Blickpunkt Schule 2/2021

• sogenanntes Notabitur für die aus Krieg und Gefangen- schaft heimkehrenden Soldaten ab 1945; • die von sogenannten Kurzschuljahren begleitete Um- stellung des Schuljahresbeginns in den 1960er-Jahren in Westdeutschland. Diese ’Schüler-Generationen’ sind auch nicht mit dem Eti- kett ’Bildungsdefizite’ belegt worden – und dies, obgleich sie noch nicht einmal digital gestützten Distanzunterricht haben konnten …! SCHMITT: Die Rede von einer ’verlorenen Generation’ oder Ähnlichem ist mir viel zu plakativ. Ein guter Teil meiner Schülerinnen und Schüler mag zwar nicht so effektiv ge- lernt haben wie im Präsenzunterricht, doch sind auch sie an und mit der Situation gewachsen. Meine Abschlussklas- sen sind gut auf ihre Prüfungen vorbereitet. Das Problem ist die Schere, die sich im Distanzunterricht aufgetan hat: Einige wurden völlig abgehängt, sei es durch fehlende technische Ausstattung oder fehlende familiäre Rahmen- bedingungen. Für diejenigen muss eine Perspektive her: Ei- ne Aussetzung der Versetzungskriterien wie im letzten Schuljahr ist zwar einfach, pädagogisch jedoch zu kurz ge- dacht. BOCK: Mein Eindruck ist, dass die ’Generation Corona’ die erste sein wird, die sich nicht nur aus persönlichem Interes- se für Informationstechnologie und den Umgang damit in- teressieren und darin auskennen wird, sondern damit im weiteren Verlauf ihrer Ausbildung bis hin zu Studium und Beruf in nie dagewesener Weise professionell umzugehen weiß. Diese Kompetenzen wiegen ein (falls überhaupt nachhaltig vorhandenes) Bildungsdefizit voraussichtlich mehr als voll auf. GOTTA-LEGER: Ich sehe als Kernproblem den Mangel an sozialen Kontakten, wie in der siebten Frage beantwortet. Die Schülerinnen und Schüler benötigen den Austausch mit Gleichaltrigen in ihrem gewohnten Umfeld der Schule. Wenn diese Parameter wieder gewährleistet sind und die Lernenden dort wieder stabil angekommen sind, kann versäumter Unterrichtsstoff nachgeholt werden. MEISS: Dies lässt sich noch nicht abschätzen, bei manchen viel und auf alle Bereiche der Entwicklung bezogen, andere konnten gut damit umgehen und haben keine grundlegen- den Defizite aufzuarbeiten ?? Inwiefern fühlen Sie sich als Lehrkraft in Ihrer Arbeit während der Krise wertgeschätzt? (seitens der Politik, der Schulleitung, der Schülerinnen/Schüler und Eltern) KIRCHEN: Politik? Habe ich nichts gemerkt. Schulleitung – sieht, welche zusätzlichen Aufgaben zu bewältigen sind, welche emotionalen Belastungen mit Corona verbunden sind und ist bemüht, die neuen Lasten fair zu verteilen und auf individuelle Bedürfnisse einzu- gehen.

Klartext

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Bild: peter brauers/AdobeStock

Schülerinnen und Schüler – sehr freundlicher Umgang in den Videokonferenzen und in den Unterhaltungen, Rück- fragen zu Arbeitsaufgaben, positive Rückmeldungen bei Feedbackrunden. Eltern – einige positive Rückmeldungen, aber viele El- tern sind selbst sehr belastet. RAU: Wertschätzung seitens der Politik kann ich nicht wirklich erkennen. Hierzu finden sich in manchen Antwor- ten zu anderen Fragen bereits Aussagen. Erwähnt sei noch: • Die Kurzfristigkeit, mit der seitens der Politik/des Hessi- schen Kultusministeriums umzusetzende Neurungen kommen, ist alles andere als wertschätzend. • Zudem finden sich nur selten widerspruchsfreie Schrei- ben oder präzise formulierte Verlautbarungen aus dem Hessischen Kultusministerium. • Als der insgesamt gesehen mit großem Engagement von Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern ad hoc ge- meisterte Distanzunterricht von März 2020 bis zu den Sommerferien schließlich nicht mehr als ’Unterricht’ be- zeichnet wurde, sondern nur noch von ’pädagogischen Angeboten’ gesprochen wurde, ist sehr viel an der in pä- dagogischer Hinsicht so wichtigen Motivation für den Distanzunterricht verloren gegangen. • Dass Herbst und Winter kommen würden, ohne dass die Corona-Pandemie überstanden sein würde, war im Som- mer 2020 klar absehbar. Über Lüftungskonzepte für die kalte Jahreszeit wurde jedoch viel zu spät nachgedacht. Erst nach den Herbstferien gab es hierzu konkretere Ver- lautbarungen, die jedoch insgesamt eher in Ansät- >>

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