Blickpunkt Schule 1/2021

Außerdem sei sein 73-jähriger Vater ebenfalls erhöht gefährdet. Nach Ab- lehnung seines Antrages durch das Land Rheinland-Pfalz suchte der An- tragsteller um einstweiligen Rechts- schutz beimVG Neustadt nach. Das Verwaltungsgericht hatte sei- nen Eilantrag abgelehnt. Hiergegen legte der Schüler Beschwerde ein. Das OVG Koblenz hat die Be- schwerde zurückgewiesen und damit die Entscheidung des Verwaltungsge- richts bestätigt. Nach Auffassung des Oberverwal- tungsgerichts steht dem Antragsteller kein Anspruch auf Befreiung vom Prä- senzunterricht und Erteilung von Fern- unterricht zu. An dem im Schulgesetz verankerten Grundsatz des Präsen- zunterrichts habe das Land Rhein- land-Pfalz bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie auch nach der ak- tuellen Zwölften Corona-Bekämp- fungsverordnung vom 30. Oktober 2020 festgehalten. Diese Grundent- scheidung stehe zumindest derzeit mit der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit in Einklang. Die Verfassung gebiete kei- nen vollkommenen Schutz vor jegli- chen Gesundheitsgefahren, zumal im Zusammenhang mit der COVID-19-

Pandemie ein gewisses Infektionsrisi- ko mit dem Coronavirus derzeit für die Gesamtbevölkerung zum allgemeinen Lebensrisiko gehöre. Eine Befreiung vom Präsenzunter- richt komme nach dem Schulgesetz nur im Einzelfall für Schüler in Be- tracht, die aus gesundheitlichen Gründen nicht schulbesuchsfähig sei- en. Ein Recht auf Befreiung bestehe danach grundsätzlich nur dann, wenn die Teilnahme am Präsenzunterricht trotz der getroffenen Hygienemaß- nahmen unzumutbar sei, wenn also die getroffenen Hygienemaßnahmen nicht (mehr) geeignet sein sollten, die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung bzw. eines schweren Krankheitsver- laufs im Einzelfall auf ein zumutbares Maß zu reduzieren. Wie das Verwal- tungsgericht bereits zutreffend aus- geführt habe, seien die vom Antrag- steller vorgelegten Atteste ungeeig- net, diese Voraussetzungen für eine Befreiung glaubhaft zu machen. Die ärztliche Diagnose ’Asthma bronchia- le’ und die Angabe im Attest, zu einer Risikogruppe zu gehören, reichten hierfür nicht aus. Nicht jede Zugehö- rigkeit zu einer nicht näher spezifizier- ten sogenannten Risikogruppe ziehe automatisch – unabhängig von der Anwendung des ’Hygieneplans-Coro-

na für die Schulen in Rheinland-Pfalz’ in der Praxis – einen Anspruch auf Be- freiung vom Präsenzunterricht nach sich. Außerdem gehe der Antragstel- ler nicht auf die vom Land vorgelegte Stellungnahme der Landesärztekam- mer vom 21. September 2020 ein, wo- nach es aus ärztlicher Sicht nur sehr wenige Diagnosen gebe, die die Be- freiung vom Präsenzunterricht in der Schule rechtfertigten, was explizit auch für die Diagnose ’Asthma’ gelte. Bezüglich der vom Antragsteller geltend gemachten erhöhten Vulne- rabilität seines 73-jährigen Vaters sei ergänzend darauf hinzuweisen, dass es nicht imVerantwortungsbereich des Antragsgegners liege, dem An- tragsteller und seinemVater ein abso- lut risikofreies Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt zu ermögli- chen. Es sei den einzelnen Familien- mitgliedern zumutbar, selbst ver- stärkte Hygienemaßnahmen zu er- greifen, wenn sie dies für notwendig erachteten. Einen Anspruch auf ’Voll- isolation des Familienverbundes’ hät- ten sie nicht. Vorinstanz: VG Neustadt, Beschluss vom 15. Oktober 2020 – 5 L 827/20.NW. Quelle: Pressemitteilung des

Rechtstipps

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OVG Koblenz Nr. 29/2020 vom 24. November 2020

Mund-Nasen-Schutz im Unterricht: Ärztliche Bescheinigungen müssen konkrete Angaben enthalten

D as VG Braunschweig hat in einem Eilverfahren ent- schieden, dass ärztliche Be- scheinigungen zur Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines Mund-Na- sen-Schutzes im Schulunterricht in Niedersachsen konkrete Angaben unter anderem zu den gesundheitli- chen Beeinträchtigungen enthalten müssen. Bei den Antragstellern handelt es sich um Geschwister, die seit Beginn

des Schuljahres ein Helmstedter Gymnasium besuchen. Sie legten der Schule das Attest einer Berliner Hausarztpraxis vor, in dem es heißt, dass sich die Antragsteller dort in ambulanter Behandlung befänden und aus ärztlicher Sicht nicht emp- fohlen sei, eine Maske zu tragen. Weitere Angaben hat die Bescheini- gung nicht enthalten. Die Schule for- derte die Antragsteller auf, eine aus- sagekräftige ärztliche Bescheinigung

vorzulegen. Daraufhin machten die Antragsteller geltend, sie sähen sich nicht verpflichtet, ihre Erkrankungen anzugeben, eine dahin gehende Auf- forderung verletze sie in ihren grund- rechtlich geschützten Persönlich- keitsrechten. ImWege eines Eilan- trages beantragten sie bei Gericht die Feststellung, dass sie ohne Mundschutz zur Teilnahme am Un- terricht berechtigt seien und dass sie nicht verpflichtet seien mitzu-

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