Blickpunkt Schule 3/2021

Rechts- tipps

von STEPHAN F. DIETZ Justiziar des Hessischen Philologenverbandes

Foto: AA+W/AdobeStock

Rechtstipps

Info

Naturgemäß stehen auch die gerichtlichen Entscheidungen zu schulrechtlichen Fragen der letzten Monate unter dem Einfluss der schulischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Nachdem ich in den letzten Ausgaben unserer Zeitschrift über die Urteile zum Beispiel zur Verpflichtung zumTragen einer Maske berichtet habe, stand in den letzten Wochen die Beaufsichtigung der Testungen der Kinder im gerichtlichen Entscheidungsfokus.

Keine Zuständigkeit der Familiengerichte zur Überprüfung von Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen D as OLG Jena (Az.: 1 UF 136/21) hat- te sich mit einer Beschwerde des In dem daraufhin eingeleiteten Eil- verfahren hat das Familiengericht den Lehrern, den Schulleitungen sowie

ben, den Rechtsweg zu den ordentli- chen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren eingestellt. Zur Begründung führt das Oberlan- desgericht aus, dass das Amtsgericht vor einer Sachentscheidung gehalten gewesen wäre, vorab über seine Zu- ständigkeit zu entscheiden. Für das mit der Anregung der Eltern verfolgte Ziel, zum Schutz der Kinder schulin- terne Maßnahmen, wie die Anordnung zumTragen eines Mund-Nasen- Schutzes und die Abstandsregeln, au- ßer Kraft zu setzen und die Rechtmä- ßigkeit der diesen Anordnungen zu- grunde liegenden Vorschriften zu überprüfen, fehle es an einer Rege- lungskompetenz des Familiengerich- tes. Im Rahmen des schulrechtlichen Sonderstatusverhältnisses seien die zuständigen Behörden an die das Kin- deswohl schützenden Grundrechte gebunden. Die gerichtliche Kontrolle dieses Behördenhandelns – auch hin- sichtlich von Gesundheitsschutzmaß- nahmen in den jeweiligen Schulen – obliege allein den Verwaltungsgerich- ten. Eine Befugnis des Familiengerichts zum Erlass von Anordnungen zur Durchsetzung des Kindeswohls ge- genüber Behörden bzw. Beamten die- ser Behörden folge insbesondere

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Freistaates Thüringen gegen einen Be- schluss des AGWeimar zu befassen. Die Eltern von zwei Kindern, die in Weimar zur Schule gehen, hatten beim Familiengericht Weimar ange- regt, von Amts wegen zu deren Schutz ein Verfahren wegen Kindeswohlge- fährdung einzuleiten. Sie vertreten die Ansicht, das körperliche, seelische und geistige Wohl der Kinder und aller weiteren Kinder, die die gleichen Schulen wie ihre Söhne besuchen, sei aufgrund der Anordnungen zumTra- gen eines Mund-und-Nasen-Schut- zes und zur Wahrung räumlicher Dis- tanz gefährdet. Deshalb haben sie ei- ne Rechtmäßigkeitsüberprüfung der diesen Anordnungen zugrunde lie- genden Vorschriften, insbesondere der Dritten Verordnung über außeror- dentliche Sondermaßnahmen zur Ein- dämmung einer sprunghaften Aus- breitung des Coronavirus SARS-CoV- 2, gültig ab 15. Dezember 2020, zu- letzt geändert am 12. März 2021, an- geregt.

deren Vorgesetzten einstweilen unter- sagt, das Maskentragen, die Einhal- tung von Mindestabständen und die Teilnahme an Schnelltests zur Fest- stellung des Virus SARS-CoV-2 anzu- ordnen oder vorzuschreiben. Weiter gebot es den Leitungen und den Leh- rern der von den beteiligten Kindern besuchten Schulen, den Präsenzun- terricht aufrechtzuerhalten. Das Fa- miliengericht ist bei seiner Entschei- dung von der eigenen Zuständigkeit ausgegangen und hat seine Anord- nungen mit einer gegenwärtigen Kin- deswohlgefährdung durch die von den Eltern kritisierten Maßnahmen und dem Unvermögen der Eltern, diese Gefahr von den Kindern abzuwenden, begründet. Auf die sofortige Beschwerde des Freistaates Thüringen hat das Thürin- ger Oberlandesgericht mit Beschluss vom 14. Mai 2021 den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Weimar vom 9. April 2021 aufgeho-

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