Blickpunkt Schule 2/2021

Klartext

Bilder: JRP Studio | SpicyTruffel/AdobeStock | Montage: Heinemann

Digitale Endgeräte für Lehrkräfte nach den Osterferien – leere Nester oder faule Eier?

M it großer Skepsis steht der Hessische Philologenver- band (hphv) der Ankündi- gung des Hessischen Kultusministeri- ums gegenüber, nach den Osterferien 73 000 digitale Endgeräte für die Lehrkräfte des Landes bereitzustellen und auszuliefern. Er glaubt nicht, dass diese Zeitvorgabe bei einer so großen Menge an Geräten eingehalten wer- den kann. Aus Sicht des hphv wäre daher eine Geldzuschusslösung – verknüpft mit technischen Mindest- standards – einfacher umzusetzen gewesen und hätte passgenauer auf die individuellen Bedarfe der Lehr- kräfte eingehen können. Viele haben sich nämlich für den Distanzunterricht während der Corona-Pandemie be- reits auf eigene Kosten die entspre- chende Soft- und Hardware selbst zu- gelegt. Die Maßnahme kommt für den hphv daher deutlich zu spät. Doch auch wenn die versprochenen Tablets und Laptops tatsächlich ge- liefert werden können, ist bereits be- kannt, dass die Geräte jetzt schon veraltet sind und nicht dem aktuellen technischen Stand entsprechen. Sie verfügen bspw. über einen so gerin- gen Arbeitsspeicher, dass bestimmte Programme, die für den Unterricht in den Naturwissenschaften, Informatik

und anderen Fächern genutzt werden, auf ihnen nicht laufen. »Sie sind also eher faule Eier als ein Ostergeschenk von Herrn Lorz«, wie Boris Krüger, Vorsitzender des zuständigen hphv- Ausschusses für berufspraktische Fra- gen, kritisch konstatiert. Immomentan vom Hessischen Kul- tusministerium beschrittenen Weg bleiben ferner Fragen nach Erstein- richtung, Gerätepflege und Support ungeklärt: Die IT der Schulen und der Schulträger ist nicht erst seit der Pandemie voll ausgelastet. Für neu ausgeschriebene Stellen findet sich schon jetzt kein geeignetes Fachper- sonal, da man in der freien Wirtschaft mehr Geld zu besseren Arbeitskondi- tionen verdient. Schließlich ist aus ge- werkschaftlicher Sicht die fehlende Beteiligung der Personalvertretungs- gremien bei der Auswahl der Geräte zu bemängeln. Der hphv fordert statt der Top- down-Lösungen des Hessischen Kul- tusministeriums, die am Bedarf der Lehrkräfte vorbeigehen, künftig Bot- tom-up-Lösungen: Da die Beschaf- fung und Auslieferung einer so großen Geräteanzahl ohnehin margenweise geschehen wird, sollten mit den ers- ten Lieferungen die dringenden Be- darfe gedeckt werden (zunächst für

Lehrkräfte ohne eigene Endgeräte). Für die zweite und alle weiteren Mar- gen sind mehr Wahlmöglichkeiten an- zubieten. Der hphv will sich noch ein- mal nachdrücklich dafür einsetzen, dass für Lehrkräfte, die bereits in pri- vate IT für den beruflichen Kontext in- vestiert haben (diese würden durch die erste Marge an Lieferungen noch nicht bedacht), doch eine Wahlmög- lichkeit für einen finanziellen Zu- schuss geschaffen wird. Ferner dringt er darauf, sowohl die Personalräte auf den verschiedenen Ebenen im Rah- men der Mitbestimmung in den Ent- scheidungsprozess von jetzt an mit einzubeziehen als auch entsprechen- de Wartungs- und Supportverträge für die langfristige Gerätepflege ab- zuschließen. Boris Krüger abschlie- ßend: »Das Hessische Kultusministe- rium darf bei der Anschaffung von di- gitalen Endgeräten nicht zu Billiglö- sungen greifen, sondern muss genü- gend Geld in die Hand nehmen, um die aktuellen technischen Standards langfristig zu erfüllen. Denn nur so können sie sinnvoll eingesetzt werden, wenn aufgrund von möglichen neuen Schulschließungen der Distanzunter- richt wieder ausgeweitet werden muss.« Ausschuss für berufspraktische Fragen (BPA)

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