Blickpunkt Schule 5/2020

SYSRED (Systemische Stressreduktion). Hierbei geht es um nicht weniger als einen Vorschlag zu einem System, wel- ches eine Schule als gut funktionierendes Netzwerk vor- sieht, in welchem sich Lehrer und Schüler getragen, aufge- fangen, gefördert, geschätzt und respektiert fühlen. Hier herrschen Interesse und Empathie für die Probleme ande- rer, welche Autonomie und Freiheitsgrade ermöglichen. Es herrscht ein Klima von Vertrauen und Kontrollabgabe. Es wird kommuniziert, und zwar wertschätzend und anerken- nend. Das Modell wurde von Stück im Zusammenhang mit seinem Buch ’Entspannungstraining mit Yogaelementen in der Schule’ (2011) entwickelt und das bedeutet natürlich auch, dass Yoga auch für Erziehende eine hilfreiche Unter- stützung zur Persönlichkeitsentwicklung- und Stabilisation ist. Seit 1997 werden in Leipzig Kursleiter unter anderemmit EMYK (Entspannungstraining mit Yogaelementen Konzep- tion) in verschiedenen Pädagogischen Bereichen ausgebil- det. Aktuelle Informationen hierzu findet man unter ande- rem unter www.bildungsgesundheit.de. Fazit und Ausblick Das vorliegende Plädoyer für Yoga an deutschen Schulen berücksichtigte vier Artikel, die sich mit der Relevanz von Yoga an Schulen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Gesichtspunkte auseinandersetzen. Meine Einleitung greift die Ideen von Fessler und Kaiser auf, aktuelle Lehrpläne auf etwaige Markierungen von Ent- spannungstechniken untersuchten und darlegen, wie sie ausgelegt werden können. Dabei stellt sich heraus, dass die Bedeutung von Entspannungsfähigkeit als eigene Kompetenz durchaus einen Stellenwert im Lehrplan haben kann. Da Yoga als eigentliches Fach nicht realistisch ist, kann man alternative Maßnahmen ergreifen, umYogaele- mente im bewegten Schulalltag anzubieten und als unab- dingbare ’Zwischenleiste’ zu implementieren. Bahrmann und Rechlin stellen entsprechende Yoga-Fortbildungs- maßnahmen für Lehrer zur Verfügung, die eine gute Basis für die oben beschreibende Implementierung von Entspan- nungstechniken (mit Schwerpunkt auf Yogaelementen) sein kann. Im zweiten Teil meines Plädoyers lehne ich mich an die Auslegung langjähriger Forschungsergebnisse von Prof. Dr. Markus Stück et al., die die Relevanz von Yoga für Kinder und Jugendliche in Bildungseinrichtungen aus wissen- schaftlicher Sicht beleuchten. Der Nutzen für Kinder und Jugendliche und deren körperliche und seelische Stabilität ist meines Erachtens deutlich zu erkennen. Schulen als gut aufgellte Bildungseinrichtungen sowie sein Lehrpersonal im Gleichgewicht zu sehen, ist eine durchaus begrüßens- werte Idee von Stück. Interessant auch, dass er die Idee des Yoga nicht von einer gut funktionierenden Institution trennt. Diese Metaebene ist meines Erachtens etwas, das man zukünftig im Fokus haben sollte. Gurlitt 14 , der sich un- ter anderem auch auf die Arbeiten von Stück und Augen-

