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AM ANFANG STAND E I N POCKENZELT ( 1 852–1 87 1 )

ORDENS SCHWESTERN

Die Töchter der Liebe vom heiligen Vinzenz von Paul

Als Gründer undNamensgeber der Ordens- gemeinschaft und zugleich Begründer der neuzeitlichen „Caritas“ (lat. Nächsten­ liebe, Wohltätigkeit) gilt Vinzenz von Paul, eigentlich Vincent de Paul (1581–1660). Geboren bei Dax in der südfranzösischen Gascogne und im Jahr 1600 zum Priester geweiht, begab er sich nach Abschluss sei- nes Theologiestudiums in Toulouse (1604) auf Wanderschaft. 1605 wurde er von tür­ kischen Piraten gefangen und in Tunis als Sklave verkauft. Nach geglückter Flucht gelangte er 1608 nach Paris, wo er die Not der armen Bevölkerung kennenlernte. Als Priester in Clichy bei Paris, dann lange Jahre als Hauskaplan und -lehrer adliger Familien mit großem Landbesitz begeg- nete er auch der armen Landbevölkerung. Um deren Not zu bekämpfen, scharte er Helfer um sich und gründete 1625 das erste Mutterhaus der Lazaristen, oder Vinzen- tiner, „Saint Lazare“. Hier sorgte man vor allem für „Geisteskranke“ und schwer er- ziehbare Jugendliche, aber auch andere Hilfsbedürftige. 1617, als Pfarrer in Châtil­ lon-les-Dombes bei Lyon, gründete Vin- zenz von Paul eine erste karitative Frauen­ vereinigung, die „Bruderschaft der Damen der christlichen Liebe“ („Confrérie des Dames de la Charité“), die sich um Arme und Kranke kümmerte. Weitere Gemein- schaften von Frauen in verschiedenen Orten folgten. 1625 begegneten sich Vinzenz von Paul und Louise von Marillac (1591–1660). Die in Paris geborene Adelige suchte nach dem Tod ihres Ehemannes einen Seelsorger und fand ihn in Vinzenz von Paul. Später

wurde sie Vinzenz’ engste Mitarbeiterin, 1628 übertrug ihr Vinzenz die Leitung aller weiblichen „Charité“-Gruppen. Ende November 1633 nahm Louise erstmals Mädchen vomLand in ihremPariser Haus auf und unterrichtete sie. Mit dieser Grup- pe junger Frauen betreute sie Waisenkin- der, pflegte Kranke, besuchte Strafgefan- gene und betrieb Suppenküchen für die Armen in Paris. Diese Gemeinschaft war die Keimzelle der von Vinzenz von Paul und Louise vonMarillac gegründeten „Ge- nossenschaft der Töchter der christlichen Liebe vomheiligen Vinzenz von Paul“. Die Tracht bretonischer Landfrauen, beson- ders die Flügelhauben, wurde typisch. Das Besondere dieser Gemeinschaft war, dass die Schwestern kein „ewiges Gelübde“ ablegten wie in anderen Orden. Stattdes- sen gaben sie ein Versprechen ab, das jährlich erneuert wurde. Gemeinsam zo- gen sie von Haus zu Haus, pflegten Kranke und Alte, halfen in den Pariser Hospitä- lern und sorgten sich um Waisen und auch Strafgefangene. „Ihr habt als Kloster die Häuser der Kranken“, so die von Vin- zenz von Paul überlieferte Lebensregel der Schwestern, „als Zelle eine Mietkam- mer, als Kapelle die Pfarrkirche, als Kreuz­ gang die Straßen der Stadt, als Klausur den Gehorsam, als Gitter die Gottesfurcht und als Schleier die heilige Bescheiden- heit.“ Louises Haus wurde Mutterhaus der sich bald weltweit ausbreitenden Ordens- gemeinschaft. Vinzenz von Paul wurde 1737, Louise von Marillac 1934 heilig­ gesprochen. 1960 erhob Papst Johannes XXIII. Louise von Marillac zur Patronin aller karitativ Tätigen.

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