Blickpunkt Schule 2/2022

Teilnahme an der Bund-Länder-Initiative BiSS-Transfer Im Februar 2022 startete die zweite Phase der Bund-Länder-Initiative ’Bildung durch Sprache und Schrift’ (BiSS-Transfer) in Hessen. Dabei wur- den insgesamt sieben Verbünde aus Schulen und – in einigen Fällen Kin- dertagesstätten – gegründet, die über die Jahre 2022 bis 2025 hinweg ein Netzwerk zu bildungssprachlichen Themenfeldern aufbauen. Die betei- ligten Schulen erhalten in diesem Zu- sammenhang die Gelegenheit, Fort- bildungen zu durchlaufen, aber auch wissenschaftliche Beratung und Be- gleitung bei der Umsetzung von Schulentwicklungsvorhaben mit bil- dungssprachlicher Zielsetzung in An- spruch zu nehmen. Die positive Eva- luation aus der ersten Phase von ’BiSS’ (2013 bis 2019) konnte ein- drucksvoll zeigen, dass die entwickel- ten Instrumente – Materialien und Fortbildungsformate – nachgewiesen wirksam sind. Diese Erkenntnisse sol- len nun in der zweiten Phase von ’BiSS’ noch stärker in die Schulpraxis übertragen werden. Die in Hessen neu gegründeten oder weitergeführten Verbünde sind im Einzelnen: ’Ver- stärkte Leseförderung’, ’Orthografie’, ’Verbundene Handschrift’, ’Textkom- petenzen am Übergang 4+5’, ’Sprachentdecker’, ’Deutsch für den Schulstart’ sowie ’Sprachförderprofis’. Förderung von Lesemoti- vation, Freude an Litera- tur und Lesefähigkeiten Literatur hat bei der Vermittlung grundlegender bildungssprachlicher Kompetenzen eine besondere Bedeu- tung, da sie bei Schülern zu großen Teilen das Fundament für schrift- sprachliche Fertigkeiten und Fähigkei- ten legt und darüber hinaus motivie- rend und persönlichkeitsbildend wir- ken kann. Mit dem Ziel, die Lehrkräfte bei der Auswahl geeigneter Lektüren noch stärker zu unterstützen, wird den Schulen eine Zusammenstellung mit schulformspezifischen Lektü-

reempfehlungen zur Verfügung ge- stellt. Ab dem Schuljahr 2022/2023 ist in jeder Jahrgangsstufe in der Se- kundarstufe I im Deutschunterricht mindestens eine Ganzschrift zu be- handeln. Den Schulen wird dies be- reits für das aktuelle Schuljahr 2021/ 2022 empfohlen. Darüber hinaus hat die PISA-Studie 2019 eindrucksvoll gezeigt, dass die Lesekompetenz der Schüler stabil auf mittlerem Niveau stagniert. Obwohl das Lesestrategie- wissen vergleichsweise hoch ausfällt, zeigt sich insbesondere die Lesemoti- vation jedoch stark rückläufig. Das Ziel besteht folglich darin, sowohl die Freude am Lesen als auch die Bedeu- tung des Lesens insgesamt zu stär- ken. Deshalb unterstützt Hessen die Idee eines ’Nationalen Lesepakts’ der Stiftung Lesen. Kompetenzzentrum Bildungssprache Deutsch Das Kompetenzzentrum Bildungs- sprache Deutsch trägt nachhaltig zur Stärkung von Fort- und Weiterbil- dungsmaßnahmen auf der Grundlage wissenschaftlicher Expertise bei. Das schließt die Erstellung von Fortbil- dungsmaterialien und die Konzeption von neuen Fortbildungsformaten ein. Das Kompetenzzentrum umfasst insgesamt vier verschiedene Kompe- tenzstellen: Bereits im Sommer des Jahres 2020 hat die Kompetenzstelle Orthografie ihre Arbeit aufgenom- men. Dabei kooperieren die Hessische Lehrkräfteakademie und die Goethe- Universität Frankfurt am Main, wobei sie zusätzliche Unterstützung durch die Stiftung Polytechnische Gesell- schaft Frankfurt am Main erhalten. Für das Frühjahr 2022 ist der Start der Kompetenzstelle Lesen und Verste- hen: Literatur unterrichten geplant. Es folgen die Kompetenzstellen Spre- chen und Zuhören sowie Deutsch als Zweitsprache. Die zuvor genannten großen The- menfelder der bildungssprachlichen Kompetenzen werden darüber hinaus in Hessen von zahlreichen strategi- schen Überlegungen begleitet. So wird beispielsweise die Verankerung

Bild: Myst/AdobeStock

der Stärkung der Bildungssprache Deutsch im Rahmen der Novellierung des Hessischen Lehrerbildungsgeset- zes angestrebt. Ausblick und Resümee Das Beherrschen der deutschen Spra- che in Wort und Schrift als gesamt- schulische Aufgabe ist zweifelsohne eine Herausforderung. Ebenso deut- lich ist das enorme Potenzial, das sich mit dieser Chance verknüpft: Gilt es doch, unsere Schüler zu einer kompe- tenten, stilsicheren und adressaten- bezogenen Anwendung der deutschen Sprache zu befähigen und ihnen da- mit das Rüstzeug für ihren weiteren persönlichen, akademischen und be- ruflichen Werdegang mitzugeben. Sprache und mit ihr die Chancen auf Teilhabe an unserer Gesellschaft dürfen nicht geburtsständischen Prin- zipien folgen, sondern müssen in der Phase systematisch aufgebaut und gefestigt werden, in der unsere Kinder und Jugendlichen einen pädagogisch angeleiteten, fachlich fundierten, zu- gleich fordernden und fördernden Un- terricht erhalten: in der Schule. Wenn dies gelingt, so bleibt unseren Schü- lern – in Anknüpfung an das eingangs formulierte Zitat – der mühsame Gang zu einem Professor Higgins im Erwachsenenalter hoffentlich erspart. Dafür – so lautet die feste Überzeu- gung – lohnt sich der Aufwand alle- mal, und es wäre erneut bewiesen, dass es nicht die Herkunft, sondern die Sprache ist, die den Menschen macht. 1 Cukor, George (Regie): My Fair Lady. USA 1964 (Warner Bros.). Im englischen Original: Why can’t the English teach their children how to speak? / This verbal class distinction by now should be anti- que. >>

Sprache – Bildung – Denken

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SCHULE

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