Mattpost 3 | 07/2008
FOKUS
Roger Sonderegger Der Öko- nom Peter Gurtner, 65, begann seine Laufbahn Mitte der 70er- Jahre beimdamals neu gegründe- tenBundesamt fürWohnungswe- sen. Von 1985 bis 1995 war er Vi- zedirektor, seit 13 Jahren steht er an der Spitze des Amtes mit rund 60 Beschäftigten. Mattpost: In Immobilienkreisen wird gesagt, es gäbe drei wichtige Faktoren bei der Wahl des Wohn- standortes: Lage, Lage und Lage. An welchem Standort würden Sie per- sönlich am liebsten wohnen? Peter Gurtner: Ich wohne gerne, wo ich heute bin. Im Grünen, an ruhiger Lage und trotzdemmit öf-
die Mieterschaft in anderen Genos- senschaften aus? Die Zusammensetzung der Mie- terschaft ist je nach demAlter der Genossenschaft, demBaujahr der Wohnungen und der Region zwar verschieden, doch ist wie in der BG Matt im allgemeinen ein
schaftssiedlung in einemDuplex- haus, dem verschiedene gemein- same Flächen und Anlagen im Miteigentum zugeordnet sind. Ist es in der Schweiz eher die Regel oder die Ausnahme, bei einer Ge- nossenschaft zu wohnen? ImschweizerischenDurchschnitt stellt dasWohnen in einer Genos- senschaft mit nur knapp 8 Pro- zent die Ausnahme dar, und von den neu gebauten Mieteinheiten wurden in den letzten Jahren gar nur gegen 2 Prozent durchGenos- senschaften erstellt. Allerdings ist der Anteil in städtischenGebieten mit durchschnittlich gegen 13 Prozent etwas höher, in Städten
«Nischenprodukte werden immer Abnehmer finden»
breites Spektrum der Bevölke- rung vorhanden. Gesamtschwei- zerisch betrachtet, leben in Ge- nossenschaftswohnungen imVer- gleich zumübrigenAngebot über- durchschnittlich viele ältere Per- sonen und geringere Anteile von Jugendlichen. Spektakulärer sind die in den letzten Jahren aufgetre- tenen innergenossenschaftlichen Veränderungen. Besonders aus- geprägt ist zumBeispiel in einzel- nen Kantonen der seit 1970 fest- stellbare Anstieg ausländischer Haushalte, ferner der starke An- stieg der Einpersonenhaushalte und der Rückgang der Ehepaare mit Kindern. Es werden heute viel mehr Eigen- tumswohnungen als Mietwoh- nungen gebaut. Gibt es in Zukunft noch aktive Baugenossenschaften in der Schweiz? Es werden sicher nicht mehr alle der heute über 1‘500Wohnbauge- nossenschaften bestehen. Einige werden verschwinden, andere kommen dazu. Ich sehe aber kei- nen Grund, weshalb sich der Be- stand der zurzeit rund 160‘000 Genossenschaftswohnungen ver- kleinern sollte. Generell ist je- doch, wie gesagt, einRückgang an Neubautätigkeit feststellbar. Oft- mals fehlt es an preislich noch tragbaremBauland, an zeitgemä- ssen Strukturen, an Gemein- schaftssinn, an Mut, Kraft oder
Altersstruktur der Wohnungen
35
30
alle W ohnungen
Genossenschaftswohnungen
25
20
15
% des Wohnungsbestandes
10
5
0
vor 1919 1919-1945 1946-1960 1961-1970 1971-1980 1981-1990 1991-2000 Bauperiode
Quelle: Bundesamt für Statistik, eidgenössische Volkszählung
fentlichen Verkehrsmitteln in 10 Minutenmitten in der Stadt Bern. Da die Kinder seit langem ausge- zogen sind, würde ich aber auch ganz gerne wieder in einem zen- trumsnahen städtischenQuartier leben. Wohnen Sie in einer Genossen- schaftswohnung? Nein; in einer kleinen Gemein-
wie Biel und Zürich wohnt sogar rund ein Fünftel aller Haushalte in genossenschaftlichen Woh- nungen. Bei der BGMatt wohnen viele Fami- lien. Daneben haben wir Alterswoh- nungen, Einpersonenhaus-, Wohn- gemeinschaften und weitere Formen, so dass fast die ganze Ge- sellschaft abgebildet ist. Wie sieht
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