Blickpunkt Schule 5/2020
nen. In den Upanishaden wird Yoga als ’Anjochen’ des Be- wusstseins beschrieben und interpretiert als Zügelung der Sinne. Unsere Gedanken werden dabei als ’wilder Ochse’ gesehen, den man vor den Karren spannen und zügeln, zur Ruhe bringen will. Ziel ist es, die Unwissenheit (Avidaya) zu überwinden und das Dasein zu begreifen. Die Upanishaden sind die philosophischen Kommentare zu den Veden , so genannte »Hymnen vomWissen«. Die Veden sind das äl- teste überlieferte Schriftdokument Indiens. Die erste systematische Zusammenfassung des existie- renden Yogawissens erfolgte etwa 200 v. Chr. durch die Yoga-Sutren von Patanjali . Dort findet man in vier Kapiteln 196 kurze Merksprüche über das wichtigste Wissen über Yoga. Sie sind atheistisch geprägt und dienen als Übungs- praxis zu einer bestimmten Lebensweise und Art des Den- kens in Verbindung mit der Atmung und dem Körper. Schwerpunkt: Yoga für Kinder Eine Definition von Kinderyoga aus heutiger Sicht nach Stück et al. 2011 definierte eine Arbeitsgruppe 4 an der Universität Leipzig eine Definition für Kinderyoga: »Der Kinderyoga ist eine Vorbereitung für den acht- gliedrigen Übungsweg des klassischen Yogas. Der Übungsweg für Kinder beinhaltet vor allem die Stufen 1 bis 6 und wird in einer besonderen Übungsmethodik vermit- telt. Das Unterscheidende zum Erwachsenen-Yoga be- steht in der spielerischen, kreativen Umsetzung. Das klas- sische Ziel besteht nach wie vor [im] »yoga citta vrtti niro- dah« , also demVerlangsamen (nirodah) der [zu] wählen- den Bewegungen bzw. Gedanken. Ausgewählte Elemente, die yogaunspezifisch sind, sollten ausschließlich zum Ziel haben, Kinder für die Ausführung des klassischen Yoga- weges zu motivieren, welcher das Ziel des Yogas bleibt«. 5 Hatha-Yoga, entwickelt im 11. und 12. Jahrhundert, eignet sich besonders gut für Kinder. »Ha« bedeutet Sonne und »Tha« bedeutet Mond. Hatha meint die Vereinigung der Polaritäten zur Herstellung von Harmonie. Dadurch werde der Mensch unempfindlicher gegen Unwohlsein und Krankheiten. Ein Kinderyogalehrer sollte beim Unterrichten nach- • Kinder nicht zum Üben zwingen • Yoga üben ohne Erfolgsdruck • Begeistern können • Ausgewogenheit zwischen statischen und dynamischen Asanas und dynamischen Bewegungsabläufen und ’Nachspüren’ • Geduld und Frustrationstoleranz gegenüber Störenfrieden • Genaue Beobachtung der Kinder, Empathie und flexible Anpassung an veränderte Situationen • Spaß, Freude und Fantasie anregen • Kinder in die Gestaltung einbinden, Verantwortung über- nehmen lassen folgende Kriterien beachten: • Authentizität/eigener Stil
• Erfolgserlebnisse vermitteln, zum Beispiel durch Gleich- gewichtshaltungen • Übungsstunde nicht zu lang ausdehnen • Zuwendung • Die Marge zwischen der natürlichen kindlichen Sehn- sucht nach Stille und einem unbändigen Bewegungs- drang im Blick haben • Vermieden werden sollten extreme Dehnungen, lange Atemverhalten, starke Halswirbelsäulenbelastungen, Reinigungsübungen; Augen können im Entspannungs- zustand offen bleiben, wenn das Kind sich damit wohler fühlt, Vermeidung von Yoga bei psychisch schwer gestör- ten Kindern, keine Umkehrhaltungen bei Hypertonie (Bluthochdruck) und kein Schulterstand bei Schilddrü- senproblemen. Inhaltlich sollte vermittelt werden: • Vom achtgliedrigen Yogapfad nur die Pfade 1 bis 6 6 • Die fünf Säulen des Hatha-Yoga (Asana, Pranayama, Ernährung, positives Denken, Meditation). Wissenswertes über Entspannung und Achtsamkeit und warum dies Schulkindern zuträglich ist Entspannung und Muskeltonus Es ist nichts Neues, dass ein Zusammenhang zwischen psy- chischer Erregtheit, Angst, Stress, Unruhe einerseits und der Tonuserhöhung der Muskulatur andererseits besteht. 7 Somatische Stressreaktion äußert sich in einem gesteiger- ten Muskeltonus und kann wiederum durch Entspannung beseitigt werden. Wie sich die Angst auf den Muskeltonus auswirkt, kann gesteuert bzw. beeinflusst werden, indem die Erregbarkeit vieler Neuronen geringer ist und Rezepto- ren nunmehr andere Informationen weitergeben. Entspan- nung durch passive Konzentration, zum Beispiel beim Aus- üben von Asanas, führt zu einer Senkung des vegetativen und motorischen Tonus. Derselbe Effekt wird in der Nach- spürphase nach der Ausübung einer Asanareihe erreicht. Die gilt ebenso bei bewusstem Ausüben von Asanas mit ei- nem Atemmuster: bei Anspannung einatmen, bei Entspan- nung ausatmen. 8 Asanas erzielen neben Entspannung auch vitalisierende Effekte durch eine Aktivierung des ZNS, die als Frischegefühle beschrieben werden. Achtsamkeit ImYoga ist es unter anderem Ziel, Achtsamkeit zu entwi- ckeln. Hier richtet sich ein Mensch auf innere Prozesse wie Körperempfindungen, Gedanken und Gefühle. Durch die- sen Prozess können auch Haltungen überdacht, Denk- und Handlungsgewohnheiten modifiziert werden. So entsteht ein größerer Raum zwischen Wahrnehmung und Reaktion, was bei Kindern zur Entwicklung von Resilienz und Charak- terstärke sehr wichtig ist. Die achtsamkeitsbasierte Stress- reduktion durch Pranayama, Meditation, Body Scan etc. steigert die Lebensqualität, lindert Depressionen und Ängste, und führt zu einem Anstieg der Selbstachtung.
12 Berichte aus der Praxis SCHULE
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