Blickpunkt Schule 1/2024

Schulen in allen bildungssprachlichen Fragen durch eine Fachberatung für den Primarbereich und eine weitere Fachberatung für den Sekundarbe reich I abgedeckt. Die Fachberater werden inhaltlich durch das zuständi ge Fachreferat in Hessischen Kultus ministerium gesteuert und erhalten regelmäßige Fortbildungen zu den zu vor genannten Themen, die im Kom petenzzentrum verankert sind. Auf diese Weise gewährleistet Hessen die enge Anknüpfung wissenschaftlicher Forschungsarbeit mit der unterrichts wirksamen Arbeit in der Schulpraxis, um sicherzustellen, dass aktuelle For schung und Entwicklung an der Stelle Berücksichtigung finden, die uns am Herzen liegt: bei unseren Schülern und Lehrern im täglichen Unterricht. Das Zusammenwirken von Hoch schulen und Schulen kann schließlich auch an einem weiteren Beispiel illus triert werden: der Bund-Länder-Ini tiative zur Stärkung von Bildung durch Sprache und Schrift (BiSS-Transfer). Die positive Evaluation aus der ersten Phase von ‘BiSS’ (2013 bis 2019) konnte eindrucksvoll zeigen, dass die entwickelten Instrumente – Materia lien und Fortbildungsformate – nach gewiesen wirksam sind. Diese Er kenntnisse werden in der zweiten Phase der Initiative seit 2020 noch stärker in die Schulpraxis übertragen. Dabei haben insgesamt sieben Ver bünde aus Schulen und – in einigen Fällen: Kindertagesstätten – ihre Ar beit aufgenommen, bis in das Jahr 2025 ein Netzwerk zu bildungs sprachlichen Themenfeldern aufbau en. Die beteiligten Schulen erhalten in diesem Zusammenhang die Gelegen heit, Fortbildungen zu durchlaufen, aber auch wissenschaftliche Beratung und Begleitung bei der Umsetzung von Schulentwicklungsvorhaben mit bildungssprachlicher Zielsetzung in Anspruch zu nehmen. Ausblick und Resümee Auch nach der Veröffentlichung der Ergebnisse aus der aktuellen PISA Studie 2022 steht weiterhin fest, dass das Beherrschen der deutschen Spra

che in Wort und Schrift als gesamt schulische Querschnittsaufgabe zwei felsohne sowohl eine Herausforde rung als auch eine Chance darstellt. Sprache – insbesondere das Register der Bildungssprache Deutsch – ist und bleibt das zentrale Medium, um sich Zugang zu Wissen und Bildung und somit einen Zugang zur Welt zu verschaffen. Wer diesen Schritt geht, dem offenbaren sich zahlreiche Mög lichkeiten in unserer mehr denn je auf Kommunikation ausgerichteten Ge sellschaft. Gleichwohl ist der Weg hin zu einer kompetenten, stilsicheren und adressatenbezogenen Anwen dung der deutschen Sprache keine Selbstverständlichkeit: Er muss von allen Beteiligten nach bestem Wissen und Gewissen unterstützt und geför dert werden. Das schließt neben dem Deutschunterricht, dem naturgemäß eine federführende Funktion dabei zukommt, sämtliche weiteren Unter richtsfächer in der Schule, aber darü ber hinaus auch die Unterstützung der Eltern und Familien, in denen unsere schulpflichtigen Kinder und Jugendli chen viel Zeit verbringen, mit ein. Um Bildungsgerechtigkeit nachhal tig zu sichern und weiter zu stärken, dürfen Sprache und mit ihr die Chan cen auf Teilhabe an unserer Gesell schaft nicht geburtsständischen Prin zipien folgen. Nur wenn alle Beteilig ten – so lautet das Plädoyer dieses Beitrags – ihre gemeinsame Verant wortung wahrnehmen, kann es gelin gen, die Teile des komplexen Prozes ses der Herausbildung bildungs sprachlicher Fertigkeiten so zusam menzusetzen, dass das Ergebnis un sere heranwachsende Generation so gut wie möglich auf die Herausforde rungen vorbereitet, mit denen sie zu künftig in Ausbildung, Studium und Berufsleben, aber auch in nahezu al len Bereichen des kulturellen Lebens in der modernen Gesellschaft kon frontiert sein wird. Mag diese Aufgabe auch vielleicht ebenso anspruchsvoll sein wie der zu Beginn zitierte Prof. Higgins gegenüber seiner Schülerin Eliza Doolittle: Nach wie vor lohnt es sich, diese Anstrengung gemeinsam anzugehen, heute mehr denn je zuvor.

