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Seite 4

LIV-REPORT

Vorab

den

exakten

Kostenplan,

nach

Änderungen

zeitnah

die

Neuberech-

nung.

So

rationell

kann

Bauen

werden.

Das Building Information Mode-

ling BIM kann gerade die Planungs-

und Bauabläufe optimieren. Das

heißt aber nicht zwingend, dass Pro-

jekte künftig schneller realisiert wer-

den.

Schon heute sind sich viele Experten si-

cher: BIM wird das Werkzeug der Zukunft in

der Baubranche sein. Die Angst von Archi-

tekten, sie könnten durch den Computer er-

setzt werden, ist unbegründet. Denn BIM ist

keine „künstliche Intelligenz“ oder „künstli-

che Kreativität“. BIM ist ein „Instrument“,

um Planungs- und Bauabläufe für alle Betei-

ligten transparenter zu machen und um Pla-

nungsfehler zu vermeiden. BIM ist also keine

Software, sondern eine „integrale Planungs-

und Arbeitsmethodik“, wie es das Bauforum

Österreich beschreibt.

Ein funktionierendes BIM ist gleichzeitig

eines der wichtigsten Kommunikationsmittel.

Werden auch nur in einem Teilbereich oder

an einem Bauteil Änderungen vorgenommen,

wird das komplette Projekt neu berechnet.

Und das – je nach Änderung – in den Berei-

chen Energie, Statik, Zeit und Kosten.

Die vollständige Digitalisierung der Pla-

nungs- und Baudaten erlaubt zudem frühzei-

tig dreidimensionale Ansichten des Gesamt-

objekts oder seiner Teilbereiche - selbst nach

Änderungen in der Planung oder beim Bau-

ablauf.

Ein Beispiel: Während des Bauablaufs

wird entschieden, dass einige Änderungen an

der Dachkonstruktion vorgenommen werden

müssen. Diese Änderungen werden unmittel-

bar im BIM digitalisiert, berechnet und allen

Beteiligten, vom Planer über den Auftragge-

ber bis zu den betroffenen Handwerkern und

Folgegewerken sowie dem Betreiber zur Ver-

fügung gestellt.

Die Desaster bei Großprojekten wie dem

Berliner Flughafen oder der Elbphilharmonie

in Hamburg gaben Bundesminister Alexander

Dobrindt den Anstoß, 2014 eine „Reform-

kommission Großprojekte“ ins Leben zu ru-

fen. „Erst digital, dann real bauen“ lautet der

Grundsatz.

In seinem Kern ist BIM eine Erstellung

von dreidimensionalen Modellen eines Bau-

werks. Da auch Zeit und Kosten dargestellt

werden, wird von einem fünfdimensionalen

Modell gesprochen. Diese Modelle beinhalten

auch material- und umweltrelevante Daten.

Dazu gehören Materialeigenschaften, Lebens-

dauer, Brand- und Schallschutzverhalten. All

diese Daten werden zusätzlich mit den geo-

metrischen Informationen, also dem Ent-

wurf, verknüpft.

Im Stufenplan Digitales Planen und Bau-

en des Bundesministeriums für Verkehr und

digitale Infrastuktur BMVI lautet die exakte

Definition:

„Building Information Modeling bezeich-

net eine kooperative Arbeitsmethodik, mit

der auf der Grundlage digitaler Modelle eines

Bauwerks die für seinen Lebenszyklus rele-

vanten Informationen und Daten konsistent

erfasst, verwaltet und in einer transparenten

Kommunikation zwischen den Beteiligten

ausgetauscht oder für die weitere Bearbeitung

übergeben werden.“

Ziel ist es, eine höhere Planungs- und

Kostensicherheit zu erreichen und die Kos-

ten für den gesamten Lebenszyklus eines

Bauwerks zu optimieren. Damit soll nicht nur

ein permanentes Controlling ermöglicht wer-

den. Bereits bei der Ausschreibung solcher

Projekte soll BIM helfen, mehr als heute

noch üblich Qualitätskriterien bei der Verga-

be zugrunde zu legen. Es soll künftig mehr

Wert auf das wirtschaftlichste Angebot, nicht

auf das billigste Angebot gelegt

werden.

Insider sind über diese von

insgesamt zehn Kernempfeh-

lungen der Reformkommission

allerdings etwas erstaunt: Ist

doch nicht erst seit gestern in

der VOB/A im §16 (6) nachzu-

lesen: „Bei der Beurteilung der

Angemessenheit sind die Wirt-

schaftlichkeit des Bauverfahrens

(...) zu berücksichtigen“.

Ab Mitte 2017 sollen in

steigender Anzahl von Projek-

ten die BIM-Mindestanforde-

rungen des Leistungsniveaus 1

eingesetzt werden. Endziel des

Stufenplans ist auf jeden Fall,

ab Ende 2020 bei neu zu pla-

nenden Projekten der Verkehrs-

infrastruktur des Bundes dieses

Leistungsniveau 1 umzusetzen.

Das Leistungsniveau 1 be-

schreibt exakt die Daten, die Prozesse und

die Qualifikationen, die zu erbringen sind.

Dazu gehören u. a. Auftrags-Informations-

Anforderungen (AIA) ebenso wie ein BIM-

Abwicklungsplan (BAP) und die geforderte

BIM-Kompetenz.

BIM wird kommen. Darüber dürften

kaum Zweifel bestehen. Die Projekte des

BMVI machen den Anfang. Planen und Bau-

en wird transparenter. Teure Nachträge kön-

nen vermieden werden. Nur wenn von An-

fang an klar ist, was ein Projekt kostet, kann

auch objektiv darüber entschieden werden.

Und das auch auf das Risiko hin, dass man-

ches Großprojekt an seiner Akzeptanz in der

Bevölkerung scheitern wird, wenn die tat-

sächlichen Kosten im Voraus bekannt sind.

In einer im Mai 2015 veröffentlichten Studie

der Hertie School of Gouvernance GmbH

wurden 170 solcher Projekte unter die Lupe

genommen:

„Für abgeschlossene Projekte (n=119)

beträgt die durchschnittliche Kostensteige-

rung pro Projekt 73 %.“. Und weiter: „Insge-

samt sind die 170 Infrastrukturprojekte in

Deutschland um 59 Milliarden Euro teurer

als geplant – statt 141 werden sie mindestens

200 Milliarden Euro kosten“.

Es gibt viel zu tun. Dann aber könnte

BIM zum „Quantensprung“ im Bau werden.

Immer alles im Griff

BIM mehr als nur ein Rationalisierungswerkzeug

20 Jahre aktuell

Foto: Fotolia