Fortbildung aktuell [ Das Journal ] 4/2017

CHRISTINE WEBER / CHRISTIAN SCHULZ

Darf es ein bisschen mehr sein? Motivierende Gesprächsführung – schwierige Fälle meistern

Die motivierende Gesprächsfüh- rung (kurz: das MI, aus dem engli- schen: motivational interviewing) ist als therapiestützende Kommu- nikationsform ein möglicher Weg von vielen, der in den Heilberufen beschritten werden kann. Es ist ein Werkzeug mit großem Potential im Werkzeugkasten des Fachwissens und wie alle Werkzeuge ist es umso wirkungsvoller, je geeigneter es für den gewählten Einsatz ist und umso gekonnter es eingesetzt wird. Zum Glück besteht das MI aus vie- len einzelnen Aspekten, die wir für sich genommen in kleinen Schrit- ten üben und entwickeln können und die sich, wenn wir die zugrun- deliegende Zielsetzung vorab verin- nerlichen, wie von selbst zusam- menfügen. Außerdem erfinden wir das Rad nicht neu, Sie werden schon oft Patienten (HINWEIS: der Einfachheit halber sprechen wir von dem Patienten und von dem Apotheker) erfolgreich zu einer Ver- haltensänderung angeleitet haben. Hier bietet sich ein Weg an, diese Fähigkeit zu erweitern und zu ver- feinern, ummehr Freude und Er- folgserlebnisse in der täglichen Ar- beit zu haben bei gleichzeitig selteneren Frusterlebnissen. Die Anwendung des MI wird stets be- reichert sein durch Ihre ganz per- sönliche Note. Zunächst von Miller und Rollnick entwi- ckelt, wurde das MI im Rahmen der Sucht- therapie überaus erfolgreich angewendet. Auf seine Praktikabilität hin untersucht zeigte sich schnell die große Stärke dieses Ansatzes: einerseits in der klaren Verbes- serung der Zielerreichung im therapeu- tischen Kontext, andererseits als ein gut und schnell erlernbarer Weg zur Gestal- tung zwischenmenschlicher Arbeit und In- tervention. Hervorzuheben ist der Einsatz Vorteile: evidenzbasiert, leicht erlernbar, ressourcenschonend

Christine Weber (Bochum) ist Apothekerin in der Westfalen- Apotheke Bochum, Vorstands- mitglied der AKWL, Fachapothe- kerin für Allgemeinpharmazie sowie AMTS-Managerin. Chris- tian Schulz (Hiddenhausen) ist Apotheker in der Bad Apotheke Horn-Bad Meinberg und Facha- potheker für Allgemeinpharma- zie, Geriatrische Pharmazie, Na- turheilverfahren & Homöopathie sowie AMTS-Manager.

Christine Weber

Christian Schulz      (Foto:B.Schulze)

• Wie funktioniert das MI? • Ist das MI auch etwas für mich? • Wie kann ich das MI in meinen Versor- gungsalltag sinnstiftend integrieren?

in Bereichen, die als konfliktbeladen gel- ten oder in denen Widerstand schon fast vorausgesetzt werden kann. Die besonde- re Leichtigkeit, die sich mit fortschreiten- der Beherrschung des MI einstellt, ist Teil des Erfolgsrezeptes. Konsequenterweise fasste die MI-Anwendung in immer mehr Einsatzgebieten Fuß (Strafvollzug, Situ- ationen der Zwangsberatung im foren- sischen Bereich und Arbeitsvermittlung). In vielen Feldern des Gesundheitswesens hat das MI bereits seine Stärken unter Be- weis gestellt, hierzu zählen bespielhaft die Förderung der Adhärenz, Diabetiker- programme, reibungsvolle Indikationen aus dem neurologisch-psychiatrischen Kontext und auch Asthmaschulungen. Die Zahl der Forschungsergebnisse zur Evidenz der Methode wuchs und wächst weiterhin beachtlich. Dieser Artikel wirft einen näheren Blick darauf, wie das MI in der pharmazeu- tischen Betreuung zum Einsatz kommen kann und bietet erste Antworten auf die folgenden Fragen: • Welche Patienten können davon profitieren? • Wie sehen Situationen und Rahmenbe- dingungen aus, in denen wir es anwen- den können?

Darf es ein bisschen mehr sein? – Thera- pieverantwortung für den Apotheker

Wir Apotheker sind als Heilberufler mit dafür verantwortlich arzneimittelbezoge- ne Probleme (ABP) zu erkennen, zu lösen oder im interdisziplinären Prozess trag- fähigen Lösungen zuzuführen. Wir tun dies in der Interaktion mit dem Patienten durch genaues Hinschauen und Nachfra- gen, Analyse der uns zugänglichen Infor- mationen, Anwendung unseres aktuellen, fundierten Fachwissens und schließlich einer zielgerichteten Intervention. Etwas weiter gefasst als das ABP ist der Begriff des Therapiehemmnisses, mit dem wir die Phänomene beschreiben, die uns im Zusammenhang mit der Suche nach den ABPs begegnen und die wir als Problem erkennen. Es handelt sich um Umstände, die die beabsichtigte Wirkung des Arz- neimittels verhindern oder ein Hindernis im Medikationsprozess darstellen. Dies kann auch das Ausbleiben einer Verhal- tensänderung im Sinne der Therapie sein;

AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal /  17

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