1 vgl. Blawid, Martin: Gutes Deutsch – bessere Chan cen. Das Maßnahmenpaket zur Stärkung der Bil dungssprache Deutsch. In: Hessischer Philologen verband (Hg.): Blickpunkt Schule 2/2022. S. 15-18. 2 vgl. Lewalter, Doris/Diedrich, Jennifer/Goldham mer, Frank/Köller, Olaf/Reiss, Kristina (Hg.): PISA 2022. Analyse der Bildungsergebnisse in Deutsch land. Münster 2023. 3 vgl. Reiss, Kristina/Weis, Mirjam/Klieme, Eckhard/ Köller, Olaf (Hg.): PISA 2018. Grundbildung im in ternationalen Vergleich. Zusammenfassung. S. 9. 4 Dazu gibt es mittlerweile eine breite Basis wissen schaftlicher Belege. Beispielhaft sei hier auf Hel ler/Moreks Beitrag aus dem Jahr 2021 verwiesen: Heller, Vivien/Morek, Miriam: Der Erwerb der Bil dungssprache in Familie und Schule. In: Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung/Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (Hg.): Die Sprache in den Schulen – eine Sprache im Werden. Dritter Bericht zur Lage der deutschen Sprache. Berlin 2021. S. 37-62. 5 Aufgrund der Vielzahl der Personenbezeichnun gen (Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer etc.), die im weiteren Text auftreten, wird im Folgenden das generische Maskulinum verwendet. Dadurch wird die Lesbarkeit erheblich erleichtert. Alle weiteren Geschlechterbezeichnungen sind selbstverständlich einbegriffen. 6 Zit. nach: https://www.gesetze-im-internet.de/ gg/art_6.html (Zugriff: 2. Januar 2024). 7 Wößmann, Ludger/Schoner, Florian/Freundl, Ve ra/Pfaehler, Franziska (Hg.): Der ifo-’Ein Herz für Kinder’-Chancenmonitor. Wie (un-)gerecht sind die Bildungschancen von Kindern aus verschiede nen Familien in Deutschland verteilt? In: ifo Schnelldienst 4/2023 vom 19. April 2023. S. 41. 8 Stellvertretend wird hier auf den entsprechenden Beitrag von Christina Noack in diesem Heft verwie sen. Vgl. zudem: Noack, Christina: Was ist Bil dungssprache? In: Praxis Deutschunterricht 6/2020, S. 4-10; Gogolin, Ingrid/Lange, Imke/Mi chel, Ute u. a. (Hg.): Herausforderung Bildungs sprache – und wie man sie meistert. Münster 2013; Feilke, Helmuth: Bildungssprachliche Kompeten zen – fördern und entwickeln. In: Praxis Deutsch 39/2012, S. 4-13 sowie Schleppegrell, Mary: The Language of Schooling. A Functional Linguistic Perspective. Mahwah 2004. 9 Zit. nach: https://www.kmk.org/fileadmin/Datei en/veroeffentlichungen_beschluesse/2019/2019 _12_05-Beschluss-Bildungssprachl-Kompeten zen.pdf (Zugriff: 2. Januar 2024). 10 Damit wird deutlich jenen Ansätzen widerspro chen, die dem systematischen Üben sogar eine dem Lernprozess kontraproduktive Wirkung attestieren (beispielsweise das mit Jürgen Reichen verbundene Konzept ‘Lesen durch Schreiben’). Zur entspre chenden Kritik daran vgl. Schründer-Lenzen, Agi: Schriftspracherwerb. Wiesbaden 2013, S. 212ff. 11 Blawid, Martin: Korrektur als Hilfe. Ein Plädoyer für eine pädagogisch motivierte und motivierende Rechtschreibkorrektur. In: Klasse leiten für alle Schulformen und Schulstufen. Themenheft Nr. 21: Fördern und Differenzieren. Friedrich-Verlag 2022. S. 20. 12 Kleppin, Karin: Fehler und Fehlerkorrektur. Berlin 1997, S. 15. 13 Zur gezielten Betrachtung der Übergänge in der Vermittlung von Orthografie vgl. Hlebec, Hrvoe/ Sahel, Said (Hg.): Orthographieerwerb im Über gang. Perspektiven auf das Rechtschreiben zwi schen Primar- und Sekundarstufe. Berlin 2022. 14 Zum Themenbereich ‘Family Literacy’ wird auf den entsprechenden Beitrag von Jasmine Groß in diesem Heft verwiesen.

Titelthema

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SCHULE

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