Blickpunkt Schule 2/2021

unterrichts akribisch daran, ansprechende, effektive, didak- tisch wertvolle Konzepte zu entwickeln, um ihren Schülerin- nen und Schülern in dieser Phase den bestmöglichen (Dis- tanz-)Unterricht bieten zu können. Alle diese Lehrkräfte haben meiner Einschätzung nach einen weit höheren Ar- beitsaufwand, als dies üblicherweise der Fall ist. Dies geht besonders zulasten der Teilzeitlehrkräfte! GOTTA-LEGER: Hier möchte ich aus zwei Perspektiven ant- worten. Als Lehrkraft nahm der Faktor Arbeitszeit deutlich zu: Aufgrund des fehlenden persönlichen Kontakts im Klas- senzimmer bzw. vor Ort in der Schule mussten zusätzliche Gesprächstermine über Telefon oder Videokonferenztools mit Schülerinnen und Schülern, Eltern und Erziehungsbe- rechtigten sowie Kolleginnen und Kollegen stattfinden. Aus der Perspektive eines Admins war die zeitliche Be- lastung mit Blick auf administrative Tätigkeiten, wie Zu- gangsdaten neu erstellen, Verfahrensanweisungen formu- lieren, Online-Fortbildungen, digitale Handbücher erstel- len etc. eine zusätzliche zeitliche Komponente, die den Workflow in den Monaten März bis Mai 2020 sehr angeho- ben hat. Aus beiden Perspektiven heraus möchte ich festhalten, dass alle Kolleginnen und Kollegen und weitere Akteure sehr viel Zeit und Kraft – über ihre unterrichtlichen Ver- pflichtungen hinaus – investiert haben, um im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten ihr Bestes zur Sicherstellung von Unterricht zu leisten. Der Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen, die mit Blick auf ihre Schülerinnen und Schüler sehr viel Zeit zusätzlich, in den letzten Monaten der Pande- mie, investiert haben. MEISS: Bei jeder Kollegin und jedem Kollegen war dies un- terschiedlich: Welche Fächer in welchen Jahrgängen? Musste man in Physik das Experimentieren emulieren oder in Englisch die Aussprache üben? Mussten die eigenen Kin- der zu Hause betreut werden oder Eltern gepflegt? Dies lässt sich schwerlich verallgemeinern. ?? Mit welchen zusätzlichen Belastungen mussten Sie persönlich umgehen? KIRCHEN: Extreme zeitliche Mehrbelastung durch die Un- terrichtsvorbereitung und die Kontrolle mit Rückmeldun- gen über Lanis, Kennenlernen verschiedener Kommunika- tionssysteme: Jitsi, Skype, Zoom, Lanis, BBB und weitere Sorge um Familienangehörige. RAU: Es ist ein belastendes Gefühl, im Präsenzunterricht der geballten Virenlast relativ schutzlos ausgesetzt zu sein. Während weite Teile der Bevölkerung seit Anfang Novem- ber 2020 bis mindestens Ende März 2021 im Lockdown re- lativ virensicher leben sowie ihre Arbeit per Homeoffice ver- richten können und private Kontaktbeschränkungen die gesamte Republik im Griff haben, stehen Lehrerinnen und Lehrer täglich an der ’Virenfront’ mehreren Dutzenden Haushalten direkt gegenüber. In den Zeiten vom Beginn des Schuljahres im August 2020 bis Anfang November

oder sogar darüber hinaus lag die Zahl der Haushalte bei vollen Lerngruppen im Präsenzunterricht für viele Kollegin- nen und Kollegen oft sogar täglich im dreistelligen Bereich. • Da hilft auch nicht der Verweis auf die Einhaltung schuli- scher Hygienepläne. In Räumen, in denen der inzwischen geforderte Mindestabstand von eineinhalb Metern nur zustande kommt, wenn man ihn von Tischmittelpunkt zu Tischmittelpunkt misst, ist das Unterrichten von sehr beklemmenden Gefühlen begleitet! Hinzu kommen die je nach Raum sehr unterschiedlich vorhandenen Mög- lichkeiten des Lüftens. • Auch ein Verweis auf die vermeintliche Sicherheit von FFP2-Masken ist nicht beruhigend. Diese haben zudem erst allmählich im Laufe des letzten Jahres Einzug in den schulischen Alltag gehalten. Außerdem sind sie, will man die arbeitsschutzrechtlichen Hinweise einhalten, für den Unterricht nur sehr begrenzt tauglich. Schulpausen und Maskenpausen sind eigentlich nicht kompatibel! Ver- setzte Schulpausen lassen sich nun einmal nicht in allen Schulformen bzw. Schulsystemen einrichten. SCHMITT: Ich habe mich früh dazu entschieden, meine Lernsequenzen nicht via Videokonferenz zu gestalten, son- dern mit Wochenplänen und Lernvideos (Erklärvideos und Lösungsvideos). Seitens des Kollegiums, der Schülerschaft und auch der eigenen Familie habe ich wahrgenommen, dass nur der digitale Unterricht als sinnvoll und gut emp- funden wurde, der laut Stundenplan per Videokonferenz stattfand. Der Arbeitsaufwand hinter einem durchdachten Lernvideo ist enorm und wurde scheinbar weder gesehen noch wertgeschätzt. BOCK: Die Sorge um die Gesundheit meiner Familie über- traf alles bisher Dagewesene. Ich war mit einer der Ersten, die in der Frühphase im März 2020 bereits mit Schutzmas- ke in die Schule kam und noch heute nutze ich Masken mit größtmöglicher Schutzwirkung, um bloß nicht eine Infekti- on in die Familie zu tragen. GOTTA-LEGER: Nicht im persönlichen Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern zu stehen, sondern lediglich über Telefon, E-Mail, MS-Teams (Videokonferenzen) in Kontakt treten zu können, empfand ich anfangs als schwierig. Das persönliche Gespräch finde ich in meinem Berufsfeld unerlässlich und daher empfand ich den Mangel an direkten Kontakten zunächst als Belastung. Mittlerweile ist der persönliche Kontakt auch über digitale Wege ge- währleistet, allerdings mussten hierfür zunächst bei allen Beteiligten (bei mir selbst, bei Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schülern, Eltern) Hemmschwellen abge- baut werden, um zu einem wirklich vertrauensvollen und sich halbwegs ’normal’ anfühlenden Austausch zu kom- men. MEISS: Ich versuche es an einem konkreten Montag deut- lich zu machen: • 1. und 2. Stunde zusätzliche Mit-Klausuraufsicht, da der Kurs auf zwei Räume aufgeteilt wurde >>

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