Blickpunkt Schule 2/2024

Arbeit an ihrem Wettbewerbsbeitrag nicht adäquat gerecht zu werden. Der offizielle Startschuss fällt dann Anfang September in einer Auftaktver anstaltung, zu der auch Interessierte dazustoßen, die durch Aushänge oder Info-E-Mails auf den Wettbewerb auf merksam geworden sind. Im Rahmen dieser Veranstaltung wird schließlich auch das Thema bekannt gegeben und das weitere Vorgehen skizziert, sofern sich die Schülerinnen und Schüler zu einer Teilnahme entschließen. In den nun folgenden Wochen stehen die Re cherche und Erschließung der Quellen und schließlich das Verfassen der Ar beit an. Der Großteil der Projekte ba siert dabei häufig auf Unterlagen des Gießener Stadtarchivs, dessen Leiter Dr. Christian Pöpken die Kinder und Ju gendlichen engagiert bei Fragen un terstützt und das Archiv auch außer halb der regulären Öffnungszeiten für Recherchen zugänglich macht. Für die Schülerinnen und Schüler ist das Ar beiten im Stadtarchiv besonders faszi nierend, wie beispielsweise die dama lige Zwölftklässlerin Amelie Hofmann in ihrem Arbeitsbericht hervorhebt: »Wenn ich davor an Archive gedacht habe, dachte ich eher an einen dunk len, einsamen Kellerraum, doch meine Vorstellung hat sich so gar nicht be wahrheitet: Im vierten Stock, sozusa gen über den Dächern von Gießen, durfte ich fast hundert Jahre alte Do kumente durchblättern (…) – das war schon faszinierend.« 8 Um die Teilneh merinnen und Teilnehmer bestmöglich bei der Auswertung der Archivalien zu unterstützen und bei ihren Projekten zu begleiten, hat sich in der vergange nen Runde die Einrichtung einer wö chentlich stattfindenden AG bewährt. Hier kann die Zeit entweder zur indivi duellen Weiterarbeit oder für Gesprä che mit den Tutorinnen und Tutoren über die nächsten Arbeitsschritte ge nutzt werden. Das Besondere am Geschichtswett bewerb ist, dass, wie bereits beschrie ben, besonders historisch interessier te Schülerinnen und Schüler alleine oder in einer Gruppe ihre Begabungen und Talente entdecken und gezielt gefördert werden können, was so im

