Fortbildung aktuell [ Das Journal ] 4/2018

DÖRTE SCHRÖDER-DUMKE

TABELLE 1: Sicher teratogene und fetotoxische Arzneistoffe Arzneistoffgruppen

Institut für klinische Pharmakologie und Toxikologie Charité Universitäts- medizin Berlin, Augustenburger Platz 1; 13353 Berlin, www.embyotox.de • Universitätsklinikum Ulm, Institut für Reproduktionstoxikologie, Elisabe- thenstraße 17; 88212 Ravensburg www.reprotox.de Folgende Heilpflanzen sind in der Schwan- gerschaft definitiv kontraindiziert: • Wacholder, Poleiminze, Engelwurz, Pe- tersilienwurzel → abortiv • Nelke, Zimt, Ingwer (im letzten Trime- non) → Wehen anregend • Rhizinus → Prostaglandin ausschüttend • pyrrolizidinhaltige Drogen → muta- gen, kanzerogen • Mönchspfeffer, Traubensilberkerze → hormonartige Wirkung • Arbutin → mutagene Wirkung • Süßholzwurzel > 100 mg Glycyrrhizin → blutdrucksteigernde Wirkung Wichtig beim Einsatz ist, Herkunft der Arzneidroge und Zulassungsstatus zu beachten und auf alkoholische Zube- reitungen zu verzichten. Tees mit Ing- werwurzel, Kamille, Melisse, Hibis- cus, Pfefferminze und Himbeerblät- tern dürfen getrunken, Gewürze in üblichen Mengen verzehrt werden. Zu pflanzlichen Präparaten wie Gelomyr- tol ® oder Sinupret ® und zu pflanzli- chen Karminativa gibt es keine Hin- weise auf Teratogenität, aber nach wie vor wenig Daten. KONTRAINDIZIERTE HEILPFLAN- ZEN UND PFLANZENINHALTSSTOF- FE IN DER SCHWANGERSCHAFT Heilpflanzen werden seit jeher in der Schwangerschaft eingesetzt. Für viele Phytopharmaka liegen dennoch un- zureichende Erfahrungen zur Anwen- dung in der Schwangerschaft vor.

Teratogene/fetotoxische Wirkung

Aminoglycosidantibiotika · Gentamycin, Tobramycin

Schädigung des VIII. Hirnnervs, Innenohr- und Nieren- schädigung Knorpel- und Knochen-Schädigung im Tierversuch

Fluorchinolone · Norfloxacin, Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin

Tetracycline und Glycylcycline · z. B. Doxycyclin, Tigecyclin

Gelbverfärbung der Zähne, Kontraindikation ab 16. SSW

Antiepileptika · Phenobarbital, Primidon, Carbamazepin, Phenytoin

· Spina bifida, Schäden an Herz, Gaumen, urogenitalem System, Gesichtsanomalien, Entwicklungsverzögerun- gen

· Valproinsäure

· Herzfehlbildungen, Spina bifida, kongenitale Missbildungen, verminderte kognitive Fähigkeiten

· Topiramat

· erhöhtes Risiko Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten

ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Antagonis- ten

Nierenfunktionsstörungen, Hypotonie des Feten, Anurie, Verringerung der Fruchtwassermenge, Verknöcherungs- störungen am Schädel Herzfehler, Wachstumsstörungen, mentale Retardie- rung, Hirnblutungen Herzfehlbildungen, nach der Geburt Anpassungsstörun- gen des Kindes Mund- und Ohr-Fehlbildungen, Herzfehler, Spontanab- orte, ZNS-Schäden

Phenprocoumon

Lithium

Retinoide · Isotretinoin, Tretinoin, Acitretin, Adapalen

Carbimazol, Methimazol Testosteron (ab 6 mg) Cyproteron (ab 100 mg)

Kopfhautdefekte, tracheoösophagale Fisteln

Virilisierung weiblicher Feten Feminisierung männlicher Feten

Zytostatika

· Knochenmarkdepression mit fetaler Anämie, Thrombo- zytopenie,Wachstumsretadierung, optische Fehlbil- dungen, unterschiedliche Fehlbildungen · Möglichst keine Anwendung im ersten Trimenon · Methotrexat keine Anwendung für nicht onkologische Indikationen

• kein Medikament gilt als absolut si- cher, es gibt aber nur wenige, von de- nen man weiß, dass sie teratogen oder fetotoxisch sind. • strenge Nutzen-Risiko-Abwägung in den ersten 3 Monaten („sensibles Fenster“) • möglichst Monotherapie • möglichst Verwendung von lange am Markt befindlichen Arzneistoffen • ausreichende Dosierung („so hoch wie nötig, so niedrig wie möglich“) • Anwendung so kurz wie notwendig Das pharmazeutische Personal, Ärzte und Patienten finden Informationen über die Anwendung von Arzneimitteln in der Schwangerschaft an folgenden Informationsstellen:

sich und es kann zur Induktion verschie- dener CYP-Enzyme (z. B. CYP3A4, CYP 2D6) und auch zu deren Inhibition (CYP 1A2) kommen. Außerdem nehmen Haut- und Lungendurchblutung zu. Diese pharmako- kinetischen Änderungen sind individuell, sie können notwendige Dosiserhöhungen zur ausreichenden Therapie mit dem Arz- neistoff, als auch Schädigungen durch die therapeutische Dosis des Arzneistoffs zur Folge haben. Beim Fetus ist zu beachten, dass die Bluthirn-Schranke noch nicht ausgebildet ist und somit Arzneistoffe sehr leicht ins ZNS gelangen können.

Antibiotika in der Schwangerschaft

Einsatz von Medikamenten in der Schwangerschaft

In der öffentlichen Apotheke sind bei der Abgabe rezeptpflichtiger Arzneimittel an Schwangere vor allem Antibiotika von Be- deutung. Bakterielle Infektionen müssen auch in der Schwangerschaft ausreichend

Für den Einsatz von Medikamenten in der Schwangerschaft gilt immer:

• Pharmakovigilanz- und Beratungs- zentrum für Embryonaltoxikologie,

AKWL Fortbildung Aktuell – Das Journal / 19

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