Fortbildung aktuell [ Das Journal ] 4/2017

MEHR ARZNEIMITTELTHERAPIESICHERHEIT IN DER APOTHEKE

ABBILDUNG 4: CIRS-Pharmazie NRW – Ein Fehlerberichts- und Lernsystem für die Apothekerschaft

Durch ihre systematische Analyse können wertvolle Erkenntnisse erzielt werden, die wiederum zur Einleitung von präventiven Maßnahmen, zur Verbesserung organisa- torischer Prozesse und zur Entwicklung von Lösungsstrategien beitragen. Jedes sicherheitsrelevante, kritische Ereignis im Gesundheitssystem kann genutzt wer- den, um die Patientensicherheit in Zu- kunft zu erhöhen. CIRSmedical.de stellt ein Critical Inci- dent Reporting System aus dem Gesund- heitswesen dar. Es ist ein anonymes Be- richts- und Lernsystem der deutschen Ärzteschaft für kritische Ereignisse in der Medizin. Dieses System ist seit 2005 in Betrieb und stellt einen Teil der Quali- tätssicherungsmaßnahmen der Bundes- ärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung dar. Organisiert wird es vom Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ). Das ÄZQ hat in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit verschiedenen Pro- jektpartnern auch weitere, spezifische Berichtsgruppen eingerichtet, weshalb sich aus der ursprünglichen Berichtsgrup- pe CIRSmedical.de mittlerweile das Netz- werk CIRSmedical.de mit 126 Kliniken und 12 Organisationen des Gesundheitswe- sens gebildet hat. 17 Die Berichte aus den einzelnen CIRS-Gruppen können sowohl in der gemeinsamen Datenbank CIRSme- dical.de als auch in den anderen Daten- banken des CIRSmedical.de-Verbundes veröffentlicht werden. Ein weiteres CIRS aus dem Gesundheits- wesen ist CIRS-Pharmazie NRW (Abbil- dung 4). Eswurde imMai 2016auf gemein- same Initiative der Apothekerkammern Nordrhein (AKNR) und Westfalen-Lippe (AKWL) hin speziell für ApothekerInnen und pharmazeutische Gesundheitsberu- fe in Apotheken gegründet. CIRS-Phar- mazie NRW ist als spezifische Berichts- gruppe an das Netzwerk CIRsmedical.de angeschlossen. Die Arzneimitteltherapie und der Medikationsprozess stellen einen Hoch- risikoprozess dar. Die Mitarbeiter einer Apotheke sind am Medikationsprozess CIRSmedical.de CIRS-Pharmazie NRW

• Meldungen bieten einen Mehrwert, wenn sie zu konstruktiven Reaktionen führen. • Fehlermeldesysteme erfordern Fach- kenntnis sowie personelle und finanzi- elle Ressourcen. Engagierte Vertreter aus verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens grün- deten 2005 das „Aktionsbündnis Patien- tensicherheit“ (APS). Das Bündnis fördert anhand von Fachexperten und Arbeits- gruppen die wissenschaftliche Forschung zur Verbesserung der Patientensicherheit sowie zur Verminderung von Behand- lungsfehlern, unterstützt praktische Pro- jekte und entwickelt Handlungsempfeh- lungen. Im Jahr 2006 erarbeitete das APS „Empfehlungen zur Einführung von CIRS im Krankenhaus“. Weiterhin unterstützt es das Projekt „CIRSforte“, das 2017 be- gonnen hat. Das Projekt CIRSforte soll der Fortentwicklung von Fehlerberichts- und Lernsystemen (CIRS) für die ambulante Versorgung zu einem implementierungs- reifen System dienen. 15 Nach der „Richtlinie des Gemeinsa- men Bundesausschusses über grundsätz- liche Anforderungen an ein einrichtungs- internes Qualitätsmanagement“, die am 16. November 2016 in Kraft getreten ist, gehören Fehlermeldesysteme auch für Vertragsärzte, Vertragspsychotherapeu- ten, medizinische Versorgungszentren, Vertragszahnärzte sowie zugelassene Krankenhäuser zum Mindeststandard des Risikomanagements. Sie werden als eta- blierte und praxisbezogene Bestandteile des Qualitätsmanagements verstanden und sind als Instrument des Fehlerma- nagements verpflichtend anzuwenden. 16 Die Einführung des CIRS in das Gesund- heitswesen verdeutlicht einen Perspek- tivwechsel im Umgang mit Fehlern und kritischen Ereignissen. Wurden sie vorher verschwiegen und aus Angst vor Konse- quenzen nicht offen zur Sprache gebracht, so sollen sie nun offen dargelegt werden. Dahinter verbirgt sich der Kerngedanke, dass Fehler und kritische Ereignisse auch Lernchancen bieten. 13 Aus Fehlern und kritischen Ereignissen lernen

maßgeblich beteiligt. Zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit bieten Fehlerberichts- und Lernsysteme einen systematischen Ansatz. Das internetgestützte Fehlerberichts- und Lernsystem CIRS-Pharmazie NRW bietet einen relativ niedrigschwelligen Ansatz zur Beschäftigung mit der Arz- neimitteltherapiesicherheit und liefert nichtsdestotrotz einen wichtigen Beitrag zum Risikomanagement in Apotheken. Die Mitarbeiter können hier Medikations- fehler und „Beinahe“-Medikationsfehler der Schnittstellen Arztpraxis, Apotheke und Patient anonymmelden. Seit dem Start imMai 2016 sind etwa 80 Fehlerberichte imCIRS-PharmazieNRW eingegangen (einzusehen unter www. cirs-pharmazie.de). Dokumentiert wurden u. a. Fehler bei der Abgabe von Arzneimit- teln (Rezeptbelieferung und Selbstmedi- kation), im Rahmen der Rezepturherstel- lung, bei ärztlichen Verordnungen, auf Seiten der Patienten sowie bei der Kom- munikation oder Verständigung zwischen den am Medikationsprozess beteiligten Personen. Eine Übersicht der Fehlerberei- che, die im Rahmen einer Auswertung der bisher eingereichten Fallberichte identifi- ziert wurden, zeigt Abbildung 5. Demnach wurde vor allem über Fehler bei der Abga- be von Arzneimitteln und am häufigsten von Fehlern, die innerhalb der Apotheke stattfanden, berichtet. Die eingegangenen Berichte bei CIRS- Pharmazie NRW werden vom CIRS-Team der Apothekerkammer Nordrhein und der Apothekerkammer Westfalen-Lippe zu- erst anonymisiert, dann analysiert, kom- mentiert und am Schluss veröffentlicht. Konkrete Fallbeispiele schaffen das Bewusstsein, „Das könnte genauso auch bei uns passieren“ und vermögen die Beteiligten des Medikationsprozesses zu sensibilisieren, so dass Medikations- fehler unter Umständen gar nicht erst

8  / AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal

Made with FlippingBook - Online catalogs