ten Runde beispielsweise auch ein Projekt, in dem die damalige Siebt klässlerin Hebe Cerwenka zu den Er lebnissen ihrer Großmutter während des Zweiten Weltkrieges ein fiktives Tagebuch erstellte und so neben ih rem historischen Interesse auch ihrer Leidenschaft des freien Schreibens nachgehen konnte. 11 Insgesamt trägt der Geschichts wettbewerb des Bundespräsidenten maßgeblich dazu bei, die Begabungen der Schüler im Bereich der Ge schichtsforschung zu fördern und zu entwickeln. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten die Chance, ihre individuellen Stärken zu entdecken und ihre Fähigkeiten auf einzigartige Weise zum Ausdruck zu bringen. Der Geschichtswettbewerb ist am LLG so mit ein wichtiger Baustein in der För derung von begabten Schülerinnen und Schülern. Dr. phil. Steffen Boßhammer 1 https://koerber-stiftung.de/projekte/geschichts wettbewerb/, letzter Aufruf: 2. März 2024. 2 Eine Auflistung aller Preisträgerinnen und Preis träger ist auf der Homepage des LLG einsehbar. 3 Pörschke, Kirsten, Schülererfahrungen mit dem Geschichtswettbewerb, in: Sauer Michael (Hrsg): Spurensucher. Ein Praxisbuch für historische Pro jektarbeit, Hamburg 2014, S. 319-338. 4 Sauer, Michael, Projekte und Projektarbeit in Ge schichte, in: Ders. (Hrsg): Spurensucher. Ein Pra xisbuch für historische Projektarbeit, Hamburg 2014, S. 9-30. 5 Beitrag von Pascal Jung (2021) zum Thema: ‘Als das Fahrrad auf die Welt kam, war es männlich’. Die Geschichte von Sigrid Magel und dem Rad sport, hier: S. 52. 6 Beck, Wolfhart, Tutorinnen und Tutoren im Ge schichtswettbewerb – eine besondere Rolle, in: Sauer Michael (Hrsg): Spurensucher. Ein Praxis buch für historische Projektarbeit, Hamburg 2014, S. 339-351. 7 Der Band mit Beiträgen von Maya Katharina Gel zenleuchter, Johanna Gerschlauer, Pascal Jung und Rami Ladouz kann unter diesem Link aufge rufen werden: http://dx.doi.org/10.22029/jlu pub-18438. 8 Beitrag von Amelie Hofmann (2023) zum Thema: Die Anfänge des Gießener Flussstraßenviertels in unterschiedlichen politischen Systemen Klein wohnungsbau 1928-1939 am Beispiel des Aster wegs und der Werrastraße, hier: S. 51. 9 Beitrag von Michael Gleiser und Joshua Dyck (2023) zum Thema: Wohnen am Rande der Gießener Gesellschaft. Der Wohnwagenplatz an der Lahn zu Beginn der ‘Goldenen Zwanziger’, hier: S. 26. 10Beitrag von Rami Ladouz (2023) zum Thema: Die Hyperinflation und der Gießener Wohnungsmarkt 1923. Konflikte zwischen Mietern, Vermietern und städtischen Behörden, hier: S. 29f. 11 Beitrag von Hebe Cerwenka (2023) zum Thema: Wohnen im Zweiten Weltkrieg. Das Tagebuch von Lony Atzbach aus dem Forstgarten bei Gießen im Winter 1941.

Der Geschichtswettbewerb

Titelthema

https://koerber-stiftung.de/ projekte/geschichtswettbewerb/

‘normalen’ Geschichtsunterricht nicht in diesem Maße möglich wäre. Die da maligen Achtklässler Michael Gleiser und Joshua Dyck resümieren: »Der Geschichtsunterricht ist ein ganz nor males Schulfach, in dem man im Buch oder mit Arbeitsblättern arbeitet (…). Beim Geschichtswettbewerb arbeitet man fast ausschließlich mit Quellen und Bildern, man gestaltet und schreibt viele Texte. Somit ist der Ge schichtswettbewerb spaßiger als der normale Geschichtsunterricht.« 9 Wie das Zitat aus dem Arbeitsbericht zeigt, lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie man historische Quel len kritisch analysiert und hinterfragt, Informationen sinnvoll strukturiert und Zusammenhänge herstellt. Au ßerdem werden sie dazu ermutigt, selbstständig zu recherchieren und verschiedene Perspektiven zu berück sichtigen. Nicht selten wachsen die Schülerinnen und Schüler dabei über sich hinaus und erwerben neben neu em Wissen auch personenbezogene Kompetenzen, wie der folgende Aus zug aus dem Arbeitsbericht des da maligen Abiturienten Rami Ladouz deutlich macht: »Durch die Arbeit an sich konnte ich gewinnbringende Er fahrungen sammeln. (…) Mir persön lich hat es gezeigt, dass ich dazu fä hig bin, selbstständig an einem gro ßen Projekt zu arbeiten und auch in Zukunft mit viel Beharrlichkeit und Ehrgeiz große Herausforderungen bewältigen zu können.« 10 Darüber hinaus bietet der Wettbe werb den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, ihre Begabungen auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck zu bringen und innovative Ideen zu entwickeln. Neben schriftlichen, auf wissenschaftlichen Standards beru henden Arbeiten entstand in der letz

14

SCHULE

Made with FlippingBook Online newsletter creator