BEIRATaktuell 55

››› Wohnungseigentumsrecht ‹‹‹ von RA Rüdiger Fritsch Eltern-Kind-Zentrum im Ladenlokal Zulässigkeit gewerblicher Kinderbetreuung in der WEG-Anlage

Nach ständiger Rechtsprechung des Bun- desgerichtshofes (BGH) stellt die wört- liche Bezeichnung einerWohnungseigen- tumseinheit im Rahmen der Teilungser- klärung eine sog. Nutzungszweckbestim- mung dar, auf deren Einhaltung jeder Wohnungseigentümer einen individuell durchsetzbaren Rechtsanspruch besitzt. Der Bundesgerichtshof hat nun zu dieser immer wiederkehrenden Frage eine Grundsatzentscheidung gefällt, die sich auf die Zulässigkeit der Kinderbetreuung bezieht (vgl.: BGH, Urt. v. 13.12.2019 - V ZR 203/18). 1. Der Fall Der Verein V betreibt in einer gemischt genutzten WEG-Anlage ein sog. Eltern- Kind-Zentrum in einer Teileigentumsein- heit, die in der Teilungserklärung als „Laden mit Lager“ bezeichnet ist. Eigen- tümer E verklagt V auf Unterlassung, da er sich u.a. durch Lärm, Publikumsverkehr der Eltern und durch abgestellte Kinder-

wagen und Fahrräder gestört fühlt. Hilfs- weise beantragt E, den V zu verurteilen, durch geeignete Maßnahmen sicherzu- stellen, dass in seiner Wohnung die Lär- mimmissionen 52 db nicht überschreiten sowie dasAbstellen der Kinderwagen und Fahrräder zu unterlassen. 2. Das Problem Wenn der Nutzungszweck der betreffen- den Einheit durch die Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung eindeutig definiert ist, ist dann eine diesem wider- sprechende Nutzung nicht stets rechts- widrig und löst dies jedemWohnungsei- gentümer zustehenden Ansprüche auf Unterlassung einer solchen unzulässigen Nutzung dar? Indes ist es nach ständiger Rechtsprechung des BGH so, dass eine von der vereinbarten Nutzungszweckbe- stimmung abweichende Nutzung nicht zwingend einen Unterlassungsanspruch der übrigen Wohnungseigentümer nach sich zieht, wenn die zwar unerlaubte Nut-

zung nicht mehr stört, als eine zulässige Nutzung. Wie ist nun der Fall zu lösen, wenn in einem Laden gewerbliche Kin- derbetreuung stattfindet? 3. Die Entscheidung des BGH Der Bundesgerichtshof hat der Revision des beklagten Vereins stattgegeben und die Klage im Hauptantrag abgewiesen. Hinsichtlich der Hilfsanträge hat er die Sache an das OLGMünchen zur weiteren Sachaufklärung, neuenVerhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. EinWohnungseigentümer gemäß § 1004 Abs. 1 BGB Unterlassung verlangen, wenn eine Wohnungseigentumseinheit anders genutzt wird, als in der Teilungs- erklärung vorgesehen. Das gilt zwar dann nicht, wenn die tatsächliche Nutzung bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die erlaubte Nutzung. Die a) Fehlnutzung durch Eltern-Kind- Zentrum im Laden mit Lager

Information

Unsere Autoren

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Juristische Fachautoren:

RA Rüdiger Fritsch

- Richter am Amtsgericht Hamburg-­ Blankenese - Schwerpunkt: Miet- und Wohnungs­ eigentumsrecht Dr. Olaf Riecke

- Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Schwerpunkt: Wohnungseigentums- und Mietrecht sowie Makler- und Bauträgerrecht - Praktiker, Fachautor und Referent namhafter

Tagungsveranstaltungen www.krall-kalkum.de

Weiterhin wirkten an dieser Ausgabe mit: Massimo Füllbeck

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