Blickpunkt Schule 2/2022

Bildungssprache – Bildung durch Sprache E nde September 2021 wurde in Berlin der dritte Bericht zur Lage der deutschen Sprache »Die Sprache in den Schulen« der Der Autor

wie unter einem Brennglas versam- melt: zunehmend heterogene Lern- voraussetzungen, Förderung elemen- tarer Bildungsressourcen, Integration fachlichen und fächerübergreifenden Lernens, um nur einige zu nennen. Er- gebnisse des Berichts werden im Fol- genden mehrfach angesprochen. Vor allem drei Fragen sollen beantwortet werden: • Wie hängen Sprache und (schulisches) Lernen zusammen? • Was ist Bildungssprache und wie funktioniert sie? • Wie kann der Erwerb bildungs- sprachlicher Kompetenzen gefördert werden? 1. Sprache, Denken, Lernen »Wenn Kinder Sprache lernen, dann befassen sie sich nicht ledig- lich mit einer Art des Lernens unter vielen anderen; vielmehr lernen sie die Grundlage des Lernens selbst.« (Halliday 1993, S. 93; Übers. HF) Dieses Zitat des englischen Sprach- wissenschaftlers Michael Halliday for- muliert sehr klar die besondere Rolle der Sprache in Lernprozessen: Spra- che ist für das heranwachsende Kind einerseits selbst Gegenstand des Er- werbs, zugleich aber auch Mittel des Lernens, der sprachlichen Strukturie- rung des Problemlösens und des Den- kens. Der Sprachgebrauch beginnt nicht immer bei null; er schafft selbst semantische Ressourcen, aber auch Ressourcen in Form grammatischer und textlicher Muster für unterschied- liche kommunikative Aufgaben, die im Langzeitgedächtnis verankert werden und so das Arbeitsgedächtnis in aktu- ellen Problemlöseprozessen entlasten und stützen (vgl. Kempert u.a. 2019, S. 3). Auch die Sprache in der Schule ist als Wortschatz der Fächer einerseits Unterrichtsgegenstand und zugleich ist sie andererseits dann auch – jen- seits des Fachvokabulars – unent- behrliches Mittel des Fachlernens.

Öffentlichkeit vorgestellt, initiiert von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, die sich nicht nur preiswürdiger Literatur wid- met, sondern in diesem Forschungs- bericht das Fundament des schuli- schen Erwerbs bildungssprachlicher Kompetenzen unter das Mikroskop sprachwissenschaftlicher Analysen legt (Deutsche Akademie 2021). Ins- gesamt zehn Studien eröffnen Ein- blicke in den schulischen Erwerb bil- dungssprachlicher Fähigkeiten. Für die an Bildungsfragen interessierte Öffentlichkeit ist der informative Be- richt als pdf-eBook kostenlos downloadbar (https://www.esv.info/ 978-3-503-20503-5). Die Publikati- on steht am Ende eines Jahrzehnts, in dem das schon fast programmatische Schlagwort »Bildungssprache« die Herausforderungen an die Schulen

Sprache – Bildung – Denken

Insbesondere stehen sprachliche Res- sourcen in engem Zusammenhang mit höheren kognitiven Funktionen, die schulisches Lernen kennzeichnen. Solche kognitiven Funktionen sind etwa Kategorisieren, Generalisieren, Quantifizieren, Vergleichen . Die empi- rische Forschung zeigt, dass die Leis- tungsfähigkeit in diesen Feldern sehr stark vomVerfügen über die sprachli- chen Mittel beeinflusst wird, die diese Funktionen auch im sprachlichen Handeln stützen (vgl. Kempert u.a. 2019, S. 5 ff.). Ein Beispiel dafür ist die begriffliche Strukturierung des Wis- Herausgeber der Zeitschriften Praxis Deutsch und Zeitschrift für Germanistische Linguistik. Mitglied Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darm- stadt und des Wissenschaftli- chen Beirats des Leibniz-Insti- tuts für deutsche Sprache in Mannheim. Prof. Dr. Helmuth Feilke ist Pro- fessor für Germanistische Lin- guistik und Didaktik der deut- schen Sprache an der Justus- Liebig-Universität Gießen. Forschung: Schulischer Sprach- erwerb und Sprachdidaktik, Sprach- und Kompetenztheorie, Literale Kompetenz, Schreibfor- schung und wissenschaftspro- pädeutisches Schreiben.

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