GOLF TIME 3-2017

GÖTZ ZITAT

Alter Wein in neuen Schläuchen

P rofigolfturniere, die über vier Tage im Zählspielmodus ausgetragen werden, sind nichts anderes als eine große Wundertüte. Egal ob Majorturnier oder reguläres Tour-Event, das Interesse für das Treiben der Golfstars steht und fällt mit der Gemengelage auf dem Leaderboard. Wenn sich Top-Stars wie Dustin Johnson, Jordan Spieth oder Rory McIlroy ein Duell auf Augenhöhe liefern, sitzen die Zuschauer gebannt vor den Bild- schirmen. Zelebriert jedoch der Exot mit dem unaussprechlichenNamen einen einsamenDurch- marsch, geht die Sonne der Unterhaltung so schnell unter, dass selbst Zwerge wie der „Tatort“ am Sonntagabend lange Schatten werfen können. Um dieser Unberechenbarkeit, die der Zählspiel- modus mit sich bringt, entgegenzuwirken, be- ginnen die Verantwortlichen der großen Touren, in neuen Bahnen zu denken. European Tour Chef Keith Pelley testete im Februar in Australien erfolgreich ein neues Format. Bei der „ISPS Handa World Super 6 Perth“ absolvierten die Profis erst ein Zählspielturnier über 54 Löcher, um die besten 24 Teilnehmer zu ermitteln. Der spätere Sieger musste am Sonntag schließlich fünf K.-o.-Runden im Matchplay überstehen, wobei die Duelle jeweils nur über sechs Löcher ausgetragen wurden. Damit sollte Spannung bis zum Schluss garantiert werden. Obwohl an dem Turnier kaum namhafte Spieler teilnahmen, war das weltweite Publikumsinteresse enorm. Schon im Mai folgt mit „Golf Sixes“ ein weiteres neuartiges European Tour-Event. 16 Nationen- Teams, bestehend aus je zwei Spielern, treten im Matchplay über sechs Bahnen gegeneinander an. Nach einer Gruppenphase, in der es für einen Sieg drei Punkte bzw. für ein Unentschieden einen Zähler zu gewinnen gibt, wird ab dem Viertel- finale im K.-o.-Modus gekämpft, bis der Sieger feststeht. Als weitere Innovation plant die Euro- pean Tour in naher Zukunft ein Nachtgolfturnier. Mit der Hero Challenge präsentiert Keith Pelley ein regelrechtes Golfspektakel. Schon im letzten

Jahr wurde das als aufsehenerregendes Turnier- rahmenprogramm konzipierte Golf-Show-Event erfolgreich vorgestellt. Die Zutaten: Ein Par-3- Zielschießen mit Golfstars und Prominenten, ausgetragen in einer Art Stadion, untermalt mit lauter Rockmusik, Flammensäulen und Flutlicht. 2017 wird es drei weitere Hero Challenges geben und auch für die folgenden beiden Jahre hat sich Hauptsponsor Hero Motocorp verpflichtet. In den USA erwartet die Zuschauer bei der Zurich Classic Ende April ebenfalls ein neuartiges For- mat. 80 Teams werden sich im Zählspiel messen, jedoch wird abwechselnd (wie beim Ryder Cup) im Foursome- bzw. Fourball-Format gespielt. Nicht zuletzt aufgrund der Teilnahme vieler Top- Spieler der PGA Tour sollte die Zurich Classic ein voller Erfolg bei den Zuschauern werden. Doch sollte man jetzt noch lange nicht aufhören weiterzuexperimentieren. Um das Zählspiel aufzupeppen, könnte man bspw. eine Variante testen, bei der auf einem Grün eine Fahne leicht, eine mittel und eine schwer gesteckt wurde. Ein Spieler bekommt entsprechend mehr Punkte, wenn er die schwere Variante wählt. Dies würde dafür sorgen, dass es mehr taktisches Spiel bzw. dramatische Aufholjagden in Turnieren gäbe und riskantes Golf stärker belohnt werden würde. Wenn alle Maßnahmen nichts fruchten, gibt es immer noch genügend wirklich absurde Varia- tionen. Ich könnte mir ein Turnier vorstellen, bei dem der Spieler während der Runde zufällig diverse Spielmodifikationen vorgegeben bekommt. So muss er bspw. ein Loch mit Linkshandschlä- gern absolvieren (als Rechtshänder), eine andere Bahn muss auf Zeit gespielt werden (darüber würde sich John Daly sicher besonders freuen). Oder der Caddie und der Spieler müssten für ein Loch die Rollen tauschen. Auch das „Nur-ein- Schläger-Loch“ wird immer gern genommen. Den Möglichkeiten, Profigolfturniere interessan- ter zu gestalten, sind also keine Grenzen gesetzt. Uns Zuschauern kann das nur recht sein. GT

GÖTZ SCHMIEDEHAUSEN Seit 2011 Mitarbeiter bei

GOLF TIME und leidenschaftlicher Profigolf-Junkie. Fragt sich seit Jahr und Tag, warum fast alle Golfturniere im Zählspielmodus ausgetragen werden, wenn doch der Ryder Cup mit seinen Match- play-Variationen das beliebteste Golfturnier der Welt darstellt.

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unaussprechlichen Namen einen ein­ samen Durchmarsch, geht die Sonne der Unterhaltung so schnell unter, dass selbst Zwerge wie der „Tatort“ am Sonntag­ abend lange Schatten werfen können ...«

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