Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2014 (Juli 2014)

Arzneimittel in der Schwangerschaft

Das Angebot, sich bei Fragen oder Unbe- hagen zu melden, sollte zum Schluss nicht fehlen.

Take-home-messages • Kein Arzneimittel ist absolut sicher, aber nur wenige sind definitiv reproduk- tionstoxisch. • Verschiedene Quellen zur Reproduktionstoxizität über die Fachinformation hinaus sollten bekannt und greifbar sein. • Das größte teratogene Risiko besteht im 1. Trimenon. • So wenig wie möglich, aber so viel wie nötig. • Die Arzneimitteltherapie so einfach wie möglich halten (Mono- statt Kombi- nationstherapie) • Physiologische Veränderungen unter der Schwangerschaft können die Phar- makokinetik verändern und eine Dosisanpassung (nicht selten eine Dosiser- höhung!) erfordern.

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wurde kein Einfluss der Schwangerschaft auf die Clearance festgestellt. Eine Do- sisanpassung wäre für diesen Wirkstoff nicht erforderlich. 18 Fazit: Die Frage war: „Ich habe den Bei- packzettel gelesen. Da steht drin, dass dieses Mittel in den ersten drei Mona- ten der Schwangerschaft nur nach stren- ger Indikationsstellung angewandt wer- den darf. Was heißt das denn? Darf ich das nun nehmen oder nicht?“ Frau Meyer muss dahingehend aufgeklärt werden, dass ihr Harnwegsinfekt auf jeden Fall mit einem Antibiotikum behandelt werden muss, weil es sonst unter Umständen zu einer Frühgeburt kommen kann. Dass in den Gebrauchsinformationen eine stren- ge Indikationsstellung gefordert wird, ist nicht ungewöhnlich. Es bedeutet, dass für die besondere Situation schwangerer Pa- tientinnen besonders genau abgewogen werden muss, welcher Wirkstoff die bes­ te therapeutische und die wenigsten un- erwünschten Wirkungen hat. Sofern die Nutzen-Risiko-Bewertung ergeben hat, dass der optimale Wirkstoff in der rich- tigen Dosis verordnet wurde, sollte Frau Meyer bestärkt werden, das Arzneimittel genauso und auch genauso lange einzu- nehmen, wie der Arzt es verordnet hat, um für sie und das ungeborene Kind die größtmögliche Sicherheit zu erreichen.

xin zu. Auch die tubuläre Sekretion ist er- höht. Um ausreichende Wirkstoffkonzen- trationen zu erreichen, muss folglich die Dosis erhöht werden. 20 Bei Wirkstoffen, für die ein Therapeu- tisches Drug Monitoring (TDM) möglich ist - also eine validierte Analysenmethode existiert, eine Korrelation zwischen Kon- zentration und Wirkung besteht, ein the- rapeutischer Bereich definiert ist – sollte die Dosis über die Plasmaspiegelmessung optimiert werden. Für Arzneimittel, de- ren Dosis nicht auf diese Weise einge- stellt werden kann, müssen erwünschte und unerwünschte Wirkungen genau be- obachtet und die Dosis bei Auftreten von Symptomen der Erkrankung erhöht und bei Auftreten von unerwünschten Wir- kungen reduziert werden. Falls Frau Meyer ein Cephalosporin der 2. Generation verordnet bekommen hat, wäre es plausibel, wenn die Dosis rela- tiv hoch angesetzt wäre, denn beispiels- weise für Cefazolin und Cefuroxim ist ein niedrigerer Plasmaspiegel bei Schwange- ren gemessen worden, die die Standard- dosierung erhalten hatten. Um einen the- rapeutischen Effekt zu erzielen, muss al- so die Dosis erhöht und/oder das Einnah- meintervall verkürzt werden. Für das 3. Generations-Cephalosporin Ceftriaxon

10 Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2011 der Apothekerkammer Westfalen-Lippe – l de Apothek kammer Westfalen-Lippe

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