stein bezieht, hebt die Notwendigkeit einer yogischen Ein- stellung und Kenntnis auch bei Lehrern hervor. Was die Schule betrifft, so unterstützt Yoga Schulkinder dabei, die Eigenwahrnehmung auch in Bezug auf das eigene Lernver- halten zu stärken und Lernerfolge als etwas Befriedigen- des, Stärkendes zu erfahren. Entsprechende Kinder können herausfinden, welche Potenziale an Kreativität, Initiative und Lernbereitschaft in ihnen schlummern. Und gut aus- gebildete Lehrkräfte können sie dabei unterstützen. Es heißt ja, dass man den größten Teil dessen, was man später weiß, nicht nur in der Schule gelernt hat. Den Volksmund noch immer weitestgehend zu ignorieren und stattdessen immer dichtere Lehrpläne zu produzieren, ohne auf gleich- zeitige Resilienzförderung zu achten, ist meines Erachtens nicht sehr hilfreich. Es sollte ein Umdenken stattfinden! Yoga in Schulen kann in diesem Umdenken gesellschaft- liches Vorbild und Anstoß für eine neue Lehr-, Lern- und Lebensqualität sein, von der wir alle langfristig und nach- haltig zukünftig profitieren. 1 Die beiden Artikel sind aus der Reihe Persönlichkeit bilden , in Viveka 53: Fessler, Norbert; Kaiser, Alexa: ’Entspannungstraining in der Schule. Ergeb- nisse einer Bildungsanalyse in der Primarstufe’, S.7 bis 14, (1) sowie Bahr- mann, Anna Leena; Rechlin, Magdalena: ’Yoga macht Schule. Ein Fortbil- dungskonzept für Pädagoginnen und Pädagogen’, S. 15 bis 21, (2). 2 Vgl. hierzu Fessler, Kaiser (1). 3 Als Coping definiert Lazarus alle kognitiven, emotionalen, behaviouralen und physiologischen Reaktionen und Aktivitäten, die Menschen unternehmen, um Belastungen und kritische Lebensereignisse zu meistern (zit. nach Franz, 1989. Vgl. hierzu Stück, 2011, S. 23). 4 Die Arbeitsgruppe: Marcus Stück, Kati Rillich, Melanie Matangi Eichberger; 8 Für detaillierte wissenschaftliche Informationen unter anderem über physi- kalische, immunologische und leistungsphysiologische Wirkfaktoren. Siehe hierzu Stück (2011), S. 59ff. 9 Über das Leben von Patanjali wird angenommen, er habe in der Zeit zwischen dem 2. Jahrhundert v. Chr. und dem 4. Jahrhundert n. Chr. gelebt. In der indi- schen Kunst wird Patanjali als Mischwesen dargestellt, wobei sein Unterleib bis zur Hüfte die Gestalt einer zusammengeringelten Schlange hat, der Oberleib ist der eines Mannes, der die Hände zur Gruß- und Bethaltung ge- faltet hat. Patanjali wird als Autor des Yogasutra angegeben, das noch heute als Standardwerk des philosophischen Yogas gilt. Da dieses bereits im 5. Jahrhundert von Vyasa im Yogasutrabhasya kommentiert wurde, muss seine Lebenszeit vor dem 5. Jahrhundert gelegen haben. Das Yogasutra wurde erstmals vom islamischen Universalgelehrten al-Biruni (973 bis 1048) ins Arabische übersetzt. Heute liegen zahlreiche Übersetzungen in verschiede- nen Sprachen vor. Patanjali gilt auch als Autor des Mahabhasya (skt. Mahābhā ṣ ya ’großer Kommentar’), einem Kommentar über die Grammatik Astadhyayi von Panini . Danach müsste er in die Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. datiert werden. Als drittes Werk wird dem Patanjali noch die Charaka- pratisamskrita zugeschrieben, ein Kommentar über die Charakasamhita , welche zu den ältesten Abhandlungen über Ayurveda gehört. Vgl. hierzu https://de.wikipedia.org/wiki/Patanjali. 10 Görbing (2011), Evaluierung des Entspannungstrainings mit Yogaelementen . 11 Zur ausführlichen Besprechung der Programme von Augenstein und Gold- stein siehe auch Stück (2011), S. 67ff. Siehe zum Programmmit hyperaktiven Kindern auch Goldstein, Dr. Nicole, Hyperaktiv - na und …? (2003). 12 Weitere Forschungsveröffentlichungen werden von Stück (2011) ausführli- cher auf den Seiten78ff vorgestellt. 13 Vgl. Price, Shannon, ’Yoplay: Yoga based play therapy as a model of early intervention for inner city children at risk’ , 2008. Zu dieser und weiteren Dissertationen vgl. Datenbank ’Dissertation – Abstracts-International’ . 14 Gurlitt, Cornelius, ’Man soll Denken lehren, nicht Gedachtes’, in: Becker- Oberender, Cornelia; Sriram, R., Yoga für Kinder und Jugendliche , Petersberg, Verlag Via Nova 2015, S. 182 bis 183. vgl. hierzu: Stück, 2011, S. 34. 5 Zit. nach Stück, 2011, S. 34. 6 Hierzu genaue Ausführungen bei Stück (2011), S. 44 bis 49. 7 Vgl. Claus (1985) und Wolpe (1958).

14 Berichte aus der Praxis SCHULE

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