freund an, ob ich nicht Lust hätte, in ei- nem Musikcorps mitzumachen. Damals spielte ich weder ein In- strument noch konnte ich Noten lesen. Doch die Idee reizte mich. Ich bekam im Corps Musikun- terricht, übte fleißig und konnte nach einem Jahr auf dem Tenor- horn mitspielen. Das Erlernen der beiden anderen Instrumente kam später und dauerte jeweils auch knapp ein Jahr. Die haben kein Problem damit. Zuhause spiele ich mit einem Dämpfersystem für Blasinstru- mente. Das ist etwas gewöh- nungsbedürftig, weil ich mich über Kopfhörer spielen höre. Nach Feierabend übe ich viel in der Werkstatt des Seniorenhau- ses. Da kann ich nach Lust und Laune und bei voller Lautstärke alles aus den Instrumenten her- ausholen. Was sagen Ihre Nachbarn zu Ihrem Hobby?

Internet-Konferenzschaltungen aus und sprechen uns Mut zu. Niemand bleibt einsam auf der Strecke, dafür sorgt unsere Vor- sitzende Margarete Kobus mit ihrem Gespür für Menschen und deren Bedürfnisse. Irgend- wann wird die Pandemie vor- bei sein. Dann können wir wie- der gemeinsam auftreten und vor Publikum spielen. Doch so ganz lassen wir das gemeinsa- me Musizieren auch jetzt nicht sein. Seit März 2020 spielen wir an Wochenenden in unter- schiedlicher Besetzung und auf Abstand ehrenamtlich an den Gartenzäunen Kölner Senioren- einrichtungen. Ihre Bühne sind normalerweise große Karnevalsveranstaltun- gen, Schützenfeste … Je kleiner der Saal – oder der Garten-, desto intensiver ist der Austausch mit dem Publikum! Ein Lied und ein Witzchen un- seres Trompeters und Spontan- Entertainers Matthias Kunar – und schon ziehen alle mit. Sie glauben gar nicht, wie schön es ist, während der Konzerte in die

Zwischen Nägeln und Schrau- ben: Detlef Klein übt im Keller des Seniorenhauses St. Maria.

Was bedeutet für Sie die Musik? Wenn ich abends oder am Wo- chenende zum Instrument grei- fe, schalte ich ab und lasse den Tag oder die Woche hinter mir. Mein Kopf ist dann vollkommen frei. Ja, der Verein ist für meine Frau – sie spielt Trompete – und für mich wie Familie. Wir sind rund 20 Mitglieder im Al- ter zwischen 15 und 67 Jahren. Unser Zusammenhalt ist ein- malig. Jeder steht für jeden ein. Seit mehr als einem Jahr tau- schen wir uns regelmäßig über Sie sind bei dem Musikcorps Kölner Husaren grün-gelb?

Ein Ständchen für den Geißbock

Mehr Informationen zu dem Musikcorps Kölner Husaren gelb-grün erhalten Sie unter: https://khgg.eu

weile gut in die Welt der Senio- ren und demenziell veränderten Bewohner einfühlen. Wenn Frau Fröhlich von Weitem ruft „Do kütt d‘r Trötemann“ ist das pure Wertschätzung, die mich sehr glücklich macht.

Sie sind also mehr als ‚nur‘ der Haustechniker? Auf jeden Fall! Seit zwei Jahren arbeite ich im Seniorenhaus und habe viel dazugelernt. Dank der Fortbildung ‚erlebensorientierte Pflege‘ kann ich mich mittler- Fotos: DK Fotokunst, Herxheim; Grafiken: Getty Images

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Klein! (S.St.)

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CellitinnenForum 02 | 2021

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