Fortbildung aktuell - Das Journal Nr. 2/2014 (Juli 2014)

Christian Schulz

Der Sicherheitsgurt in der Psychopharmakotherapie Arzneimittelbezogene Probleme erkennen, bewerten und managen

Crash der Wirkstoffe

ren kann. Andererseits birgt der unre- flektierte Umgang mit Psychopharmaka unkalkulierbar hohe Risiken für den ein- zelnen Patienten und seine Mitmenschen; diese Risiken gilt es zu erkennen und zu managen.

Der Straßenverkehr ist eine hochkom- plexe und gefährliche Angelegenheit. Hohe Verkehrsdichte, unangemessene Verhaltensweisen und ungeregelte Pro- zesse führen zu zahlreichen Verletzten und Toten. Um diesem Risikoprozess zu begegnen und sicherer ans Ziel zu kom- men, sind im letzten Jahrhundert viel- fältige Hilfsmittel und Regularien einge- führt worden, vom Dreipunktegurt über das Tempolimit bis zur Beschränkung auf eine gerade noch tolerable Alkoholmen- ge. Ein Ende dieses kontinuierlichen Opti- mierungsprozesses ist – begründeterwei- se – nicht in Sicht. Erfreulich ist das Ergeb- nis: eine konsequente Reduktion der Zahl an Verkehrstoten trotz weiterer Zunahme der Verkehrsdichte. Deutliche Parallelen zum Verkehrspro- zess weist auch der Medikationsprozess auf, diese werden im Folgenden an aus- gewählten Beispielen der Psychopharma- kotherapie verdeutlicht. Allgemein gilt, dass Risiken hochkomplexer Systeme häu- fig mit einfachen Lösungen deutlich ent- schärft werden können. Warum gerade das Themenfeld der Medikation psychi- scher Leiden? Psychische Erkrankungen sind weit verbreitete Phänomene, die In- zidenz/Prävalenz einzelner Erkrankungen hat in den letzten Jahren weiter zuge- nommen. Die Verordnungszahlen der Psychopharmaka befinden sich weiter- hin auf einem hohen Niveau, 1 in Analo- gie zum Straßenverkehr kann von hoher Verkehrsdichte auf unebenen Wegen ge- sprochen werden. Zur Therapie steht ei- ne Vielzahl hochwirksamer Substanzen zur Verfügung, deren überlegter Einsatz auf sicherem Weg zum Therapieziel füh-

Individuelle Risikoprofile

Ein Blick in die ABDA-Datenbank verdeut- licht das Problem: Psychopharmaka ha- ben aufgrund ihrer komplexen Pharma- kodynamik und Pharmakokinetik ein aus- geprägtes Interaktionspotential. Um den angestrebten Nutzen zu erlangen, muss jeder Patient bei der Durchführung ei- ner Pharmakotherapie stets sein individu- elles Risiko tragen. Diese individuelle Ri- sikoausprägung ist multifaktoriell, kon- kret bedeutet dies, dass sie durch Hand- lungen von health care professionals wie Ärzten und Apothekern sowie vom Pati- enten selbst vergrößert oder verringert

Apotheker Christian Schulz (Hiddenhau- sen), langjähriger Filialleiter der Apo- theke im Facharztzentrum Paderborn, ab August 2014 als Krankenhausapothe- ker im Klinikum Herford tätig. Neben seiner Referententätigkeit ist er Autor der Reihe „Top beraten“ in der Deut- schen Apotheker Zeitung.

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Medikationsfehler

Latentes Versagen/Fehler: • Einnahme der Angehörigen nicht erklärt • Beratungsqualität nicht optimal (Verwechslungsgefahr!)

Gefahr: Nicht eindeutige Dosierung auf der Verpackung

Löcher in den Barrieren

Aktives Versagen/Fehler: Apotheke erklärt die Dosierung nicht Uneindeutige Beschriftung

Sicherheitsbarrieren: Richtlinie Abgabe mit allen erforderlichen Hinweisen

Richtlinie Eindeutige Beschriftung

Unerwünschtes Ereignis: Verschlechterung und KH-Aufenthalt

Fachkenntnis Notwendige Beratungskompetenz Hinterfragen des Verständnisses

Modifiziertnach Hanke, Weiterbildung Geriatrische Pharmazie, Nordrhein 2009

Abbildung 1: Verdeutlicht die Komplexität der Situation: Das „Käsescheiben-Modell“.

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