BeiratAktuell-52

Soll ein Rechtsanwalt, Sachverständiger oder sonstiger Berater alle Eigentümer informieren, kann im Rahmen eines Ge- schäftsordnungsbeschlusses die Teilnah- me durch die anwesenden Eigentümer genehmigt werden (LG München I v. 29.01.15 – 36 S 2567/14). 4. Folgen fehlerhafter Vertretung Ist eine Stimmenabgabe mangels wirk- samer Bevollmächtigung als unwirksam

zu betrachten, so leidet der Beschluss an einem formellen Mangel und unterliegt der Möglichkeit der Anfechtung nach § 46WEG. Das Gericht ist jedoch gehal- ten, den Beschluss nur dann aufzuheben, sofern der formelle Mangel, also die feh- lerhafte Stimmenabgabe, Einfluss auf das Abstimmungsergebnis genommen hat. Ist die Stimme daher für das Ergebnis des Beschlusses nicht entscheidend, wird auch die Klage keinen Erfolg haben.

Selbstverständlich muss der Verwalter immer darauf achten, ob die erteilte Voll- macht zur Vertretung berechtigt und die Abgabe der Stimme daher zulässig ist. Sollte die abgegebene Stimme jedoch das sogenannte „Zünglein an derWaage“ sein, ist besondere Sorgfalt des Verwalters ge- fragt, um eine Haftung für dieAbfassung eines mangelhaften Beschlusses zu ver- meiden.

››› Wohnungseigentumsrecht ‹‹‹ von RA Rüdiger Fritsch Videoüberwachung in WEG-Anlagen Nicht nur eine Frage des Datenschutzes – Teil I

Anlage befugt ist, eigenständig eineVideo- überwachung durchzuführen.

lichen Bedenken begegnet, insbesondere verfassungs-, wohnungseigentums- sowie datenschutzrechtlicher Natur. Dabei können diese grundsätzlichen Be- denken jedoch im Einzelfall ausnahms- weise zurücktreten, sofern eine hinrei- chende grundrechtliche Rechtfertigung der Videoüberwachung vorliegt, diese im Rahmen der Grundsätze einer ordnungs- gemäßenVerwaltung des Gemeinschafts- eigentums erfolgt und die Anlage in da- tenschutzrechtlich unbedenklicher Weise betrieben wird. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Betrieb einer Videoüberwachungsanlage nur unter Beachtung der Grundrechte zulässig ist, da das sog. Recht am eigenen Bild als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts i.S.d. Art. 1, 2 Grundgesetz (GG) einem besonderen verfassungsrechtlichen Schutz unterliegt. a) Das Recht am eigenen Bild beinhaltet die Befugnis einer jeden Person, frei zu ent- scheiden, ob, wie, wann und durch wen von ihr Bildnisse angefertigt und wie diese verwendet werden (vgl.: BGH, Urt. v. 25.4.1995 –VI ZR 272/94, NJW 1995, 3. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung

Die Eigentümer mancher Wohnungsei- gentumsanlage haben mit zunehmendem Vandalismus, Beschädigung oder Verun- staltung ihres gemeinschaftlichen Eigen- tums, Einbrüchen und Diebstählen zu kämpfen. Betroffen sind überwiegend leicht zugängliche, aber schwer kontrol- lierbare Bereiche wie Hauseingangsan- lagen, Aufzüge und Tiefgaragen. In sol- chen Fällen wird oft der Ruf nach einer gemeinschaftlichenVideoüberwachungs- anlage laut. Umgekehrt ist bei manchem Bewohner (Eigentümer oder Mieter) angesichts ei- nes sich allgemein verschlechternden subjektiven „Sicherheitsgefühls“ dieVer- suchung groß, das Sondereigentum oder gar Bereiche des Gemeinschaftseigentums zu „überwachen“. In diesem Beitrag soll in Teil I daher am Beispiel einer gemeinschaftlichen Tief- garage dargestellt werden, unter welchen Voraussetzungen eine Wohnungseigen- tümergemeinschaft die Möglichkeit hat, im Bereich gemeinschaftliche Anlagen und Einrichtungen eineVideoanlage recht- mäßig zu installieren und zu betreiben. In Teil II wird der Frage nachgegangen, ob und unter welchen Voraussetzungen der einzelne Eigentümer oder Mieter der

1. Der Ausgangsfall Die Wohnungseigentümergemeinschaft X-Straße besitzt eine Tiefgaragenanlage mit etlichen als eigenständige Teileigen- tumseinheiten ausgebildeten PKW-Stell- plätzen im Untergeschoss des Objekts, die über eine Zufahrtsrampe mit Rolltor sowie durch verschiedene Durchgangs- schleusen im Keller zugänglich ist. Dabei sind die einzelnen Tiefgaragenstellplätze mit seitlichen Maschengittern voneinan- der abgegrenzt und mit ebensolchen Git- tertüren versehen. In letzter Zeit wurde mehrfach bei verschiedenen Stellplätzen eingebrochen. Hierbei wurden die Gitter aufgeschnitten, verschiedene Gegenstän- de entwendet und nicht unerheblicher Sachschaden an den abgestellten Fahr- zeugen angerichtet. Der oder die Täter konnten trotz aller Anstrengungen nicht ermittelt werden. DieWohnungseigentü- mergemeinschaft erwägt nun, die Tiefga- rage mit einer Videoüberwachungsanlage zu versehen. 2. Die rechtlichen Hürden Voranzustellen ist, dass die Installation einer Videoüberwachungsanlage, insbe- sondere einer solchen, die Bildaufzeich- nungen fertigt, nicht unerheblichen recht-

7

BEIRAT AKTUELL 52/III-19

Made with FlippingBook HTML5