GOLF TIME 3/2019

Club FITTING

zweifel angebracht Falscher lie-winkel – Potenzial für golferisches Desaster? Clubfitter Michael Welwarsky erklärt, worauf es ankommt.

I n den letzten Monaten häufen sich bei uns Anfragen bezüglich der Ver- änderung des Lie-Winkels, da sowohl Golflehrer als auch vor allem Kun- den auf diverse Fittingtabellen im Internet gestoßen sind und anhand derer für sich herausgefunden haben, dass ihr Lie-Winkel angeblich nicht korrekt sei. Eine weitere beliebte Ableitung ist die Betrachtung der Ansprechposition. Oft steht hier die Schlä- gerspitze ein wenig nach oben, was den einen oder anderen Spieler dazu veranlasst, den Lie-Winkel flacher biegen zu wollen. Doch seien wir mal realistisch: Den Ball interessiert die Stellung der Schlagfläche in Ihrer Ansprechposition herzlich wenig. Für den Ballflug ist lediglich entscheidend, in welchem Winkel das Schlägerblatt im Moment des Treffens steht. Wie der Weg dahin aussieht und wie kurios die Kom- pensationen teilweise auch sein mögen – solange das Schlägerblatt den Ball neutral trifft, spielt das alles keine Rolle mehr. TReFFeRquAlITäT Zur Veranschaulichung ein kleines All- tagsbeispiel: Vor wenigen Wochen kam ein Spieler zu mir, der ursprünglich auf der Suche nach einem anderen Schaft für die Verbesserung seines Trefferbilds war. Im Verlauf des Fittings wurde die schlechte Trefferqualität nicht signifikant durch einen anderen Schaft verändert, die Ball- daten und die Flugkurven waren sehr stabil und der Misshit konstant sehr weit links, was natürlich auch stark mit den Schwungeigenheiten des Spielers zusam- menhing. Die Schwungrichtung war deut- lich von außen nach innen und wirkte auf den ersten Blick sehr steil. Ein Blick auf die Datenlage des Launch- monitors zeigte aber, dass der Spieler gar nicht so steil wie vermutet an den Ball kam und sein derzeitiger Lie-Winkel der Eisen nicht zu seinem Schwung passte. Wir ent- schieden uns im Rahmen des Fittings, die

bAllKOnTAKT Eine weitere Methode ist die „Linien- methode“ auf dem Ball. Hierbei wird eine gerade Linie auf einen Ball gezeichnet, der dann so platziert wird, dass die Linie senk- recht zum Boden steht. Beim Ballkontakt überträgt sich diese Linie auf die Schlag- fläche des Eisens und anhand der Ab- weichung von der Senkrechten kann entschieden werden, ob der Lie-Winkel geändert werden muss. Doch auch diese Methode sollte immer nur eine Orientierung sein, in welche Richtung der Lie-Winkel geändert wird oder eben auch nicht. ORIenTIeRunG Eine weitere Möglichkeit der Lie-Winkel- bestimmung bietet die moderne Technik. Sowohl Trackman, Flightscope als auch das aktuelle Modell von Foresight erzeu- gen Daten, die bei dieser Aufgabe eine Orientierung bieten. Ein versierter Fitter wird im Rahmen des Termins auch immer auf diesen Bereich einen Blick werfen. Doch auch hierbei handelt es sich nur um einen weiteren Anhaltspunkt. In letzter Konsequenz bestimmt die Ball- startrichtung und damit am Ende des Tages der Ballflug den Lie-Winkel. Ist dieser tendenziell neutral – der Ball landet also mit dem gegebenen Lie-Winkel kons- tant im Ziel –, sollte der Winkel auch nicht geändert werden. Erst, wenn es einen kon- stanten Fehlschlag in Bezug auf die Ball- startrichtung bei den Eisen gibt, sollte man sich intensiv mit dem Thema Lie-Winkel beschäftigen. Dies gilt übrigens – wenn auch in etwas geringerem Maße – für Hölzer und Hybrids. Vereinfacht gespro- chen: Je weiter der Ballstart nach rechts (ausgehend von einem Rechtshänder) geht, desto eher hilft ein etwas steilerer Lie- Winkel und umgekehrt. Startet Ihr Ball also schon sehr weit links und im Fitting wird ein steilerer Lie-Winkel empfohlen, dann sind Zweifel durchaus angebracht. GT

Eisen von 3° upright auf 1° upright zu ver- ändern. Diese Änderung sorgte sofort für eine deutliche Verbesserung des Ballflugs und interessanterweise auch des Kontakts, was mit einer unbewussten Änderung der Ansprechposition aufseiten des Spielers verbunden war. Am Ende des Termins war dies die einzige Änderung, die vorge- nommen werden musste, um sowohl die Zuverlässigkeit der Eisen als auch die Dieses kleine Beispiel zeigt, dass der Lie- Winkel ein sehr missverstandener Wert ist und oftmals auch unter falschen Rahmen- bedingungen bestimmt wird. Eine Fest- legung des Lie-Werts anhand statischer Maße ist einfach nicht machbar. Er kann nur unter Betrachtung der Dynamik be- stimmt werden. Allerdings gibt es auch hier einige Feh- lerquellen, die bei einem Fitting auftreten können. Gerne wird das klassische Lie- Board noch zur Bestimmung des Lie-Win- kels herangezogen. Diese Methode sollte aber mit Vorsicht genossen werden. lIe-WInKel Für den Ballflug ist entschei- dend, in welchem Winkel das Schlägerblatt im Moment des Treffens steht Trefferqualität zu optimieren. RAHMenbeDInGunGen

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GOLF TIME | 3-2019

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