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GOLF TIME
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4-2017
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s war ein stürmischer Februar-
tag im Golfclub El Saler. Hier
fanden schon etliche Qualifika-
tions-Turniere und 2003 die Seve
Trophy statt. Der Sturm hatte einige Bun-
ker komplett entsandet. Die Spieler knieten
immer wieder in den Mulden nieder, wäh-
rend sie auf die Ausführung ihres nächsten
Schlages warteten, um nicht völlig den
Urgewalten ausgeliefert zu sein. Don Jaly
war nun auch einer von den Spielern, die
den Punch meisterlich beherrschen. Bei
den starken Böen allerdings schlug er
seinen Ball am Par 5 in Richtung dieses
fürchterlichen Gestrüpps – bekanntlich
ein großer Bestandteil dieses fantastischen
Golfcourses.
Als Don Jaly nun zu seinem Ball kam,
lag dieser wie von Geisterhand platziert auf
einem dieser Kunstoffdeckel, unter denen
sich die Wasserhähne für die Platzbewäs-
serung verbergen.
HIER GREIFT DER TEIL DER
REGEL 24-2 a) BEHINDERUNG
Behinderung durch ein unbewegliches
Hemmnis ist gegeben, wenn ein Ball darin
oder darauf liegt, oder wenn die Stand-
position des Spielers oder der Raum sei-
nes beabsichtigten Schwungs durch das
Hemmnis betroffen sind.
Don Jaly nimmt seinen Ball auf, um jetzt
nach
Regel 24-2 b) ERLEICHTERUNG
zu
nehmen. Ausgenommen der Ball ist in
einem Wasserhindernis oder seitlichem
Wasserhindernis, darf ein Spieler von
Behinderung durch ein unbewegliches
Hemmnis folgendermaßen Erleichterung
in Anspruch nehmen:
IM GELÄNDE:
Liegt der Ball im Gelände,
muss der Spieler den Ball aufnehmen und
ihn straflos innerhalb einer Schlägerlänge
von dem nächstgelegenen Punkt der Er-
leichterung – nicht näher zum Loch als die-
ser Punkt – fallen lassen. Der nächstgelegene
Punkt der Erleichterung darf nicht in
einem Hindernis oder auf einem Grün
sein. Wird der Ball innerhalb einer Schlä-
gerlänge vom nächstgelegenen Punkt der
Erleichterung fallen gelassen, muss er
zuerst an einer Stelle auf einem Teil des
Platzes auftreffen, der die umschriebene
Behinderung durch das unbewegliche
Hindernis ausschließt.
Was Don Jaly vollkommen außer Acht
gelassen hatte, als er den Ball aufnahm,
dass er nun in dem Gestrüpp droppen
musste, da er kein Anrecht darauf hatte,
sich die schönste Stelle auszusuchen, son-
dern nach der Definition nächstgelegener
Punkt der Erleichterung handeln musste.
DEFINITION: NÄCHSTGELEGENER
PUNKT DER ERLEICHTERUNG
Der „nächstgelegene Punkt der Erleichte-
rung“ ist der Bezugspunkt für Inanspruch-
nahme von strafloser Erleichterung von
Behinderung durch ein
unbewegliches
Hemmnis (Regel 24-2)
, einen
ungewöhn-
lich beschaffenen Boden (Regel 25-1)
oder ein
falsches Grün (Regel 25-3)
.
Er ist der dem Ball nächstgelegene
Punkt auf dem Platz,
a) der nicht näher
zum Loch ist
und
b) an dem, läge der Ball
dort, keine Behinderung
durch den Um-
stand, von dem Erleichterung in Anspruch
genommenwird, bestehenwürde. Letzteres
gilt für den Schlag, wie ihn der Spieler an
der ursprünglichen Lage des Balls gemacht
hätte, wenn es den behindernden Umstand
dort nicht gegeben hätte.
In diesem Augenblick kam der Chief
Referee, ein Engländer, der mit seinem
roten Kopf immer so aussah, als käme er
gerade aus der Sauna, dazu. Ein sehr er-
fahrener Mann, der die Tour schon über
15 Jahre begleitet. Ein sehr gewissenhafter
Referee, der durch seine exzellenten Regel-
kenntnisse eine hohe Akzeptanz bei den
Professionals hat.
Jetzt fiel es Don Jaly wieder ein, dass
er ja volle Erleichterung nehmen musste.
Er bestimmte den nächsten Punkt der Er-
leichterung mithilfe des Chief Referees und
droppte nun den Ball in dem Gestrüpp.
Danach erklärte er den Ball für unspiel-
bar nach
Regel 28, Ball unspielbar
: Der
Spieler darf seinen Ball überall auf dem
Platz für unspielbar halten, ausgenommen,
der Ball ist in einem Wasserhindernis. Ob
sein Ball unspielbar ist, unterliegt einzig
und allein der Entscheidung des Spielers.
Hält der Spieler seinen Ball für unspielbar,
muss er mit einem Strafschlag entscheiden,
wie er vorgeht: Don Jaly wählte die
Option b)
einen Ball in beliebiger Ent-
fernung hinter dem Punkt, an dem der
Ball lag, fallen lassen, wobei dieser Punkt
auf gerader Linie zwischen dem Loch und
der Stelle liegen muss, an der der Ball fallen
gelassen wird.
Durch sein zu schnelles Handeln hatte
er sich nun einen Strafschlag zugezogen
sowie einen gewissen Distanzverlust, denn
er wäre jederzeit in der Lage gewesen, den
Ball von dem Kunststoffdeckel zu spielen.
Es ist nicht immer ratsam, den Freedrop
zu suchen, oft ist es besser, den Ball einfach
zu spielen, wie er liegt. Don Jaly schaffte
dennoch den Cut, der nach diesem Tag bei
ungewöhnlichen +11 lag.
GT
DR. ULRIKE GARTZ UND
HOLGER GARTZ
haben seit 1997 über 250 Turniere und
Turnierserien im Profi- und Amateurbereich
veranstaltet und organisiert. Als Spielleiter
sind beide seit 2005 im Golfverband Nieder-
sachsen-Bremen tätig. Dr. Ulrike Gartz hat
die Prüfung zum R&A Referee 2011 mit
Erfolg bestanden
GOLFREGELN |
TEIL 4
Don Jaly und
der Freedrop
CLEVER SEIN
Nicht nur eine Regelfrage: Auf das richtige Droppen kommt es an.