GOLF TIME 6/2019

GOLFREGELN | TEIL 6

Don Jaly und der falsche Ball FAKTOR ZUFALL Ein Pro hat im Le Kempferhof nachweislich einen falschen Ball gespielt und wurde dennoch nicht bestraft. Wie ist das möglich?

E s war mal wieder einer dieser Tage, wo des einen Unglück mit dem Glück des anderen eng ver- bunden war. Le Kempferhof im Frühjahr – ein kalter, feuchter und sehr windiger Tag. Der zweite Tag und es ging um den Cut, der bei –1 lag. Der kleine gedrungene Engländer, der in dieser Woche das erste Mal dabei war, verzog seinen Abschlag an der 3 nach links in das fette Rough, das sich zwischen der Bahn 4 (Par 5) und der Bahn 3 (Par 4) befand. Zur gleichen Zeit verzog der junge, schlaksige Deutsche, der mit Don Jaly spielte, seinen Abschlag auf der 4 auch nach links, sodass diese beiden Bälle nahe- zu an der gleichen Stelle liegen mussten. Der Deutsche fand nach kurzer Suchzeit seinen Ball, den er auf jeder Seite mit acht roten gleichmäßigen Punkten um die Zahl auf beiden Seiten nahezu angemalt hatte. Das war seine Art, die Golfbälle zu kennzeichnen. Er schlug den Ball vor das Wasserhindernis und traf den Ball dann so fett, dass er unwiderruflich im Wasser- hindernis verschwand.

kierung zeigen. Hierbei stellten beide fest, dass sie exakt die gleiche Art hatten, ihre Bälle zu kennzeichnen – acht rote gleich- mäßige Punkte um die Zahl – wie gemalt. Die Punkte von dem Engländer waren ein bisschen feiner, was man allerdings nur erkennen konnte, wenn man die Bälle nebeneinander legte. Der Engländer gab seine Karte unter Protest ab. Es ließ dem Engländer keine Ruhe und er ging mit seinen Pro Kollegen noch mal das Rough zwischen der 3 und der 4 ab und fand nach einer guten halben Stunde einen mit acht roten Punkten markierten Ball – natürlich hatten auch beide Pros die gleiche Marke gespielt. Sein Vergleich ergab, dass der nun gefundene Ball der des Deutschen gewesen sein musste, da die Punkte minimal größer waren. Er legte noch mal Protest ein. WIE WAR JETZT ZU ENTSCHEIDEN? Der Score vom Engländer stand und war auch nicht mehr zu verändern. War der Deutsche zu disqualifizieren, weil er einen falschen Ball gespielt hatte? Hatte er damit einen falschen Score auf seiner Karte? Eine spannende Frage, da die Disqualifi- kation dazu geführt hätte, dass der Cut auf Level Par gegangen wäre und somit weitere sieben Personen – unter anderem der Engländer – den Cut erreicht hätten. DIE ENTSCHEIDUNG Der Deutsche wurde nicht disqualifiziert, weil er mit bestem Wissen und Gewissen seinen eigenen Ball gespielt hatte. Es gab auch keinen Vergleichsball mehr, da er den evtl. für ihn falschen Ball ja unwiderruflich in einem Wasserhindernis versenkt hatte. In den neuen Regeln behandelt die Regel 6.3c den Falschen Ball . Diese Anwendun- gen kommen aber in diesem Fall nicht zum Tragen. GT

DR. ULRIKE GARTZ UND HOLGER GARTZ haben seit 1997 über 250 Turniere und

Der Engländer hingegen fand seinen Ball nicht. Schon während des Suchens hatte er den Deutschen gefragt, ob er sicher sei, seinen eigenen Ball gespielt zu haben, was dieser bejahte. Der Engländer musste zurück zum Abschlag und verpasste am Ende um einen Schlag den Cut. Nach der Runde ließ sich der Eng- länder, der kaum zu beruhigen war, von dem jungen Deutschen dessen Ballmar- Turnierserien im Profi- und Amateurbereich veranstaltet und organisiert. Als Spielleiter sind beide seit 2005 im Golfverband Nieder- sachsen-Bremen tätig. Dr. Ulrike Gartz hat die Prüfung zum R&A Referee 2011 mit Erfolg bestanden

WO IST MEIN BALL? Kuriose Ball-Such-Situation im Le Kempferhof...

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GOLF TIME | 6-2019

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