Vitamin K 2_2022

Neues aus der Medizin

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Daten und Fakten Die operative Versorgung eines Bandscheibenvorfalls ist mit etwa 70.000 Fällen jährlich in Deutschland die häu figste OP an der Wirbelsäule. Die meisten Patienten sind zwischen 40 und 50 Jahre alt. Am häufigsten betroffen ist die Lendenwirbelsäule, gefolgt von der Halswirbelsäule und der Brustwirbelsäule. Das Verhältnis beträgt etwa 100:10:1. Als Goldstandard bei Bandscheiben-OPs haben sich mi krochirurgische Eingriffe durchgesetzt. Die Kriterien zur Therapie von Bandscheibenleiden sind in den Leitlinien der AWMF „Spezifischer Kreuzschmerz“ festgehalten. Wasser für den Rücken 23 Bandscheiben sitzen zwischen unseren Rücken wirbeln, puffern die Wirbelsäule ab und sorgen für ihre Beweglichkeit. Der Kern der Bandscheibe, Nucleus pulposus, besteht zu gut 80 Prozent aus Wasser. Bei Belastung verliert der Gallertkern Flüssigkeit, in Ruhe phasen kann er sie wieder aufnehmen. Deshalb ist viel Trinken auch für den Rücken gut. Prof. Bullmann: Leider nur sehr bedingt. Es gibt Menschen, die sind sportlich und schlank und erleiden trotzdem einen Bandscheibenvorfall. Allgemein gut für den Rücken ist ein normales Körpergewicht, Nichtrauchen und regelmäßige Bewegung. Patienten, sich nach der OP etwas ruhiger zu verhalten. Also sechs Wochen kein Sport, keine Krankengymnastik, keine Reha-Maßnahme. Kann man einem Bandscheibenvorfall vorbeugen?

immer. Viele Menschen ab dem mittleren Alter zeigen im MRT Vorwölbungen oder Vorfälle der Bandscheibe, ohne dass ihnen dies Probleme macht. Bei anderen Patienten tre ten heftige Schmerzen auf, die in Beine und Arme ausstrah len. Auch Lähmungen und Gefühlsstörungen kommen vor. Wann ist ein operativer Eingriff erforderlich? Prof. Bullmann: Operiert werden muss erst dann, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind und sich in den klinischen Untersuchungen bestimmte Symptome zeigen: Neben star ken Schmerzen, die sich trotz Schmerztherapie nach sechs bis acht Wochen nicht bessern, sind das Lähmungserschei nungen in Armen und Beinen sowie Gefühlsstörungen. Was wir in der Wirbelsäulenchirurgie als klaren Notfall einstufen, sind Blase-Mastdarm-Störungen. Hier kann es zu Harn- oder Stuhlinkontinenz und zu Taubheitsgefühl im Scham bereich kommen. Diese Notfälle wird man sofort operieren. Wird in Deutschland zu oft operiert? Prof. Bullmann: Über diese Frage ist viel diskutiert worden. Die Deutsche Wirbelsäulengesellschaft, in der ich selbst aktiv mitarbeite, hat mit einer klaren Leitlinie reagiert. Wenn man als Patient unsicher ist, kann man sich eine zweite Meinung in einem zertifizierten Zentrum einholen. Was machen Sie bei einer Bandscheiben-OP und ist diese gefährlich? Prof. Bullmann: Die Standardtechnik ist ein mikrochir urgischer Eingriff: eine Sequestrektomie. Hierbei wird das vorgefallene Gewebe behutsam entfernt. In einigen Fällen – wenn in der Bandscheibe ein großes Loch entsteht – wird eine Nukleotomie gemacht. Dann geht man mit einer kleinen Zange in die Bandscheibe hinein und entfernt dort zusätzliches Gewebe. Der Eingriff erfolgt unter Vollnarkose, das OP-Risiko ist heute sehr gering. Welche Komplikationen können nach der OP auftreten? Prof. Bullmann: Auftreten können Infektionen bei ca. ein Prozent der Fälle. Häufiger ist ein wiederholter Band scheibenvorfall an gleicher Stelle (Rezidiv). Dieses Risiko liegt bei etwa fünf Prozent. Daher empfehlen wir unseren

Dr. Marion Heinrich, Michael Hamel, Dr. Ulf Marnitz Ihr Weg aus den Rückenschmerzen Multimodale Schmerztherapie: Wie sich Orthopädie, Physiotherapie, Psychologie ideal ergänzen. Ursachen, Therapie, Übungen TRIAS Verlag, Stuttgart 2022

Chefärztin Prof. Dr. Viola Bullmann Klinik für Orthopädie II -Wirbelsäulenchirurgie Tel 0221 5591 - 1213

wch.kh-franziskus@cellitinnen.de www.stfranziskus.de St. Franziskus-Hospital | Köln-Ehrenfeld

Vitamin K – Das Gesundheitsmagazin für Köln – Ausgabe 2.2022

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