GOLF TIME 3/2019

(„ich sah alles nur noch verschwommen...“), erholte sich rasch wieder und legte ein fulmi- nantes Finish hin: auf den letzten sechs Löchern ein Eagle und drei Birdies – genau jenes Resultat, das Jack Nicklaus 1986 bei seinem Masters-Sieg hinzauberte. Von wegen schwaches Geschlecht. „Ich finde, in Augusta National zu gewin- nen, noch dazu das erste Damen-Turnier, die 18 hochzumarschieren mit all den Zu- schauern, ist eine Erfahrung, ein Erlebnis, das mit nichts zu vergleichen ist. Einfach ein- malig“, strahlte die erste Siegerin der Augusta National Women‘s Amateur. öSterreicHeriN ScHAFFt cUt Es hatten auch drei deutschsprachige Ama- teurinnen die Ehre, in Augusta dabei zu sein – wenn auch nicht so erfolgreich wie Jennifer Kupcho: Die Österreicherin Emma Spitz, 18, Girls-British-Open-Siegerin, schaffte als einzige den Cut. Die Deutsche Leonie Harm, amtierende Britische Amateurmeisterin, sowie Sophie Hausmann verpassten den Cut, durf- ten aber am Tag vor der Finalrunde selbst eine Trainingsrunde auf dem Augusta National spielen. Dass einmal tatsächlich auch Frauen im Augusta National abschlagen werden, war nur eine Frage der Zeit. Und wenn Augusta- Kritiker sich bemühen, dieses erste Damen- Turnier auf dem heiligen Rasen an der Washington Road als einen reinen PR-Gag abzutun, dann kann man nur dagegenhalten, dass sie es nicht einmal für notwendig ge- halten haben, sich vor Ort von der Euphorie und Ausstrahlung dieses ersten Damen- Turniers zu überzeugen (siehe bitte auch TIME OUT auf Seite 114). Gt

tHoMAS FiScHBAcHer GOLF TIME-Redakteur

STREBEnnAch PERfEkTiOn MeiNUNg Thomas Fischbacher über seine Premiere beim Masters in Augusta. Als kürzlich ein unbekannter Täter im Hochsommer, wenn der Augusta National nicht mal für Mitglieder geöffnet ist, höchst illegalerweise eine Drohne über die exklusive Anlage an der Washington Road fliegen ließ, offenbarte der heilige Gral der Golfplätze sein ungeschminktes Gesicht: zahlreiche kahle, braune Stellen. Nicht das so gewohnte blühende Früh- lingsgewand der Masters-Woche. Nicht weiter ungewöhnlich, aber doch so unge- wohnt. Man kennt Augusta eben nur aus dieser ersten vollen Woche des Aprils, in der alles so perfekt ist. Es war mein erstes Mal beim Masters. Und es dauerte nicht lange, bis Augustas Streben nach Perfektion sichtbar wurde. Es geht los auf dem Parkplatz, dessen kahle Stellen grün besprüht werden. Geht weiter beim digitalen Angebot, das seit diesem Jahr die Funktion aufweist, jeden Schlag eines jeden Spielers quasi umgehend nach Ausführung als Video anzubieten. Man könnte diese Liste ewig fortführen. Es ist ein besonderer Augenblick, zum ersten Mal unter der großen Eiche ein Interview zu führen, die kleine, aber feine Whisky-Sammlung in der Bar im ersten Stock des Clubhauses zu bestaunen oder festzustellen, dass dort auch Score- Karten für Bridge ausliegen. Dazu die Memorabilien in den Vitrinen, die Bilder der Legenden, Bernhard Langers Maha- goni-Spind im Champions Locker. An meinem ersten Tag in Augusta spielten auf dem Platz übrigens aus- schließlich Frauen: die weltbesten Amateurinnen bei der Einspielrunde des Augusta National Women’s Amateur. Was zeigt: Neben dem Bewahren all der Traditionen, der Regeln und Eigenheiten gibt es im Augusta National auch Wandel. Frei nach dem Motto „Alles zu seiner Zeit“. Es war historisch. Wie so vieles in Augusta.

erSte DAMeN-troPHÄe Augusta-Präsident Fred Ridley, Siegerin Jennifer Kupcho aus N. Carolina

eiNFAcH UNglAUBlicH „Es war eine große Ehre für mich, als Erste mit meinem Abschlag dieses Turnier eröffnen zu dürfen“, bedankte sich die 21-jährige Jennifer Kupcho bei der Siegerehrung acht Stunden später. „Und dann auch noch den letzten Putt zum Birdie zu lochen, war ein- fach unglaublich.“ Die Weltranglisten-Erste und Favoritin von der Wake Forest University (North Carolina) lieferte eine Traumrunde mit –5 am Schlusstag (gesamt –10 vor der Mexikanerin Maria Fassi –6) ab. Dabei schlugen die Damen von den gelben Tees ab, der Platz spielte sich insgesamt um 900 Meter kürzer als von den Herrenabschlägen. Die beiden Vorrunden wurden zuvor im nahe gelegenen Champions Retreat Golf Club ausgetragen, der Schlusstag im Augusta National Golf Club. Kupcho, zwischen Bahn acht und zwölf von einer Migräne geplagt

PreMiere Sophie Hausmann und Emma Spitz, Girl-British-Open-Siegerin, im Augusta National GC

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