UPM-Biofore-Magazine-1-2017-DE

>>

Er fügt jedoch hinzu: „Leider werden Chancen für eineWiederverwendung von Nebenströmen häufig wegen der langsamen Genehmigungsverfahren verpasst. Für einzelne Wiederverwendungsanwendungen sind häufig separate Genehmigungen erforderlich. In Finnland dauert das eine ganzeWeile.“ Offene Wertschöpfungsnetzwerke Sowohl Fortum als auch Lassila & Tikanoja sind sich der Bedeutung neuer Wertschöpfungsnetzwerke für die Zukunft des Abfallmanagements bewusst. „In Zukunft werden sich dieWert­ schöpfungsnetzwerke immer weiter ausbreiten und verschiedenen Branchen den Austausch von Ressourcen ermög- lichen. Eine offene Kommunikation und eine verstärkte Zusammenarbeit werden neue Schnittstellen für die Wiederverwertung von Abfall sowie einenWettbewerbsvorteil schaffen.“, so Tervo. „Neue Lösungen werden in dieser Branche nicht vomHimmel fallen. Es wird immer wichtiger genau zu wissen, aus welchenMaterialien sich dieser Nebenstrom oder jene Abfallart zusammensetzt. Innovationen werden vor allemneue Kombinationen von Materialströmen sowie eine effizientere Nutzung betreffen. Die Digitalisierung wird diese Arbeit zwar erleichtern, ist jedoch keine Pauschallösung“, erklärt Svinhufvud.

Entscheidungsträger beeinflussen, damit externe Vorgaben die Nutzung von Nebenströmen nicht ohne triftigen Grund einschränken“, fügt er hinzu. Solche externen Vorgaben gehören zu den größten Herausforderungen für Industrieunternehmen. Die Vorschriften variieren oft regional nach Abfallart. „Vorschriften zu ändern, braucht immer viel Zeit. Auf demWeg zum bestmöglichen Kompromiss müssen die Argumente verschiedener Interessengruppen gehört werden. Oft haben diese Gruppen unterschiedliche Ansichten, was den Prozess verlangsamt. Da ist Durchhaltevermögen gefragt“, so Svinhufvud. Finanzielle Anforderungen können oft leichter umgesetzt werden. Sollen jedoch Infrastruktur oder Geschäftsmodell völlig neu aufge- stellt werden, müssen die rele- vanten Vorschriften bereits in Kraft getreten sein, damit die Unternehmen Entscheidungen über Investitionen in neue Technologien treffen können. „Wir haben ein gutes Verständnis welche Verunreinigungen Recycling unmöglichmachen. Meist sind Reini­ gungstechnologien und -verfahren teuer, dochmanchmal ist die Verringerung der Umweltbelastung so bedeutend, dass Änderungen trotz der hohen Kosten eingeführt werden. Oft rentieren sich die Änderungen dann, sobald Vorschriften geändert wurden“, merkt Svinhufvud an. von technischen Lösungen und Materialverhalten. Wir wissen,

ABFALLGLOSSAR

Jenseits abstrakter Diagramme

Materialbericht ungenau ist, kann während des Materialeingangs eine visu- elle Inspektion oder eine umfassende Laboranalyse durchgeführt werden. Die Analyse des Materials beginnt mit einer gründlichen Inspektion des Rohstoffs. „Zunächst prüfen wir die gesamte Produktionskette und analy- sieren dann, wie der Rohstoff recy- celt und weiterverarbeitet werden könnte. Dieses Verfahren lässt sich nicht verkürzen“, erklärt Svinhufvud. Gemäß den Grundsätzen der Kreis­ laufwirtschaft sollten die Ressourcen idealerweise in demBereichmit der effizientesten Anwendung weiterver- wendet werden. Eine genaue Angabe der Nebenströme, der gewählten

End-of-Waste-Kriterien „End-of-Waste“ ist ein Status, der einer Abfallfraktion zugesprochen werden kann. Sie muss bestimmte Kriterien erfüllen und ist somit kein Abfall mehr, sondern ein Rohstoff. Abfall ist dann kein Abfall mehr, wenn er einem Rückgewinnungsverfahren unterzogen wurde, allgemein zu bestimmten Zwecken genutzt wird, auf einem Markt gehandelt und nachgefragt wird, seine Nutzung rechtmäßig ist und die Nutzung des Produkts keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt oder die menschliche Gesundheit hat. EAK Der Europäische Abfallkatalog ist eine hierarchische Auflistung von Abfallarten. Er hat 20 Kapitel jeweils mit einem Code von 01 bis 20. Die einzelnen Abfall­ fraktionen haben einen sechsstelligen Code. Die Codes für Abfallfraktionen aus der Holzverarbeitung beginnen zum Beispiel immer mit 03. Sägemehl, Späne, Abschnitte, Spanplatten und Furniere, die gefährliche Stoffe enthalten, haben zum Beispiel den Code 030104. RD Der „Recovery and Disposal Code“ legt die Art und Weise fest, wie eine Abfallart entsorgt oder rückgewonnen werden kann. R1 steht zum Beispiel für eine Nutzung als Kraftstoff und D1 für Deponieabfall.

Gemäß den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft sollten die Ressourcen idealerweise in dem Bereich mit der effizientesten Anwendung weiterverwendet werden.

Industrielle Nebenströme sind nicht nur abstrakte Konzepte in Diagrammen, sondern reale Materialien. Wann immer Lassila & Tikanoja oder Fortum von UPM Materialien aus Nebenströmen erhalten, haftet UPM für den Inhalt der Lieferung. Das Material wird vor der Übergabe undWiederverwertung gemäß den EAK- und RD-Codes sortiert. „Diese Codes sagen nichts darüber aus, ob einMaterial für eine bestimmte Wiederverwendungsanwendung geeignet ist oder nicht. Ein EAK-Code deckt ein breites Spektrum ab. Die Analyse muss viel spezifischer sein“, merkt Svinhufvud an. Dennoch spielen die Codes eine wichtige Rolle, da unterschied- liche Abfallarten unterschiedliche Transport- und Aufbereitungs­ lösungen erfordern. Besteht der Verdacht, dass einmitgelieferter

Transportmethode und des geografischen Standortes ist dabei unerlässlich. „Eine sorgfältige Trennung an der Quelle ist beimAufbau eines wertschöp- fenden Kreislaufnetzwerks äußerst wichtig. Die Dokumentation des einge- henden, transportierten und geliefertenMaterials muss eindeutig sein. Große industrielle Nebenströme solltenmöglichst nahe ihrer Quelle recycelt werden. Aus diesemGrund sind eine Präsenz vor Ort und Kenntnisse der ansässigen Branchenakteure ein Vorteil“, so Tervo. Den sogenannten „End-of-Waste“-Status (EoW-Status) – quasi der Heilige Gral der Kreislaufwirtschaft – verleihen Behörden Produkten, die in einer stabilen, neuen Anwendung genutzt werden können, sobald sie für ihre ursprüngliche Endanwendung nicht mehr geeignet sind. „Produkte können als Abfall oder Nebenstrom klassifiziert werden. Diese Klassifizierung hat verschiedene Konsequenzen. Auf die tatsächliche Nutz­ barkeit eines Materials hat die Klassifizierung jedoch keinen Einfluss. Falls eine sinnvolle Endanwendung verfügbar ist und Bedarf besteht, spielt ein fehlender EoW-Status keine Rolle“, so Svinhufvud. 

28 | BIOFORE

1/2017  | 29

Made with FlippingBook - Online Brochure Maker