Fortbildung aktuell [ Das Journal ] 4/2017

MEHR ARZNEIMITTELTHERAPIESICHERHEIT IN DER APOTHEKE

ABBILDUNG 2: Sicherheitsbarrieren und -lücken imMedikationsprozess, modifiziert nach Reason 3

eines Prozesses verschiedene Sicherheits- barrieren, die dazu beitragen, dass keine kritischen Ereignisse eintreten. Tatsächlich können aber auch die einzelnen Sicher- heitsbarrieren Lücken haben (vergleichbar mit den Löchern einer Käsescheibe) und somit als Barriere versagen. Wenn es zu der unglücklichen Situation kommt, dass ein oder mehrere Fehler alle Barrieren pas- sieren, dann kann das unerwünschte und kritische Ereignis eintreten. Unerwünschte Arzneimittelereignisse sind also oft das Ergebnis einer Verkettung von Fehlern im Medikationsprozess und weisen auf Lü- cken im System hin. Das bedeutet aber auch, dass es in einem System eine Reihe von Chancen gibt, um die ungünstigen Entwicklungen aufzuhalten. Wenn der Prozess der Behandlung mit Arzneimitteln so organisiert ist, dass auch „Ein Medikationsfehler ist ein Ab- weichen von dem für den Patienten optimalen Medikationsprozess, das zu einer grundsätzlich vermeidbaren Schädigung des Patienten führt oder führen könnte. Medikationsfehler können von jedem am Medikations- prozess Beteiligten, insbesondere von Ärzten, Apothekern oder anderen An- gehörigen eines Gesundheitsberufes sowie von Patienten, deren Angehöri- gen oder Dritten verursacht werden.“ 1 Medikationsfehler können verschie- dene Schritte des Medikationsprozes- ses betreffen. WAS IST EIN KRITISCHES EREIGNIS? Ein Ereignis, das zu einem uner- wünschten Ereignis führen könnte oder dessen Wahrscheinlichkeit deut- lich erhöht. 2 DER MEDIKATIONSPROZESS Der Medikationsprozess beinhaltet alle Stufen der Arzneimitteltherapie, wie z. B. die Schritte Arzneimittel­ anamnese, Verordnung/Verschreiben, Patienteninformation, Selbstmedika- tion, Verteilung/Abgabe, Anwendung (Applikation/Einnahme), Dokumenta- tion, Therapie, Überwachung/AMTS- Prüfung, Kommunikation/Abstim- mung und Ergebnisbewertung. 1 WAS IST EIN MEDIKATIONS­ FEHLER?

Grafik: Pharmazeutische Zeitung

beim Auftreten von Medikationsfehlern sichergestellt ist, dass diese Fehler erkannt und behoben werden, bevor sie die behan- delten Personen erreichen und diese so ef- fektiv vor vermeidbarer Schädigung durch die Behandlung geschützt werden, dann spricht man von Fehlertoleranz oder Resi- lienz der Arzneimitteltherapie. 5,6 Durch eine Optimierung des Medikati- onsprozesses kann die Arzneimittelthe- rapiesicherheit, welche einen wichtigen Teilbereich der Patientensicherheit dar- stellt, erhöht werden. Die Arzneimittelthe- rapiesicherheit unterscheidet sich von der Arzneimittelsicherheit, bei welcher nur die Sicherheit des Arzneimittels selbst im Fo- kus steht. Sie umfasst den Prozess seiner Anwendung und damit die Risiken, die bei der therapeutischen Anwendung im Me- dikationsprozess von der ärztlichen Ver- ordnungsentscheidung bis zur Einnahme durch den Patienten auftreten. 7 Um unerwünschte Arzneimitteler- eignisse zu vermindern und eine Sicher- heitskultur in Apotheken aufzubauen, sind das Risikobewusstsein und die Bereit- schaft aus Fehlern zu lernen zwei wichti- ge Voraussetzungen. Die Erfassung und Analyse von Medikationsfehlern und Bei- nahe-Medikationsfehlern innerhalb von Patientensicherheit in der Apotheke

Fehlerberichtssystemen können darüber hinaus eine Grundlage für die Entwicklung von Strategien zur Arzneimitteltherapiesi- cherheit bilden.

Entwicklung von Fehlerberichtssystemen im Gesundheitswesen

In Hochrisikobranchen wie der kommer- ziellen Luft- und Seefahrt und der Atom- energie wurde schon früh erkannt, dass

WAS IST ARZNEIMITTEL­ THERAPIESICHERHEIT?

„A r zneimit telt herapiesic herheit (AMTS) ist die Gesamtheit der Maß- nahmen zur Gewährleistung eines optimalen Medikationsprozesses mit dem Ziel, Medikationsfehler und da- mit vermeidbare Risiken für den Pati- enten bei der Arzneimitteltherapie zu verringern.“ 1 Beachte: Arzneimitteltherapiesicher- heit ist nicht das Gleiche wie „das Me- dikationsmanagement, mit dem die gesamte Medikation des Patienten, einschließlich der Selbstmedikation, wiederholt analysiert wird mit den Zielen, die Arzneimitteltherapiesicher- heit und die Therapietreue zu verbes- sern, indem arzneimittelbezogene Pro- bleme erkannt und gelöst werden“. 8

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