Blickpunkt Schule 5/2020

Klartext

Bild: Halfpoint/AdobeStock

Corona und Schule I ch bin als Studienrat an einem be- ruflichen Gymnasium in Marburg tätig, an dem ich seit wenigen Wo- chen auch als Personalratsvorsitzen- der fungiere. Im Kollegium wird das Klima im- mer angespannter angesichts der Entscheidung des Landkreises, der seit einigen Tagen unter den ’Top Ten’ der deutschen Hotspots ganz oben mitspielt, lediglich die ’Stufe 2’ des Schulbetriebs auszurufen. Dies bedeutet, dass der Unterricht weitgehend regulär, in vollständigen Klassen- oder Kursverbänden wei- terläuft, sprich: mit 20 bis 26 Schü- lern, die wie gewohnt dicht an dicht in kleinen Klassenzimmern neben- einandersitzen (immerhin mit Mund- Nasen-Schutz). In den Nachbarkreisen, zum Bei- spiel in Gießen, wo die Infizierten- zahlen noch deutlich niedriger lie- gen, ist seit Tagen die ’Stufe 3’ aus- gerufen worden, sodass dort Klassen und Kurse geteilt und in kleinen Gruppen unterrichtet werden. Ich bitte Sie hiermit als Interes- senvertretung der Lehrerschaft (Ich bin seit 2016 Mitglied im hphv.) , den von zahlreichen Lehrern und Lehre- rinnen geteilten Unmut an die zu- ständigen Stellen in der Politik wei- terzutragen. Dr. Matthias Zucchi

HKM-Bilanz nach acht Monaten Corona: Skandalös W as hat das Hessische Kultusmi- nisterium eigentlich bis heute,

Handlungsleitfäden steht, auch tat- sächlich umzusetzen. Davon abgese- hen: Es hätte zahlreiche, weitere An- satzpunkte in Sachen Arbeitsschutz, Distanzunterricht, digitaler Ausstat- tung usw. gegeben. Aber Masken, Handlungsleitfäden und die Tool- Freigabe sind das, was wir nun als Er- gebnis der Arbeit des Kultusministe- riums für unseren Alltag bilanzieren dürfen. Es ist ein Skandal! –Wenn man das Ergebnis der Arbeit der Bildungspoli- tik der letzten acht Monate in ehrli- chenWorten zusammenfassen würde, wäre es das: »Es kümmert sich ein- fach jeder um sich selbst! Mit lang- fristigen, tragfähigen und pädago- gisch durchdachten Lösungen können wir nicht dienen. Und kaufen Sie sich bitte einen Laptop mit integrierter Webcam.«Wenn die Politiker uns das so sagen würden, wären sie wenigs- tens aufrichtig! Wenn sie nicht Kolle- gien und Schulen hätten, die sich ein- fach und unkonventionell um sich selbst kümmern, statt auf das Minis- terium zu warten, wäre unser Schul- system in der Pandemie längst zu- sammengebrochen. Es geht hier nicht umGeld – es geht um Lösungen! Für jemanden, der jetzt Distanzunterricht durchführen soll, besteht dasselbe Chaos wie vor acht Monaten. Alexander Schmitt

etwa acht Monate nach dem ersten Lockdown, für uns als seine (beamte- ten) Angestellten getan?Was hat das Hessische Kultusministerium dafür getan, dass unser Unterricht trotz Pandemie ablaufen kann? Erstens: Ich bekomme, wenn es gut läuft, alle paar Wochen einen Satz Masken in mein Fach gesteckt. Die reichen aber leider nicht aus, um sie vorschriftsge- mäß mehrmals täglich zu wechseln und zu entsorgen. Zweitens: Ich habe mittlerweile mehrere Verordnungen und Handlungsleitfäden zur aktuellen unterrichtlichen Situation erhalten. Drittens: Ich habe die Erlaubnis erhal- ten, alle verfügbaren Videokonferenz- tools für dienstliche Zwecke zu nut- zen. Die darf ich dann auf meiner pri- vaten Hardware betreiben und um ei- ne Schulung darf ich mich selbst kümmern. – Fertig! Masken, Verordnungen und eine Tool-Freigabe? Das ist das, was un- ser Arbeitgeber für uns tut? Nach acht Monaten soll das das Ergebnis sein? Ach! Ich habe die groß ange- kündigte und millionenschwere Schul-Cloud (’HPI Cloud’) vergessen. Die funktioniert leider noch immer nicht problemlos. Spätestens seit Beginn der zweiten Welle bräuchten wir sie aber, um das, was in den

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