Blickpunkt Schule 1/2022

fahren (Az.: 1 A 863/18, 1 A 2704/20) am 30. November 2021 festgestellt, dass die Beamtenbesoldung in Hessen in den Jahren 2013 bis 2020 nicht den verfassungsrechtlichen Anforderun- gen entsprochen hat. Diese Verfahren hat der dbb Hessen initiiert. Das Land Hessen ist durch das Grundgesetz verpflichtet, seine Be- amtinnen und Beamten angemessen zu besolden. Das Bundesverfassungs- gericht hat verschiedene Kriterien entwickelt, mit deren Hilfe die Ange- messenheit der Beamtenbesoldung überprüft werden kann. Dazu gehört unter anderem ein Abstand der Be- amtenbesoldung zur Grundsicherung für Arbeitssuchende. Die Besoldung der Beamtinnen und Beamten in der untersten Besoldungsgruppe muss mindestens fünfzehn Prozent über dem Grundsicherungsniveau liegen. Verglichen werden dabei Alleinver- dienerfamilien mit zwei minderjähri- gen Kindern, da die vierköpfige Allein- in schwerwiegender Weise seine Ver- fassungstreuepflicht verletzt und des- halb imDisziplinarwege aus dem Be- amtenverhältnis entfernt werden kann. Der Beklagte ist Regierungsober- sekretär (Besoldungsgruppe A 7) im Bundesdienst und wird beim Bundes- nachrichtendienst verwendet. Im Jahr 2017 hat der Bundesnachrichten- dienst Kenntnis davon erlangt, dass der Beklagte im Juli 2015 beim Land- ratsamt Starnberg einen Staatsange- hörigkeitsausweis beantragt und da- bei unter anderem als Geburts- und Wohnsitzstaat jeweils ’Königreich Bayern’ angegeben und sich auf das ’RuStAG Stand 1913’ (= Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung von 1913) bezogen hat. Auf die vom BND erhobene Diszipli- narklage hat das Bundesverwaltungs-

verdienerfamilie Bezugsgröße in der Besoldungspraxis ist. Außerdemmuss zwischen den einzelnen Besoldungs- gruppen ein hinreichend großer Ab- stand gewahrt werden. Das heißt, Be- amtinnen und Beamte der höheren Besoldungsgruppen müssen wegen der höheren Wertigkeit der ihnen an- vertrauten Tätigkeiten ein höheres Einkommen haben als Beamtinnen und Beamte der niedrigeren Besol- dungsgruppen. Der für das öffentliche Dienstrecht zuständige 1. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat heute in zwei Verfahren festgestellt, dass die Beamtenbesoldung in Hessen in den Jahren 2013 bis 2020 nicht den ver- fassungsrechtlichen Anforderungen entsprochen hat. In den einzelnen Jahren wird bis zur Besoldungsgruppe A 9, teilweise auch bis zur Besol- dungsgruppe A 10 der notwendige Mindestabstand zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nicht eingehal- ten. Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung hierfür gibt es nicht. gericht den beklagten Beamten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Es hat zur Begründung insbesondere ausgeführt: Mit dem oben beschrie- benen Verhalten stellt ein Beamter die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Abrede und lehnt da- mit die freiheitlich demokratische Grundordnung ab. Dadurch verletzt er seine gesetzlich normierte Verfas- sungstreuepflicht (§ 60 Abs. 1 Satz 3 BBG) in schwerwiegender Weise. Im Streitfall hat der beklagte Beam- te einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt und dabei in vielfacher Wei- se die Begriffe ’Königreich Bayern’ und ’RuStAG 1913’ verwendet. Darin liegt objektiv die im Behördenverkehr ab- gegebene Erklärung, dass die Bundes- republik Deutschland nicht besteht. Als Beamter weiß er um die Bedeutung

eines so formulierten Antrags. Zu- gleich ist ein solches Verhalten typisch für die sogenannte Reichsbürger-Sze- ne, die gerade durch diese Leugnung gekennzeichnet ist. Der Beamte hat zwar angegeben, kein ’Reichsbürger’ zu sein, aber auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwal- tungsgericht nicht plausibel erklären können, warum er sich in dieser Weise verhalten hat. Bei der im Disziplinar- recht im jeweiligen Einzelfall anzustel- lenden Gesamtabwägung konnten ihn wegen der Schwere des in der Verlet- zung der Verfassungstreuepflicht lie- genden Dienstvergehens auch die für ihn sprechenden Umstände nicht vor der Entfernung aus dem Beamtenver- hältnis bewahren.

20 Rechtstipps SCHULE

Quelle: Pressemitteilung des BVerwG Nr. 78/2021 vom 2. Dezember 2021

Beamtenbesoldung in Hessen verfassungswidrig zu niedrig D er Hessische Verwaltungsge- richtshof Kassel hat in zwei Ver-

Von diesem Defizit der A-Besoldung der Beamtinnen und Beamten wird auch die nach der Besoldungsgruppe W 2 erfolgende Besoldung von Pro- fessorinnen und Professoren erfasst, da sich diese an der A-Besoldung ori- entiert. Da es dem Hessischen Verwal- tungsgerichtshof verwehrt ist, die Verfassungswidrigkeit der vom Ge- setzgeber geschaffenen Beamten- besoldung selbst verbindlich festzu- stellen, hat er dem hierfür zuständi- gen Bundesverfassungsgericht ein die Besoldung nach Besoldungs- gruppe A 6 betreffendes sowie ein die Professorenbesoldung nach Be- soldungsgruppe W 2 betreffendes Verfahren zur Entscheidung vorge- legt, ob die jeweilige Besoldung im Zeitraum 1. Juli 2016 bis einschließ- lich 2020 (Besoldung nach A 6) und im Zeitraum von 2013 bis 2020 (Be- soldung nach W 2) verfassungsge- mäß gewesen ist. Quelle: Pressemitteilung des VGH Kassel Nr. 26/2021 vom 30. November 2021

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