Blickpunkt Schule 1/2022

Corona-Testpflicht an Schulen (unter anderemmit ’Lollytests’) war rechtmäßig

Das Land Hessen schrieb europaweit die Bereitstellung eines Videokonfe- renzsystems für alle 2000 hessischen Schulen aus. Das System sollte daten- schutzkonform zuverlässig Distanz- unterricht ermöglichen, wenn Präsenz- unterricht nicht stattfinden kann. Die Kapazität sollte die gleichzeitige Teil- nahme von 200000, in Spitzenzeiten 450000 Schülern ermöglichen. Die Bieter sollten zum Nachweis ihrer Eig- nung eine Referenz über die Bereitstel- lung einer Videokonferenzsystem-Um- gebung einreichen. Das Land Hessen beabsichtigte, einer Mitbieterin der hie- sigen Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen. Hiergegen richtete sich das von der Antragstellerin eingeleitete Vergabenachprüfungsverfahren. Die Vergabekammer hat wegen Mängeln der Ausschreibung im Bereich der Eig- nungskriterien das Vergabeverfahren in das Stadium vor Veröffentlichung der Bekanntmachung zurückversetzt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Das Land sei bei der Eignungsprü- fung von einem intransparenten Begriff des Videokonferenzsystems ausgegan- gen, denn es habe angenommen, dass auch solche Produkte referenziert wer- den dürften, die noch nicht einmal die Kernelemente der ausgeschriebenen Leistung beinhalteten. Zu den Kernele- menten der ausgeschriebenen Leistung gehöre jedenfalls eine Mindestanzahl an gleichzeitig unterstützten Videokon- ferenzräumen (diese repräsentieren die Klassenzimmer), in denen alle Teilneh- mer in Klassenstärke sichtbar seien bei browsergestützter Arbeitsweise. Die Re- ferenz des Bieters, der nach Einschät- zung des Landes den Zuschlag erhalten sollte, habe keine im Ansatz vergleich- bare Leistung zum Gegenstand gehabt. Da die Eignungskriterien eine Prog- noseentscheidung über die Leistungs- fähigkeit der Bieter ermöglichen sollen, müsse das Land in eigener Zuständig- keit seine Ausschreibungsunterlagen überarbeiten. Das Vergabeverfahren sei deshalb auf den Stand der Ausschrei- bung zurückgesetzt worden. Der Be- schluss ist nicht anfechtbar. Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 82/2021 vom 23. Dezember 2021

D as Verwaltungsgericht Ko- blenz (Az.: 4 K 407/21.KO) hat am 28. Oktober 2021 entschieden, dass die in der 26. Corona-Be- kämpfungsverordnung Rheinland- Pfalz in der Fassung vom 8. Oktober 2021 (26. CoBeLVO) geregelte Co- rona-Testpflicht als Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzun- terricht in rheinland-pfälzischen Schulen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 26. CoBeLVO war die Teilnahme am Präsenzunterricht nur für Schüle- rinnen und Schüler zulässig, die ge- nesen oder geimpft waren, oder die zweimal in der Woche in der Schule mittels eines anerkannten Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 getestet wurden oder die zu Beginn des Schultages über einen Nachweis verfügten, dass kei- ne Infektion mit dem SARS-CoV-2- Virus vorlag. Der Kläger ist Grund- schüler. Er begehrte vom Beklagten, ihm ausnahmsweise die Teilnahme am Präsenzunterricht ohne Durch- führung von Testungen zu gestat- ten. Zur Begründung berief er sich darauf, dass die Testpflicht einen unverhältnismäßigen Eingriff in sei- ne Grundrechte und einen Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonven- tion darstelle, sowie außerdem auf die hohe Fehleranfälligkeit der Tests. Darüber hinaus sei sie gleich- heitswidrig, weil sie nicht auch für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin- nen vorgesehen sei. Der Beklagte lehnte die Erteilung einer Ausnah- megenehmigung unter Hinweis auf die Gesetzeslage ab, informierte die Schulen aber darüber, dass in medi- zinisch begründeten Fällen künftig auch sogenannte Lollytests akzep- tiert würden. Dagegen erhob der Kläger Klage vor demVerwaltungsgericht Ko- blenz. Mit dieser begehrte er unter anderem die Feststellung, auch oh- ne Durchführung eines anerkann-

ten Corona-Tests am Präsenzun- terricht teilnehmen zu dürfen. Die Klage hatte keinen Erfolg. Der Kläger, so die Koblenzer Richter, habe keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Denn die angegriffene Testpflicht sei recht- mäßig. Sie beruhe auf einer wirksa- men Verordnungsermächtigung. Die Testpflicht an Schulen sei auch nicht unverhältnismäßig. Insbeson- dere trage sie zur Reduzierung des Infektionsgeschehens bei, was für die Annahme ihrer Geeignetheit genüge. Die bisherigen Erfahrun- gen hätten gezeigt, dass durch re- gelmäßige Testungen Infektionen frühzeitig erkannt würden und da- durch die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs ermöglicht werde. Die Testpflicht sei auch erforderlich und angemessen. Mildere, gleich geeignete Mittel existierten nicht. Darüber hinaus habe der grundge- setzlich verankerte Schutz der Ge- sundheit der Bevölkerung unab- hängig vom Fortschritt der Impf- kampagne und der Auslastung der intensivmedizinischen Kapazitäten deutlich größere Bedeutung als die mit der Testpflicht verbundenen und allenfalls als gering einzustu- fenden Eingriffe in die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit, des allgemeinen Persönlichkeits- rechts, der allgemeinen Hand- lungsfreiheit sowie der elterlichen Erziehung und Fürsorge. Dabei sei- en die (zum Zeitpunkt der Ent- scheidung noch) fehlende Zulas- sung von Impfstoffen für Kinder im Grundschulalter sowie ferner zu berücksichtigen, dass in Schulen gleichzeitig viele Menschen auf en- gem Raum zusammenträfen und Abstände oftmals nicht eingehal- ten werden könnten. Die weitge- hend einheitlich zu beurteilende Si- tuation an Schulen sei zudemmit der von Arbeitnehmern und Arbeit- nehmerinnen, deren Arbeitsplätze äußerst unterschiedlich ausgestal-

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