GOLF TIME 3/2016

TRAINING | SPORTPHYSIO

DR. CHRISTIAN HAID Biomechaniker, Universitätsklinik Innsbruck

IM EINKLANG SEIN DIE FREUDE AN DER PERFEKTION Was Golfer von einem Dirigenten lernen können. J ede Tätigkeit kann man versuchen, optimiert durchzuführen. Das gilt für alle Bereiche des Lebens. Wie man das angeht wurde, vom kürzlich verstor- funktioniert, dann schaffen wir auch die Vor- aussetzung, um gute Leistungen zu erbringen.

Effizienz des Krafteinsatzes. Inwieweit das möglich ist, hängt wiederum von den Ge- lenksstellungen ab. Man hört zwar hin und wieder von dieser Art des Krafteinsatzes, jedoch wird nicht geklärt, wann, wo und unter welchen Umständen dies auch sinnvoll ist. Dazu muss man zurück zur Aussage von Harnoncourt, der sagt: „Was man wissen kann, das will ich wissen – und das braucht Zeit.“ Manchem Leser mag dieser Zugangsweg um- ständlich und aufwendig erscheinen. Aber es geht letztendlich darum, eine Bewegung zu verstehen und diese dann zu erlernen. In der Schwingung eines Pendels steckt tiefste Harmonie, wer also mehr machen möchte, als nur auf einen Ball zu schlagen und dann die Anzahl der Schläge zusammenzuzählen, der kann im Golfschwung Erfüllung finden. Hält man sich vor Augen, dass Harnon- court viel Zeit aufgewendet hat, um ober- flächlich betrachtet Kleinigkeiten wie „asai“ und „molto“ besser interpretieren zu können, dann sollte es für uns sinnvoll sein, sich die grundlegende Idee der beschleunigten Pen- delschwingung erklären zu lassen. Es ergeben sich enorme Unterschiede durch die Verände- rung kleiner Details. Diese müssen wir jedoch wissen und erkennen. Damit schaffen wir die Voraussetzung, um effizient üben zu können. Mir ist bewusst, dass diese Art der „Anleitung“ sehr theoretisch klingt, jedoch kann man Bewegungen besser vorführen als beschrei- ben, man kann den Golfer manches besser spüren lassen, als zu versuchen, es in Worte zu kleiden. Deshalb ist häufig mit wenigen Stunden Erklärung und Fühlen mehr erreicht, als mit dem Studium zahlreicher Bücher. Auf diesen Ideen baut „Healthy-Swing“ auf. Der Schüler bekommt mit einem Kurzvortrag wichtiges Hintergrundwissen und kann anschließend selbst spüren, wie sich die opti- mierte Bewegung anfühlt. So beginnt man die Bewegung und die physikalischen Effekte zu verstehen und kann sich in Zukunft selbst helfen. Der optimale Weg, um eigenständig effizient trainieren zu können. GT

Schau’n wir uns den Golfschwung unter die- sem Gesichtspunkt an: Berücksichtigen wir dabei, dass das Zeit braucht. Suchen wir Per- fektion. Wir werden feststellen, dass Physik, Muskelphysiologie und Anatomie Grundvor- aussetzungen für unsere Überlegungen sind. Arme und Schläger bilden physikalisch gesehen ein Doppelpendel. Das Besondere daran ist jedoch, dass der Aufhängungspunkt des Pendels beweglich gelagert ist. Die Bewe- gungsmöglichkeiten dieses Punktes werden von anatomischen Gegebenheiten beeinflusst. Der Rhythmus unseres Schwunges wird maßgeblich von der Schwingungsdauer des Pendels und von muskulären Eigenschaften beeinflusst. Unsere Muskulatur wird willent- lich angespannt, kann jedoch zusätzlich noch gedehnt werden. Dadurch erhöht sich die

benen Nikolaus Harnoncourt im Bereich der Musik deutlich ausgesprochen. Er sagte unter anderem: „… was man wissen kann über ein Stück, das will ich wissen – und das braucht Zeit.“ Und in einem Interview schilderte er sinngemäß, dass er den Musikern erklärt, worum es geht, denn dann sind sie imstande, hundert Prozent ihrer Leistung zu bringen. Diese Einsichten sind in der Musik, in der Wissenschaft und im Sport gleichermaßen von Bedeutung. Der Golfsport ist ein vielfälti- ges Betätigungsfeld, in dem die verschiedens- ten Anforderungen gestellt werden. Besinnen wir uns der Aussage von Harnoncourt, dann ist Wissen essenziell, um eine richtige Vor- gehensweise zu entwickeln. Wenn wir ver- stehen, wie in unserem Fall der Golfschwung

NIKOLAUS HARNONCOURT (rechts) und PHIL MICKELSON in sehr ähnlicher Pose: Man könnte es als Hinweis sehen, dass Musik und Golf auf höchstem Niveau sehr viele Gemeinsamkeiten haben

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