Blickpunkt Schule 1/2024

Lesestoffe auszuwählen, die sich po sitiv auf die Lesemotivation auswirken und die Faszination am Geschichten erzählen und die Freude am Eintau chen in phantastische Lesewelten nachhaltig zu wecken imstande sind. 15 Im Kontext des Nationalen Lese pakts engagiert sich das Land Hessen gemeinsam mit der Stiftung Lesen für die Leseförderung und setzt mit Ini tiativen wie dem ‘Bundesweite(n) Vor lesetag’ oder ‘Ich schenk dir eine Ge schichte’ im Rahmen des ‘Welttag(es) des Buches’ bei der Lesemotivation und der Lesesozialisation an und be zieht so das soziale Umfeld der Schü lerinnen und Schüler – von Familie und Elternhaus über Peer Group und die unterrichtenden Lehrkräfte – be wusst mit ein. Auch die Forschungser kenntnisse zu den unterschiedlichen Leseinteressen und Lesevorlieben von Mädchen und Jungen werden zuneh mend innerhalb der Konzeption dieser Maßnahmen berücksichtigt, sodass – dies ist zumindest ein ermunterndes Resultat der letzten PISA-Studie – die Unterschiede zwischen der Lesekom petenz von Jungen und Mädchen im deutschsprachigen Raum geringer geworden sind. 16 Dass die Eltern und die Familien stärker in die literale Bildung einbezo gen werden müssen und der diesbe zügliche Handlungsbedarf bereits er kannt wurde, lässt sich am Vorhan densein von Initiativen wie ‘Einfach vorlesen!’ oder ‘Lesestart 1-2-3’ sehr klar erkennen. Innerhalb dieser Pro jekte, die ebenfalls von der Stiftung Lesen in Kooperation mit der Deut schen Bahn (‘Einfach vorlesen!’) oder in Zusammenarbeit mit dem Bundes ministerium für Bildung und For schung (‘Lesestart 1-2-3’) finanziert und durchgeführt werden, werden den Eltern und Familien Lektürevorschlä ge unterbreitet, Texte zum Vorlesen – zum Teil medial aufbereitet – bereit gestellt und auch Materialpakete mit Bücherexemplaren gratis zur Verfü gung gestellt. Insbesondere letzterer Aspekt hat sich im Vorlesemonitor als wichtig erwiesen: Je mehr Bücher – Bilder- oder Kinderbücher – in einem Haushalt vorhanden sind, desto grö

ßer die Wahrscheinlichkeit, dass El tern ihren Kindern aus ebenjenen Bü chern auch vorlesen und so zu einem authentischen Lesevorbild werden. 17 Wie sich anhand dieser Ausführun gen deutlich zeigt, mangelt es also nicht an Angeboten oder konkreten Hinweisen bezüglich möglicher Lektü ren oder gar an der Bereitstellung von Medien und Lesematerial. Die ent scheidende Herausforderung besteht in der Aktivierung der Eltern und des familiären Umfelds und ganz aus drücklich auch in der Vermittlung der Notwendigkeit, sich im Hinblick auf die Sprachbildung und die Ausbildung von Literalität zu engagieren und ein zubringen und – vor allen Dingen – neben den Materialien und theoreti schen Hinweisen praktische und le bensnahe Anleitungen zu geben. Genau diesen Ansatz verfolgen För derprogramme, die sich auf die Family Literacy konzentrieren. Die englisch sprachige Formulierung begegnet nicht ohne Grund. Die Ursprünge der Family Literacy liegen im englisch sprachigen Raum und gehen auf die Integrationsschwierigkeiten der Ein wanderer in die USA in den 1980er Jahren, die sich aufgrund mangelnder Englischkenntnisse mit erheblichen Verständigungs- und Sprachschwie rigkeiten konfrontiert sahen, zurück. 18 Tatsächlich liegt der Fokus der Family Literacy auf einer Sprachförderung, die die Integration und die bessere Vernetzung von Familien mit Migrati onshintergrund mit den für sie zu ständigen sozialen Einrichtungen und den Bildungsinstitutionen beabsich tigt und hier gezielt Vorbehalte und Hemmschwellen reduzieren möchte. Dabei setzen Maßnahmen im Kontext der Family Literacy auf eine möglichst frühe Sprachförderung und eine lang fristige und nachhaltige Anlage, die bewusst nicht nur auf pädagogische Einrichtungen beschränkt ist. 19 Strukturelle Gemeinsamkeiten der verschiedenen Programme zur Family Literacy liegen in ihrem generations übergreifenden Ansatz und in der All tagsorientierung der Programminhal te. Familien werden dabei unterstützt, in ihrem Alltag Gesprächsanlässe und

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