Blickpunkt Schule 1/2024

Titelthema

während die Leistungen der Kinder der genannten Akademiker um 21 bzw. 32 Punkte gesunken sind. Zwar hat sich die Zusammenset zung der Schülerschaft seit der letz ten PISA-Runde verändert, jedoch hat dies nur einen geringen Anteil an dem negativen Trend. Modellrechnungen unter der Annahme einer 2018 und 2022 hinsichtlich Sozialstatus und Zuwanderung unverändert zusam mengesetzten Schülerschaft kommen zu dem Ergebnis, dass die Leseleis tungen sich in diesem Fall nur margi nal weniger, um rund 16 Punkte, ver schlechtert hätten, statt wie gemes sen um 18 Punkte. Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren Die Feldphase der PISA-Studie fand mit April bis Juni 2022 zwei Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie statt, zu einem Zeitpunkt, an dem Nach- und Aufholmaßnahmen in Deutschland und anderen Staaten zwar bereits angelaufen waren, mut maßlich aber noch keine nachhaltigen kompensatorischen Wirkungen zeigen konnten. Die Frage, inwieweit der ne gative Trend der Leseleistungen auf die pandemiebedingten Unterrichts einschränkungen zurückzuführen ist, lässt sich aus den Daten jedoch nicht eindeutig beantworten. Ein interna tionaler Vergleich eines Bündels von Maßnahmen, mit denen die Schulen auf die Einschränkungen reagierten,

zeigt, dass Deutschland vergleichs weise schlecht auf das Lernen unter Distanzbedingungen vorbereitet war, auch wenn nach Beginn der Pandemie in vielen Bereichen schnell aufgeholt wurde. Deutlich schlechter als in Deutschland waren die Bedingungen eher unerwartet nur in Japan und Ko rea, während die besten Ausgangsbe dingungen in Neuseeland, Estland und Schweden vorlagen. In Deutsch land lag die Zahl der Tage mit voll ständigen oder teilweisen Schul schließungen mit 183 deutlich über dem OECD-Mittelwert von 135, jedoch weist der deutsche PISA-Bericht aus drücklich darauf hin, dass die negati ven Leistungstrends international nicht systematisch mit der Dauer der Unterrichtseinschränkungen zusam menhängen. Die Bedingungen der familiären Herkunft und Umgebung prägen un ter anderem Einstellungen und Lern gelegenheiten, vermitteln soziales und kulturelles Kapital und haben ins gesamt einen erheblichen Einfluss auf den Lernerfolg. Daher untersucht PI SA auch den sozialen Hintergrund der deutschen Fünfzehnjährigen und des sen Zusammenhang mit den Kompe tenzen. Dazu wird der sogenannte so ziokulturelle Status ermittelt. Im in ternationalen Vergleich zeigt sich da bei, dass der mittlere sozioökonomi sche berufliche Status der deutschen Schüler deutlich unter dem Mittelwert für die OECD liegt. Für 2022 liegen Analysen zum Zusammenhang von

Lesekompetenzen und sozialem Sta tus nicht vor, jedoch wurde im Rah men von PISA 2018 festgestellt, dass dieser Zusammenhang in Deutsch land im internationalen Vergleich ver gleichsweise eng ist und die soziale Herkunft einen erheblichen Teil der festgestellten Leistungsunterschiede erklärt. Dabei blieb der mittlere sozio ökonomische Status der deutschen Schüler zwischen 2018 und 2022 trotz der im Folgenden erläuterten Zuwan derung unverändert. Der Zusammenhang zwischen der Zuwanderung in das deutsche Schul system bzw. der Aufnahme von zuge wanderten Schülern und deren ge messenen Kompetenzwerten ist kom plex. Die Zuwanderung nach Deutsch land spiegelt sich auch in den Schulen wider, verstärkt nach 2015 und zuletzt seit Anfang 2022. Dabei kommen nicht nur Schülerinnen und Schüler in das deutsche Schulsystem, die Teile ihrer Bildungsbiografie in anderen Schulsystemen verbracht haben. Die Mehrzahl der Zugewanderten spricht auch eine andere Muttersprache als Deutsch und steht damit vor der He rausforderung, Deutsch als Bildungs sprache zu erlernen, um ihre Schul laufbahn erfolgreich fortsetzen oder erst beginnen zu können. In 2022 lag der Anteil der Fünfzehnjährigen, die selbst im Ausland geboren waren (1. Generation), deren beide Eltern im Ausland geboren waren (2. Generati on) oder von denen ein Elternteil im Ausland geboren war, bei 38,7 Prozent

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SCHULE

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